Erzielte sein drittes Tor bei dieser EM - aber keins zählte: Belgiens Romelu Lukaku
analyse

Drei aberkannte Tore bei der EM Belgiens Lukaku - immer Ärger mit dem VAR

Stand: 23.06.2024 07:44 Uhr

Romelu Lukaku könnte der beste Torschütze bei dieser EM sein, doch in seiner Statistik steht eine Null. Über einen, der vom Toreschießen lebt, aber kein Freund des Videoassistenten ist.

Von Tim Beyer, Köln

Zwischen dem Moment, in dem der Ball links unten im Eck einschlug, und dem Pfiff des Schiedsrichters lagen 48 Sekunden. Romelu Lukaku, 31, war in dieser Zeit nicht untätig gewesen. Er war jubelnd Richtung Eckfahne gelaufen, die linke Hand zeigte auf den Himmel über Köln. Er hatte seine Mitspieler herangewunken, war ausgiebig geherzt worden und hatte eine kleine Ansprache gehalten. Dann pfiff Szymon Marciniak.

Das Standbild zeigte anschließend, worauf der Videoassistent im Leipziger Erdgeschoss Schiedsrichter Marciniak aufmerksam gemacht hatte. Mit der Fußspitze und Teilen seiner Schulter hatte Lukaku im Abseits gestanden, oder besser: Vermutlich hatte er im Abseits gestanden. Es war ziemlich knapp. Ohne den VAR hätte das Tor sicher gezählt - und zu dem hat Lukaku ohnehin nicht das beste Verhältnis.

Lukakus aberkannter Treffer gegen Rumänien

Sportschau UEFA EURO 2024, 22.06.2024 23:20 Uhr

Dreimal hat er in Belgiens ersten beiden Spielen bei dieser Europameisterschaft über ein eigenes Tor gejubelt, immer schaltete sich anschließend der Videoassistent ein und verdarb ihm die Laune. So stehen in der Statistik von Lukaku nicht drei Tore, die ihn an die Spitze der Torjägerliste bei dieser Endrunde befördert hätten. Dort steht stattdessen eine Null.

De Bruyne über Lukaku: "Das besorgt mich nicht"

Belgien hat am Samstag (22.06.2024) auch ohne ein Tor von Lukaku 2:0 (1:0) gegen Rumänien gewonnen. Die Mannschaft von Domenico Tedesco hat nun wieder alle Chancen auf die Teilnahme am Achtelfinale. Und das lag auch an Lukaku. Den Führungstreffer von Youri Tielemans legte er überlegt vor. Kurz vor Ende traf noch Kevin De Bruyne, er wurde anschließend zum Spieler des Spiels gekürt.

Deshalb nahm De Bruyne später bei der Pressekonferenz den Platz ein, den kurz zuvor der Trainer Tedesco geräumt hatte. De Bruyne, 32, sprach über den Spielverlauf, mit dem er "sehr zufrieden" war. Immerhin hatten die Belgier erstmals seit ihrem Auftaktspiel bei der WM 2022 in Katar wieder ein Tor bei einem Spiel einer Endrunde erzielt und auch gewonnen.

Er sprach aber auch über die Tore, von denen seine Mannschaft noch mehr hätte erzielen können. Und über Lukaku, der traf, aber nur kurz jubelte. "Das besorgt mich nicht", sagte De Bruyne. "Für mich hat er die drei Tore erzielt, auch wenn sie nicht anerkannt worden sind."

Für Lukaku durften es immer schon große Ziele sein

Über Romelu Lukaku weiß man, dass er viele Sprachen spricht, fünf oder sechs sollen es sein. Dass er in Armut aufwuchs, und dass die Armut sein Antrieb war. All das hat Lukaku vor einigen Jahren für das Magazin "The Players Tribune" aufgeschrieben. Er schrieb: "Ich wollte der beste Fußballer der belgischen Geschichte sein. Das war mein Ziel. Nicht gut. Nicht großartig. Der Beste."

Vielleicht ist Lukaku nicht der beste Fußballer in der Geschichte des belgischen Fußballs geworden, aber ein sehr guter. Weil er Mittelstürmer ist, wird seine Klasse auch an Toren gemessen. Für Lukaku war das nie ein Problem. Seitdem er mit 16 Jahren für die Nationalmannschaft debütierte, hat er 117 Länderspiele gemacht und 85 Tore erzielt. Er ist Belgiens Rekordtorschütze. In der Qualifkation für die Europameisterschaft hat er 14 Treffer geschossen, mehr als jeder andere Spieler.

Lukaku ist gut darin, den Ball mit dem Rücken zum Tor zu verarbeiten. So legte er das Tor von Tielemans vor. Er ist schnell, so lief er gegen Rumänien manchmal Verteidigern davon, die im Gegensatz zu ihm dabei nicht noch den Ball kontrollieren mussten. Er wirft sich in Bälle, in die sich sonst niemand werfen mag. So hat er schon einige außergewöhnliche Tore erzielt. Er kann präzise köpfen und er schießt oft genau, aber nicht immer.

Auch Lukaku trifft manchmal falsche Entscheidungen

Zu sehen war das auch gegen Rumänien, als Lukaku nicht nur eine Möglichkeit vergab. Einmal kam er im Strafraum des Gegners an den Ball. Da lief die 66. Minute. Gegen zwei Gegenspieler behauptete er sich, dann schoss er aus der Drehung. Nur zielte er nicht ins lange Eck, das wäre die bessere Lösung gewesen. Er zielte aufs kurze Eck. Dort stand Torhüter Florin Niţă. Er parierte Lukakus Schuss.

Nach dem Spiel eilte Trainer Tedesco zu Lukaku, er nahm ihn in den Arm, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Was er seinem Torjäger gesagt hatte, mochte Tedesco lieber nicht verraten. Doch als er später über das Spiel sprach, kam er irgendwann auch auf die Tore, die nicht gefallen waren. "Wir haben die eine oder andere Chance versiebt", sagte Tedesco. Da durfte sich auch Lukaku angesprochen fühlen. "Für ihn ist es unglücklich gelaufen."