Viertelfinale der EURO 2024 Spanien gegen Deutschland - die letzten Reserven
Spanien gegen Deutschland dürfte am Freitag (05.07.2024, ab 17.05 Uhr im Livestream bei der Sportschau und in der Radio-Reportage) ein enges Viertelfinale bei der EURO 2024 werden, in dem die Spieler länger als zwei Stunden auf dem Platz gefordert sein könnten. Auf die Saison gerechnet, müssten die Spanier mehr Reserven haben.
Spare in der Zeit, dann hast du in der Not. So lautet ein deutsches Sprichwort, das es im Spanischen so nicht gibt. Die Intention dahinter ist Luis de la Fuente aber nicht nur bekannt, er handelte auch danach. Der Trainer der Selección gönnte den meisten Spielern aus seiner ersten Elf im letzten Gruppenspiel gegen Albanien eine Pause.
Spanien schont A-Elf im letzten Gruppenspiel
Es fiel ihm leicht, denn schon nach den beiden Siegen zuvor gegen Kroatien und Italien stand fest, dass Spanien als Gruppenerster ins Achtelfinale einziehen würde.
Bei Deutschland war nach zwei Siegen das Weiterkommen sichergestellt worden, aber nicht der Gruppensieg, und daher schickte Bundestrainer Julian Nagelsmann gegen die Schweiz zum dritten Mal nacheinander die gleiche Startelf auf den Platz.
Knapp 76 Minuten spielte Florian Wirtz, und er spielte nicht so, wie er das vorher getan hatte und auch in vielen Spielen mit Bayer Leverkusen in dieser Saison zuvor.
Wirtz mit 63 Einsätzen in dieser Saison
Eine Ursache könnte darin gelegen haben, dass Wirtz so viel spielte. Leverkusen nahm alles mit, zog ins Finale des DFB-Pokals ein und auch ins Finale der Europa League. Wirtz war 49-mal für seinen Verein im Einsatz, dazu kommen inklusive der vier Partien bei der Europameisterschaft 14 Länderspiele.
Florian Wirtz ist gerade mal 21 Jahre alt, in der Saison zuvor verpasste er noch größtenteils die Hinrunde, weil er sich einen Kreuzbandriss zugezogen hatte.
Wirtz kommt in der Saison 2023/24 bislang auf 4.305 Einsatzminuten. Dabei sind weder die Testspiele mit seinem Verein noch die vielen Minuten Nachspielzeit eingerechnet.
Belastung wird künftig noch höher
Seit Jahren klagen Trainer, Spieler und Gewerkschaften über zu hohe Belastungen der Profis, zumal auch immer mehr und in höherem Tempo gelaufen wird.
Die Spielergewerkschaft FIFPRO geht sogar juristisch gegen den Weltverband FIFA vor. Ihr ist dabei vor allem die Klub-WM ein Dorn im Auge, die im Sommer 2025 erstmals mit 32 Mannschaften ausgetragen wird. Entsprechend lange wird sie dauern. Sollten die Bundesligisten FC Bayern und Borussia Dortmund ins Finale kommen, würden sie in den vier vorhergesehen Wochen sieben Spiele bestreiten.
Je zwei Spiele mehr bis zur K.o.-Phase sieht der Kalender auch in der reformierten Champions League vor, die ab der kommenden Saison mit 36 Teams im Ligenbetrieb ausgetragen wird.
Kimmich: "Vielleicht mache ich mich jetzt ein bisschen unbeliebt"
Für Joshua Kimmich ist das eine gute Nachricht. "Vielleicht mache ich mich jetzt ein bisschen unbeliebt", sagte er mit Blick auf die Klagen von Gewerkschaften und vielen Kollegen, weil "der Tenor" sei, dass es weniger Belastung bräuchte, "rein aus meiner Sicht: Ich freue mich über sehr viele Spiele."
