Halbfinale bei der EM Spaniens Dani Olmo - von der Bank ins verdiente Rampenlicht
Dani Olmo ist erst durch die Verletzung von Pedri in die spanische Mannschaft gerückt. Mit seinem Auftritt gegen Deutschland hat er sich in die spanischen Herzen gespielt.
Es waren gerade einmal drei Minuten gespielt, da sorgte Toni Kroos im Viertelfinale dafür, dass den spanischen Fans der Atem stockte. Nicht mit einem Pass hinter die Kette oder einem Torschuss, sondern mit einem unnötig harten Foul. Pedri, der zusammen mit Rodri und Fabian Ruiz das Herz der so begeisternden spanischen Mannschaft bildet, lag vor Schmerzen gekrümmt auf dem Rasen.
Noch fünf Minuten lang zwang er sich anschließend über den Platz, bis er einsehen musste, dass es nicht mehr weiterging. Die spätere bittere Erkenntnis: Knie verstaucht, Turnier vorbei. Für jemand anderen sollte das Turnier in diesem Moment erst so richtig beginnen: Dani Olmo ersetzte den vom Feld humpelnden Pedri.
Schlüsselspieler bei RB Leipzig - Ersatzspieler bei Spanien
Bis zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht die EM von Olmo. Der Schlüsselspieler von RB Leipzig hat zwar eine starke Bundesliga-Rückrunde hinter sich und konnte auch im spanischen Trikot zuletzt immer seine Torgefahr beweisen - an Fabian Ruiz und Pedri führte im spanischen Mittelfeld trotzdem kein Weg vorbei. Und so musste sich Olmo mit der Rolle des Ersatzmannes begnügen.
Im beim Stand von 3:0 bereits entschiedenen Auftaktspiel gegen Kroatien bekam Olmo die letzte halbe Stunde. Als vor dem 3. Spieltag der Gruppensieg schon feststand, war er Teil der B-Elf, die Albanien trocken mit 1:0 schlug. Olmo bereitete das Siegtor mit einem perfekten Pass durch die albanische Schnittstelle vor. Beim Achtelfinal-Sieg gegen Georgien sorgte er mit einem Joker-Tor für den 4:1-Endstand.
Von der Bank zum Matchwinner
Es waren diese Einsätze, die dafür sorgten, dass sich Spanien im Viertelfinale gegen Deutschland von der vermeintlich frühen Schwächung nicht verunsichern ließ. Olmo schlüpfte in Pedris Fußstapfen und übernahm dabei eine wichtige Rolle: Weil Bundestrainer Julian Nagelsmann vor dem Spiel Fabien Ruiz als größte Gefahr im spanischen Mittelfeld identifizierte und von Emre Can in Manndeckung nehmen ließ, war es Olmo, der die wichtige Schnittstelle zwischen Rodri und den Stürmern besetzen musste.
Er füllte die Rolle überragend aus. Zu Beginn der zweiten Halbzeit bestrafte er einen Stellungsfehler von Robert Andrich und verwandelte eine flache Hereingabe von Lamine Yamal aus dem Rückraum zur Führung. In der 119. Minute fand er mit einer seiner vielen Halbfeld-Flanken Mikel Merino, der im Rücken von Antonio Rüdiger ungestört zum spanischen Sieg einköpfen konnte.
Weil Olmo präzise blieb, während die meisten anderen Spieler nach 120 Minuten schon auf der letzten Rille gingen, entschied er das Spiel. Später verriet er im Sportschau-Interview: "Ich weiß auch nicht, wie ich das geschafft habe. Ich bin sehr stolz. Wir haben am Ende eher mit dem Herzen als mit den Beinen gespielt." Der Lohn: Einzug ins Halbfinale und die Auszeichnung zum Spieler des Spiels.
Vom Liebling der Fußball-Nerds zum gefeierten Held
Und plötzlich steht Olmo auch in Spanien in dem Rampenlicht, das er verdient. Die spanische Sport-Zeitschrift "Marca" beschrieb Olmo als "das beste Beispiel" für den beneidenswerten Zustand der spanischen Nationalmannschaft. Ein "einfach brillantes Spiel" habe der 26-Jährige nach seiner Einwechslung in der achten Minute gezeigt. Olmo sei derjenige gewesen, "der Spaniens Wunder zum Erreichen des Halbfinales ermöglichte".
Solche Lobeshymnen ist Olmo aus seiner Heimat nicht gewöhnt. Noch vor dem Viertelfinale sagte er in einem Interview, dass er in Deutschland wahrscheinlich bekannter als in Spanien sei. Dabei galt sein Weg in die spanische Fußball-Elite schon lange als vorgezeichnet: Sechs Jahre lang hat der in einem Vorort von Barcelona geborene Spielmacher in der berühmten Talentschmiede La Masia verbracht. In vier Jahren davon wurde er jeweils Torschützenkönig seiner Altersklasse.
Aus La Masia über Kroatien in die Bundesliga
Anstatt einen Profivertrag beim FC Barcelona zu unterschreiben, wechselte er aber zum kroatischen Rekordmeister Dinamo Zagreb. Abseits des Aufmerksamkeitbereichs der spanischen Sportpresse debütierte Olmo mit nur 16 Jahren für Zagrebs erste Mannschaft. 2019 wurde er Kroatiens Spieler des Jahres und führte Spanien bei der U21-EM im Finale gegen Deutschland zum Titel.
Ab da stand er bei allen europäischen Scouts auf der Liste. Für knapp 30 Millionen Euro Ablöse ging es in der folgenden Winter-Transferperiode zum von Julian Nagelsmann trainierten RB Leipzig. Der schmale Dribbler mit dem Torriecher drückte der Bundesliga schnell seinen Stempel auf. Trotz häufiger Verletzungspausen ist Olmo seit vier Jahren einer der wichtigsten Spieler Leipzigs. Nicht umsonst wird er aktuell als heißer Nachfolge-Kandidat für Kevin De Bruyne gehandelt, sollte der Manchester City in Richtung Wüste verlassen.
Im Halbfinale gegen Frankreich von Beginn an
Im Halbfinale gegen Frankreich am Dienstag (09.07.2024, ab 20.15 Uhr im Live-Ticker und in der Radio-Reportage) wird Olmo aller Voraussicht nach wieder Teil des spanischen Mittelfeld-Dreiecks sein - und häufig dafür sorgen, dass den französischen Fans der Atem stockt.