Endspiel der Handball-WM Gidsel gegen Duvnjak - Ein Finale zum Genießen
Dänemark und Kroatien stehen am Sonntag im Finale der Handball-WM (18 Uhr, im Live-Ticker auf sportschau.de). Die Dänen um Mathias Gidsel sind klarer Favorit, Domagoj Duvnjak hofft in seinem letzten Länderspiel auf ein erneutes Wunder.
Noch ist der Finaltag ganz weit weg. Von Anspannung ist am Samstag wenig zu spüren im Hotel Scandic auf der Halbinsel Fornebu nahe Oslo. Die vier letzten Teams im Turnier - Dänemark, Kroatien, Frankreich und Portugal - übernachten alle hier. Während also die Portugiesen am Shuffleboard spielen, schlurft Dänemarks Torwart Emil Nielsen mit einem Espresso in der Hand vorbei, und die Kroaten geben Interviews vor dem großen Tag.
Für sie ist der Heimvorteil von Zagreb nun weg - die 15.600 Fans in Kroatiens Hauptstadt hatten für eine unglaubliche Atmosphöre gesorgt und großen Anteil daran, dass Domagoj Duvnjak in seinem letzten Länderspiel tatsächlich nochmal um Gold kämpfen darf.
Duvnjak - "Es ist unfassbar"
"Ich bin sehr stolz, mit einer Medaille aufhören zu können", sagte der 36-Jährige, der vor dem Turnier bekannt gegeben hatte, seine Karriere mit der Nationalmannschaft nach der WM zu beenden. "Es ist unfassbar, dass wir es ins Finale geschafft haben."
Es brauchte ein paar kroatische Wunder. Der Kapitän des THW Kiel verletzte sich in der Vorrunde an der Wade, vom WM-Aus war die Rede. Die Kroaten verloren gegen Ägypten und die K.o.-Runde schien weit weg. Aber mit einem humpelnden Duvnjak gelangen tatsächlich drei Siege in drei Spielen, im Viertelfinale gegen Ungarn (31:30) gelang mit einem Fünf-Tore-Comeback in den letzten fünf Minuten das nächste Wunder.
Als wäre der Knoten geplatzt, überrannten die Kroaten im Halbfinale förmlich die Franzosen (31:28) und flogen als Finalist von Zagreb nach Oslo. "Ich muss ehrlich sagen, wir sind jetzt schon extrem zufrieden", sagte "Dule" im Hotel in Fornebu. "In Kroatien ist gerade eine Rieseneuphorie, Montag wird es dort eine riesige Party geben."
Kroatien klarer Außenseiter
Es ist sein fünftes Endspiel mit Kroatien - viermal verlor er, bei der EM 2008, der WM 2009, der EM 2010 und der EM 2020. Ein letztes Mal träumt er von Gold mit seinem Land - aber nie waren seine Teams vor dem Spiel so große Außenseiter wie dieses Mal gegen Dänemark.
"Ich würde ihm Gold gönnen, wenn es nicht gegen uns wäre", sagte Duvnjaks Vereinskollege Magnus Landin am Samstag. "Ich bin stolz auf ihn. Er ist nicht fit, aber irgendwie steht er jetzt hier."
Der Weg ins Finale war für Landin und die Dänen ungleich müheloser. Sie gewannen ihre acht Spiele im Schnitt mit zwölf Toren Differenz, selbst in der K.o.-Phase. 33:21 gegen Brasilien, 40:27 gegen Portugal.
Vier WM-Titel in Serie?
Dänemark ist mittlerweile 36 WM-Partien in Serie ungeschlagen und greift nach dem vierten Titel hintereinander. Drei sind bei den Männern bereits Rekord, bei den Frauen gelang dies der Sowjetunion von 1982 bis 1990 und Russland von 2005 bis 2009 - viermal hintereinander WM-Gold hat noch keine Nation geschafft.
Während andere Teams wie Deutschland unter der Belastung ächzen oder Konstanz vermissen lassen, liefert der Olympia-Gewinner von 2024 weiter ab. "Wir wollen immer Druck machen, den Gegner müde machen", sagte Landin. "Wir jagen das perfekte Spiel", sagte Magnus Saugstrup vom SC Magdeburg. "Wir sind nie zufrieden." Trainer Nikolaj Jakobsen verkörpert das an der Seitenlinie, nimmt auch bei Fünf-Tore-Führungen wütende Auszeiten, arbeitet an jedem Detail.
Dänemarks Handball ist ein Genuss
"Wenn alles klappt, sieht es ganz schön aus", sagte Saugstrup. Denn das ist das Faszinierende: Dänemark dominiert mit Leichtigkeit, es ist ein Genuss den Dänen zuzusehen. Welthandballer Mathias Gidsel, bester Torschütze (64) und bester Vorlagengeber (41) im Turnier, verkörpert wie kein anderer diesen Spielwitz.
"Wir haben Selbstvertrauen", sagte Gidsel nach dem lockeren Halbfinalsieg. "Aber das wird wirklich ein hartes Spiel. Wir haben Kroatien gegen Frankreich gesehen und waren wirklich baff über die Leistung der Kroaten."
Kroatien besticht durch seine aggressive 5:1-Deckung, die vielleicht beste Abwehr des Turniers. Trainer Dagur Sigurdsson - Europameister mit Deutschland 2016 - gilt als Taktikfuchs. Was lässt er sich gegen Gidsel einfallen? Überlässt er dem 25-Jährigen die Räume, die sich bei der 5:1-Abwehr hinter dem vordersten Verteidiger bieten, oder stellt er das System um?
Duvnjak - "Werde einfach genießen, die Hymne zu hören"
Die Kroaten werden einen starken Torhüter, schnelle Beine und viel Spielglück brauchen, um dem dänischen Starensemble gefährlich zu werden. Immerhin ist Kroatien das letzte Team, das auf WM-Ebene nicht gegen Dänemark verloren hat. Im Januar 2023 gab es in der Hauptrunde ein 32:32.
Duvnjak wird womöglich wenig auf der Platte stehen in seinem letzten Länderspiel. Im Viertelfinale mischte er eine Minute mit, im Halbfinale fast fünf. Er freut sich trotzdem auf die kompletten 60, selbst wenn er von draußen eine klare Niederlage sehen sollte. "Ich werde einfach genießen, zum letzten Mal unsere schöne Hymne zu hören", sagte Duvnjak. Das WM-Finale ist für seine große Karriere in jedem Fall ein Happy End.