Kimmich sagte während der Pressekonferenz des DFB am Montag (01.07.2024), dass er "lieber eine Englische Woche hat mit weniger Training", dafür einem Spiel mehr.
Vier deutsche Spieler mit 60 und mehr Einsätzen
"Leider war ich in dieser Saison zweimal krank, dann an der Schulter verletzt", bedauerte Kimmich, daher sei die Belastung gar nicht so hoch gewesen.
Wie die folgende Tabelle zeigt, kommt er trotzdem auf die fünftmeisten Einsatzminuten aller deutschen Spieler im Kader, die bei der EURO 2024 schon insgesamt 90 oder mehr Minuten zum Einsatz kamen. Vier Profis kommen auf mehr Minuten als Kimmich, sie haben sämtlich 60 oder mehr Einsätze auf dem Konto. Mit Jonathan Tah ist ein Spieler eines Bundesligisten im Quartett vertreten, die anderen spielen in Spanien und England, haben dadurch in ihren Ligen mit 20 statt nur 18 Mannschaften schon potentiell mehr Spiele, auch die Pokale fordern eine potenziell höhere Belastung.
Spieler | Spiele 2023/24 | Einsatzminuten |
---|---|---|
Antonio Rüdiger | 61 | 5.228 |
İlkay Gündoğan | 65 | 5.205 |
Jonathan Tah | 60 | 5.008 |
Kai Havertz | 64 | 4.732 |
Joshua Kimmich | 54 | 4.328 |
Quelle für alle Tabellen: Sportec Solutions
* als Spiele wurden gewertet sämtliche Pflichtspiele für den Verein, bei den Länderspielen zählen auch die Testspiele hinzu
Große Kader der Topklubs lassen Schonung zu
Die Topklubs unterhalten deshalb entsprechend große Kader, die in den weniger wichtigen Spielen, wie etwa im englischen Ligapokal geschont werden können. Das zeigt sich am Beispiel von Rodri, der beim englischen Meister Manchester City unter Vertrag steht. Der Stratege des spanischen Nationalteams kommt auf "nur" 58 Spiele, also sieben weniger als Deutschlands Kapitän İlkay Gündoğan, der beim FC Barcelona unter Vertrag steht.
Rodri kommt als einziger Spanier auf bislang mehr als 5.000 Einsatzminuten. Dahinter folgt mit Robin Le Normand ein Innenverteidiger, der auf weniger Minuten kommt als Deutschlands Stürmer Kai Havertz vom FC Arsenal.
Spieler | Pflichtspiele 2023/24 | Einsatzminuten | |
---|---|---|---|
Rodri | 58 | 5.050 | |
Robin Le Normand | 56 | 4.604 | |
Alejandro Grimaldo | 57 | 4.466 | |
Aymeric Laporte | 50 | 4.298 | |
Dani Carvajal | 52 | 4.202 |
* als Spiele wurden sämtliche Pflichtspiele für den Verein gewertet, bei den Länderspielen zählen auch die Testspiele hinzu
Deutsche Spieler im Schnitt 9,5 Stunden länger auf dem Platz
In der Gesamtrechnung ergibt sich für die gewerteten Spieler des deutschen Kaders eine deutlich höhere Belastung als für die spanischen. Im Schnitt kommen die Deutschen auf 571 Einsatzminuten mehr, das sind 9,5 Stunden.
Deutschland | Spanien | ||
---|---|---|---|
Spiele gesamt | 811 | 889 | |
Spiele im Schnitt pro Spieler | 54,1 | 49,4 | |
Einsatzminuten im Schnitt pro Spieler | 4.140 | 3.569 |
* in die Bewertung gingen nur Spieler ein, die bei der EURO 2024 schon insgesamt 90 Minuten oder mehr spielten
Nicht nur Joshua Kimmich wird sich jedoch wünschen, dass es bis zur Sommerpause noch mehr Spiele werden, am besten zwei, und wenn es auch mit viel Nachspielzeit und Verlängerung ist.