Italien-Trainer Luciano Spalletti

Wie gut ist der Titelverteidiger? Italien zum EM-Start gegen Albanien schon unter Druck

Stand: 15.06.2024 13:07 Uhr

Der Titelverteidiger startet in die EM 2024 - doch es ist völlig offen, ob Italien annhähernd die Klasse des vergangenen Turniers hat. Gegen Albanien ist ein Sieg bereits Pflicht.

In Italien herrschte an den vergangenen Tagen eine riesige EM-Euphorie. Das Problem für die Fußball-Nationalmannschaft: Es geht dabei nicht um sie. Die "Tifosi" bejubelten in Rom die Leichtathleten ihres Landes, wie sie bei der Heim-EM mit Abstand die meisten Medaillen holten, unter anderem elf goldene. Die zweitbeste Nation hatte gerade mal vier.

Seit dem EM-Titel gab's wenige Gründe zum Feiern

Dass die Landsleute ihre Fußballer derart euphorisch feierten, ist dagegen schon lange her. Vermutlich sogar ziemlich genau drei Jahre. 2021 holte Italien bei der Kontinental-EM 2020 (wegen der Corona-Pandemie ein Jahr später ausgetragen) den Titel, überzeugte dabei ähnlich wie die Leichtathleten um Hochsprung-Star Gianmarco Tamberi.

Allerdings sorgte die "Squadra Azzurra" seither eher für Tristesse in Italien - und deswegen steht sie schon bei ihrem ersten EM-Spiel (15.06.2024, 21.00 Uhr, Livestream, Radioreportage und Ticker bei Sportschau.de) gegen Albanien unter ganz besonderer Beobachtung.

In der EM-Qualifikation brauchte es auch Glück

Denn unmittelbar nach dem EM-Triumph verpassten die Italiener die Qualifikation für die Wüsten-WM 2022 in Katar. Und auch die Quali für die Europameisterschaft in Deutschland war überaus holprig und wäre beinahe in der nächsten Bruchlandung geendet.

Ein 0:0 gegen die Ukraine brachte das EM-Ticket - wobei die Ukrainer in der Nachspielzeit der Partie durchaus einen Elfmeter hätten bekommen können, viele sagen müssen, und dann die große Chance gehabt hätten, Italien in die Playoffs zu schießen.

Bei der EM fast unschlagbar

Ist aber nicht passiert, die "Tifosi" bekommen in Dortmund die Gelegenheit, ihrem Team bei der Mission Titelverteidigung zuzusehen. Die Statistik spricht dafür: Deutschland ist ein gutes Pflaster für Italien, beim bislang letzten großen Turnier hier holte das Team 2006 den WM-Titel. Und generell hat bei Europameisterschaften keine Nation prozentual so selten verloren wie Italien. Nur 13 Prozent (sechs von 45) der Spiele gingen an den Gegner.

Beste nationale Liga, kaum Legionäre - aber wie ist die Form?

Doch nicht nur die Geschichte macht Hoffnung, sondern auch Teile der Gegenwart. Traditionell ist Italien eines der Teams, das die meisten Spieler im Kader hat, die im eigenen Land spielen, jetzt auch sind nur drei Legionäre dabei, sogar nur ein Feldspieler. Und dann war die Serie A in der abgelaufenen Saison auch noch international die stärkste Liga Europas, sie hatte sich noch vor Deutschland einen zusätzlichen fünften Startplatz in der Champions League erspielt.

Viel Positives also, dazu gehören aber eben nicht die jüngsten Eindrücke der Nationalmannschaft. Auch die letzten Testspiele gegen die Türkei (0:0) und Bosnien-Herzegowina (1:0) haben daran nicht allzu viel verändert.

Italien geht somit wohl als große Unbekannte ins Turnier, hat dazu mit Spanien und Kroatien noch zwei Topgegner vor sich - ein Sieg gegen Albanien muss also her. Für die Stimmung, für das Selbstvertrauen und für das Weiterkommen.

Donnarumma will "magische Nächte" wie 2021

"Das ist die heimtückischste Herausforderung, weil wir in einer schwierigen Gruppe sind und bei unserem Debüt keine Fehler machen dürfen", gab auch Torhüter Gianluigi Donnarumma zu. Er betonte allerdings auch: "Wenn man einem solchen Wettbewerb gegenübersteht, kommt die Energie von ganz alleine. Unser Geist wird der von vor drei Jahren sein, wir werden versuchen, diese magischen Nächte zu wiederholen. Das Team und ich sind bereit."

Gianluigi Donnarumma rettete Italien bei der Fußball-EM 2020 zweimal im Elfmeterschießen

Gianluigi Donnarumma rettete Italien bei der Fußball-EM 2020 zweimal im Elfmeterschießen

Der 25-Jährige, der bei der EM 2020 zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde und unter anderem im Halbfinale und Finale jeweils im Elfmeterschießen zum Helden avancierte, ist einer der italienischen EM-Mutmacher. Wie auch Luciano Spalletti, der sein erstes großes Turnier als Nationaltrainer bestreiten wird. Erst eins von zehn Spielen hat die "Squadra Azzurra" unter dem Nachfolger von Europameister-Trainer Roberto Mancini verloren.

Spalletti: "Helden und Giganten für unsere Landsleute"

Spalletti hatte mit einem Playstation-Verbot im Vorfeld der EM schon für Aufsehen gesorgt, unmittelbar vor dem Auftakt gegen Albanien packte er seine Spieler an der Ehre. "Wir sind die Protagonisten des Traums eines jeden Italieners, der als Kind die Schule verlassen hat, um den ganzen Nachmittag Fußball zu spielen", sagte der 65-Jährige: "Wir sind Helden und Giganten für unsere Landsleute. Wir müssen alles auf den Platz bringen, um den Druck dieses Spiels nicht zu spüren. Wir haben keine Angst davor."

Spalletti weiter: "Ich kenne solche Achterbahnfahrten. Mal bist du kurz davor, die Nummer eins der Welt zu sein, kurz danach hast du große Probleme. Wir müssen verstehen, dass wir uns sofort wie ein Titelverteidiger verhalten müssen." Ansonsten könnte das Spiel gegen Albanien schon der Anfang vom Ende für Italien sein.