Einige Saudi-Profis überzeugen Kanté, Ronaldo und Co. - die Wüste lebt
14 in Saudi-Arabien spielende Profis sind bei der EM in Einsatz. Dabei zeigen Spieler wie N'Golo Kanté, Cristiano Ronaldo oder Aymeric Laporte, dass das Niveau der "Wüsten-Liga" offenbar so schlecht nicht ist.
So war der Franzose Kanté, in Saudi-Arabien seit 2023 bei Al-Ittihad unter Vertrag, von der UEFA in den Partien des WM-Zweiten gegen Österreich (1:0) und die Niederlande (0:0) jeweils zum "Spieler des Spiels" gekürt worden. "Das zeigt schon was", sagte der Spanier Laporte, der beim saudischen Vizemeister Al-Nassr spielt. "Die Leute haben Vorurteile gegenüber der Liga", kritisierte der Innenverteidiger.
"Wir sind uns alle bewusst, dass es sich um eine relativ neue Liga handelt", führte der 30-Jährige, der beim 1:0-Erfolg gegen Italien 90 Minuten durchspielte, weiter aus: "Auch auf der Marketingebene entwickelt sie sich allmählich weiter. In Zukunft wird sie als eine viel wettbewerbsfähigere Liga angesehen werden."
Kanté trotz "Wüsten-Liga" in Bestform
Beim defensiven Mittelfeldspieler Kanté zeigt sich, dass der Abschied von der großen europäischen Fußballbühne (er spielte acht Jahre in der englischen Premier-League bei Leicester City und beim FC Chelsea) weder Format noch Form kosten muss. Der 33-Jährige ist topfit. Für seine Rolle als "Holding Six" gab es viel Lob von Frankreichs Nationalcoach Didier Deschamps: "Er war herausragend, seine Athletik, seine taktische Intelligenz - dafür habe ich ihn nominiert."
Mitspieler wie Marcus Thuram oder Théo Hernández berichteten bei Medienkonferenzen im französischen Camp in Paderborn vom Eindruck, "im Training einen oder zwei Spieler mehr auf dem Platz zu haben", wenn Kanté zugegen sei. Die Sportzeitung "L'Équipe" adelte Kanté vor wenigen Tagen auf ihrer Titelseite ("Kanté, le bonheur des Bleus") als Glücksfall fürs Nationalteam.
Auch Rumäniens Stanciu war "Spieler des Spiels"
Neben Laporte und Kanté verdienen unter anderem auch die EM-Teilnehmer Marcelo Brozovic (Kroatien), Yannick Carrasco (Belgien), Nicolae Stanciu (Rumänien) oder auch Cristiano Ronaldo (Portugal) ihr Geld in Saudi-Arabien. Stanciu erzielte beim 3:0-Erfolg gegen die Ukraine ein Traumtor und wurde zum "Spieler des Spiels" gekürt.
Ronaldo als "großartiges Beispiel"
Ronaldo war beim 3:0 gegen die Türkei der gefeierte Mann - nicht wegen eines Treffers, sondern wegen einer Vorlage: "Ich glaube, wir haben heute etwas ganz Besonderes gesehen", sagte Nationaltrainer Roberto Martinez: "Ein großartiger Stürmer geht auf den Torwart zu und wählt den Assist. Was für ein großartiges Beispiel!"
Martinez gab "CR7" auch eine Stammplatzgarantie für die weiteren Partien Portugals: "Für uns bringt er Erfahrung, er bringt Torchancen und hilft uns, Räume zu öffnen. Er ist in der Nationalmannschaft, weil er es verdient. Alle Daten beweisen das", sagte der Coach auf eine kritische Frage nach der Fitness des 39 Jahre alten Angreifers, der seit Anfang 2023 für den saudi-arabischen Erstligisten Al-Nassr aufläuft.
Mitrovic, Wijnaldum, Neves als Gegenbeispiele
Über Ronaldos Leistung lässt sich sicherlich trefflich streiten, andere in Saudi-Arabien spielende Profis haben aber bei der EM definitiv schwach gespielt. Beispielsweise Sergej Milinković-Savić und Aleksandar Mitrovic, die mit Serbien nach der Vorrunde ausschieden: Letzterer führte sein Team zwar zweimal als Kapitän aufs Feld, zeigte aber vor allem beim 0:0 gegen Dänemark eine schwache Leistung. Während er in der Saudi-Liga in 28 Partien 28 Tore schoss, ist der Mittelstürmer in der Nationalmannschaft seit neun Spielen torlos.
Milinković-Savić absolvierte die Partie gegen England über die volle Distanz, kam danach nur noch als - wirkungsloser - Einwechselspieler zum Zug. Ebenso wie beispielsweise der Niederländer Georginio Wijnaldum (drei Einsätze über insgesamt 70 Minuten) oder der Portugiese Rúben Neves (zwei Einsätze über je 45 Minuten).
Spaniens Nacho wohl der nächste "Wüstenkicker"
Die Saudi Pro League hat aufgrund der attraktiven Gehälter in jüngerer Vergangenheit zahlreiche Top-Stars auf die arabische Halbinsel gelockt - so kicken dort auch der Franzose Karim Benzema, der Brasilianer Neymar oder der einstige FC-Bayern-Stürmer Sadio Mané (Senegal).
Und auch der spanische Nationalspieler Nacho macht sich wohl auf den Weg dorthin. Real Madrid hat den Abschied des Urgesteins schon verkündet. Der 34 Jahre alte Verteidiger, der aus dem Nachwuchs der "Königlichen" stammt und mit Real sechsmal in der Königsklasse triumphiert hat, wechselt laut der spanischen Zeitung "Marca" zu Al-Qadsiah, wo auch der belgische Nationalkeeper Koen Casteels künftig unter Vertrag steht.
Und auch Polens Nationalkeeper Wojciech Szczęsny könnte in absehbarer Zukunft der nächste aktuelle EM-Teilnehmer werden, den es in die Wüste zieht - der Profi von Juventus Turin ist beim Ronaldo-Klub Al-Nassr im Gespräch.