Mateo Maras (l.) und Domagoj Duvnjak

Das Märchen von Zagreb WM-Finale gebucht - Entfesselte Kroaten knacken Frankreich

Stand: 30.01.2025 22:45 Uhr

Der erste WM-Finalist steht fest: Kroatien gewinnt 31:28 (18:11) und qualifiziert sich dank einer überragenden Leistung im Hexenkessel von Zagreb für das Endspiel. Es könnte die Krönung der Karriere von Kroatien-Legende Domagoj Duvnjak werden.

Von Julie Bärthel

Die kroatischen Fans sangen, sie sprangen und sie bejubelten den sensationellen Finaleinzug ihres Teams. Auch die Spieler lagen sich nach Abpfiff weinend in den Armen, ehe sie zur ausgelassenen Ehrenrunde ansetzten. In einem fantastischen Handballspiel hat Kroatien seinen Heimvorteil erfolgreich genutzt und Frankreich mit der frenetischen Unterstützung der Fans geschlagen.

"Die Jungs sind für mich alle Helden heute Abend!", kommentierte der sichtlich erschöpfte Trainer Dagur Sigurðsson den Erfolg seiner Mannschaft. "Wir hatten einen fantastischen Start in das Spiel, vorne wie hinten und Dominik Kuzmanović hat überragend gehalten. Dadurch haben wir die erste Hälfte dominiert."

Sein Gegenüber Guillaume Gille haderte mit dem Beginn, vor allem wegen der überragenden Kulisse: "Wir wussten, dass es speziell ist, hier zu spielen. Wir haben unseren Rhytmus nicht finden können, deshalb bin ich heute sehr enttäuscht."

Sigurðsson - "Die Jungs sind für mich alle Helden heute Abend!"

Damit kämpft der Gastgeber am Sonntag (18 Uhr) in Oslo um Gold - Gegner ist entweder Titelverteidiger Dänemark oder das Überraschungsteam aus Portugal. Die letzte Medaille holte Kroatien 2020 in Stockholm, wo man knapp gegen Spanien im Finale verlor.

Ein starker Dika Mem (8 Treffer) reichte dem Europameister aus Frankreich nicht zum Sieg. Damit geht es für Frankreich am Sonntag (15 Uhr) im kleinen Finale "nur" noch um den dritten Platz bei dieser WM.

Stimmung pur in Zagreb

Beeindruckende Bilder gab es bereits vor dem Anpfiff. Mit einer Eskorte durch ein rot-weiß-blaue Fan-Meer - so fuhren die kroatischen Handballer zum WM-Halbfinale in die Hauptstadt ein. Das erfahrene deutsche Schiedsrichter-Duo Robert Schulze und Tobias Tönnies wurde für die Partie angesetzt, um das "Tollhaus von Zagreb" im Zaum zu halten. Neben dem Finaleinzug ging es auch um nicht weniger als das eventuell letzte Länderspiel von gleich zwei kroatischen Legenden: Domagoj Duvnjak und Igor Karačić.

Doch daran dachte wahrscheinlich keiner der über 15 000 Zuschauer in der Arena Zagreb, als sie nach einer Minute bereits jubeln durften. Linksaußen Marin Jelinić traf zum 1:0 und die kroatische Bank sprang das erste Mal geschlossen auf. Die übersprudelnde Energie sorgte dafür, dass Frankreich bereits nach 12. Minuten das erste Time-Out nehmen musste. Die Kroaten fegten nur so über das Spielfeld (9:5).

Rekordweltmeister Frankreich gelähmt von ekstatischer Kulisse

Doch die erfahrene Weltklasse-Auswahl von Frankreich ließ sich von der beeindruckenden Kulisse weiter verunsichern. Bei Fünf-Tore-Rückstand packte der Europameister zwar den Kempa aus - Benoît Kounkoud zum 7:11 (17.). Doch die Aktion blieb eher etwas "brotlose Kunst" als die Initialzündung zu einer Aufholjagd, weil Kroatien wie entfesselt weiterspielte. Angeheizt vom lautstarken Publikum zogen die Kroaten mit einem 4:0-Lauf bis auf 15:7 (22.). Dagur Sigurðsson holte sich sein Team zusammen und beruhigte: "Nehmt euch die Zeit!"

Mit 11:18 ging es in die Kabinen, ein schmeichelhafter Rückstand, wenn man sich die krasse Überlegenheit der Kroaten vor Augen führte. Vorallem die neun Fernwurftore (9/18 Versuchen) waren ein wichtiges Mittel gegen die bisher so starke französische Deckung im Turnier. Viel schlechter hätte die zweite Hälfte dann für die Franzosen nicht starten können. Nach einer unglücklichen Aktion im Angriff musste der bis dato überzeugende Aymeric Minne (3/3) mit einer roten Karte vom Feld.

Duvnjak mit wichtigen Kurzeinsätzen in Überzahl

Die Franzosen fanden trotzdem weiter ihre Abschlusschancen, nur verwandelten sie sie einfach nicht. Grund dafür der erneut bärenstarke Motivator im kroatischen Tor: Dominik Kuzmanović. Der Gummersbacher war in einer entscheidenen Drangphase der Franzosen gleich zweimal gegen Nahi zur Stelle, ehe er die Fans durch seine Siebenmeter-Parade gegen Remili vollends zum ausrasten brachte (43.).

In der Schlussphase übernahm Linkshänder Dika Mem Verantwortung. Der Mann vom FC Barcelona erzielte drei wichtige Treffer und brachte Frankreich in der 54. Minute erstmals wieder auf drei Tore heran. Dann wurde erneut Kuzmanović zum Spielverderber. Der bisher zweitbeste Torhüter im Turnier lenkte den Ball kurz vor der Linie ins Toraus und verhinderte den Anschlusstreffer.

Ein starker Dika Mem reicht Frankreich nicht

Das zweite Tor von Viertelfinal-Held Marin Šipić zum 31:27 (58.) brachte die Vorentscheidung. Mit Mathieu Grebille verzweifelte auch der zweite Linksaußen der Franzosen an Kuzmanović - und der brachte das "Tollhaus Zagreb" mit seiner vierzehnten Parade komplett zum Überlaufen.