Deutschlands Julian Köster und Christoph Steinert Deutschland hindern den Schweizer Luka Maros am Wurf
analyse

Kein Mittel gegen Rubin und Co. Deutschland hat ein Riesen-Problem

Stand: 18.01.2025 02:30 Uhr

Die deutschen Handballer stehen bei der WM vorzeitig in der Hauptrunde - aber sie werden ihre Probleme nicht los. Ein besonders großes haben sie mit großen Gegenspielern - auch beim Zittersieg über die Schweiz.

Von Christian Hornung, Herning (Dänemark)

Aus den beiden letzten Testspielen vor diesem Turnier gegen Brasilien wollte das DHB-Team eigentlich richtig was lernen. Volle Konzentration schon in der ersten Halbzeit, Konsequenz in der Chancenverwertung, um sich nicht jedesmal auf einen starken Endspurt verlassen zu müssen - das waren die Dinge, die Trainer Alfred Gislason und seine durchaus immer sehr selbstkritischen Spieler mit nach Dänemark nehmen wollten. Beim Auftakt gegen die Polen klappte davon: nichts. Erst mit einer enormen Steigerung in der Schlussviertelstunde wurde der letztlich klare 35:28-Erfolg eingetütet.

Wolff mit 20 Paraden der Retter

Das wollten Kapitän Johannes Golla und Co. dann aber nun wirklich als Warnung für das zweite Turnierspiel gegen die Schweiz verinnerlichen. Doch alles wurde noch schlimmer. Beim 31:29-Krimi brauchte es eine außerirdische Leistung von Torhüter Andreas Wolff (20 Paraden), der den Schweizer Trainer Andy Schmid zu dem Fazit brachte: "Wir sind nur an einem einzigen Mann gescheitert. Der stand im deutschen Tor."

Ansonsten grüßte das Murmeltier: Start komplett verschlafen, Hypernervosität in den Abschlüssen, null Zugriff in der Abwehr - vor allem gegen Lenny Rubin. Der 2,05-Meter-Hüne erzielte sieben Tore, holte zwei Siebenmeter heraus und steuerte auch noch viele kluge Anspiele bei.

Schweiz gegen Deutschland - die Zusammenfassung

Sportschau Handball-WM 2025, 17.01.2025 20:30 Uhr

Auch bei diesem Problem ist im deutschen Team kein Lerneffekt eingetreten. Gegen die Polen bekam die Deckung Kamil Syprzak nicht in den Griff, der Mann misst 2,07 Meter.

Klein sieht "Doppeln" als Rezept

Viel zu oft stand nur ein Deckungsspieler allein gegen diese handballerischen Urgewalten, was ARD-Experte Dominik Klein als nicht ausreichend empfindet: "Da musst du in der Abwehr doppeln. Diese Spieler ziehen dir sonst soviel Energie aus dem Körper, das ist wie eine Batterie, die leergeht. Da muss eine deutlich bessere Abstimmung im Mittelblock her, wenn solche Riesen auf dich zukommen."

Die Sportschau sprach Johannes Golla und Alfred Gislason auf das Problem an. Der Coach räumt ein: "Zum einen waren wir viel zu langsam im Zurücklaufen. Wir haben sieben oder acht Tore durch eine schnelle Mitte der Schweizer kassiert. Das andere Problem war tatsächlich, dass wir im Abwehrzentrum kaum Bälle geblockt haben."

Golla: "Haben noch nicht das blinde Verständnis"

Golla gibt zu: "Es stimmt, dass wir uns da noch deutlich besser finden müssen. Wir haben im Moment noch nicht dieses blinde Verständnis, die Übergaben klappen noch nicht so wie bei den Olympischen Spielen. Julian hat im Herbst durch seine Verletzung lange gefehlt, das merkt man in der Feinabstimmung zwischen uns beiden. Aber das wird noch kommen."

Julian Köster, der im September einen Innenbandriss im Knie erlitten hatte, kam gegen die Schweizer tatsächlich zunächst gar nicht in die Partie. Aber er ließ sich nicht hängen, verlor nie das Vertrauen in seine Fähigkeiten, stand immer wieder auf und glänzte am Ende mit großem Mut in der Offensive - und wurde mit sieben Treffern noch bester deutscher Schütze.

Entlastung durch Kastening, Mertens und Knorr

In dieser Phase entlasteten ihn in der Abwehr die deutlich kleineren Kollegen wie Timo Kastening oder Lukas Mertens, die entscheidende Bälle eroberten. Auch Juri Knorr half am Ende defensiv gut aus. Vielleicht ist das ein Ansatz für die nächsten Partien, vielleicht tritt so der erhoffte Lerneffekt ein.

Denn auch die Tschechen, die am Sonntag (19.01.2025, 18 Uhr, live im Ersten und auf sportschau.de) auf das DHB-Team warten, haben mit Štěpán Zeman einen 2,02 Meter-Riesen im Zentrum. Und bei den Dänen, gegen die es in der Hauptrunde geht, grüßt beispielsweise Simon Hald aus der Höhe von 2,03 Metern.