Testspiel vor EM-Beginn Problemzone Abschluss - Deutschland torlos gegen die Ukraine
Im Testländerspiel gegen die Ukraine hatte am Montag (03.06.2024) die deutsche Nationalmannschaft oft den Ball und einige Chancen, doch ein Tor erzielte sie beim 0:0 nicht. Debütant Maximilian Beier war einem Treffer am nächsten.
Am Ende, als Statistiker für die deutsche Nationalmannschaft 27 Abschlüsse notiert hatten, eine Passquote von 92 Prozent und einen Ballbesitz von mehr als 60 Prozent, waren sich Thomas Müller und Joshua Kimmich in ihrem Ärger über das Ergebnis einig. "Nicht gewinnen ist einfach nicht so toll", sagte Müller der ARD. Und Kimmich sagte: "Die Tore haben uns heute leider gefehlt."
Ganz dicht dran war einer, der für die Nationalmannschaft debütierte. Nach einer Stunde wechselte Bundestrainer Julian Nagelsmann Maximilian Beier ein - und das hätte sich beinahe direkt ausgezahlt. Beier, 21, war noch keine 60 Sekunden auf dem Feld, als er nach einem Steckpass von Robert Andrich an den Ball kam. Er drehte auf in Richtung Tor, dann schoss er. Nur traf er nicht ins Tor, er traf die Latte (61. Minute).
Ein torloses Remis gegen die Ukraine, das war sicher nicht der Plan des Bundestrainers Nagelsmann. Er hatte in Abwesenheit von Toni Kroos und Antonio Rüdiger Pascal Groß und Waldemar Anton im defensiven Mittelfeld und in der Abwehrzentrale aufgeboten. Sonst vertraute Nagelsmann den Spielern, die bei den Länderspielen im März gegen Frankreich und die Niederlade gespielt hatten. Sie dürften auch bei der EM einen Platz in der Startelf bekommen.
Die Ukraine sorgt für den ersten Aufreger
Serhij Rebrow, der Trainer der Ukraine, hatte sich für das Testländerspiel gegen Deutschland etwas einfallen lassen. Er ließ seine Mannschaft in einem 5-4-1 spielen und nicht wie sonst in einem 4-3-3. So verteidigte seine Mannschaft kompakt und suchte dann die Umschaltaktionen.
Aus einer solchen Szene entstand in der 4. Minute die erste Möglichkeit des Spiels: Ein Pass von Jonathan Tah landete nicht bei einem Mitspieler, sondern bei Yukhym Konoplya. Der Rechtsverteidiger der Ukraine spielte Mykhaylo Mudryk an. Mudryk ist schnell, das wussten Deutschlands Verteidiger sicher auch vor dem Spiel schon. Trotzdem liefen sie in dieser Szene überwiegend hinterher. Immerhin Startelf-Debütant Anton war auf der Höhe, er blockte Mudryks Schuss. Der Abpraller landete bei Viktor Tsygankov, doch sein Schuss war nicht präzise genug.
Knie statt Kopf - Deutschland hat Chancen, aber irgendwas ist immer
Diese Szene wird dem Bundestrainer Nagelsmann nicht so gut gefallen haben. Was er anschließend von seiner Mannschaft zu sehen bekam, vermutlich schon besser. Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt kam am Strafraumrand zum Schuss, er nahm den rechten Fuß, der eigentlich sein schwacher ist. Doch dieser Versuch war gut, nur eben nicht sehr gut: Er schoss knapp links am Tor vorbei (10.).
Kurz darauf flog eine Flanke von Groß von der linken Seite quer durch den Strafraum. So fand er am zweiten Pfosten Ilkay Gündogan, der zum Kopfball ging, aber den Ball nur mit dem Knie traf. So war sein Versuch für Torhüter Anatoliy Trubin kein Problem (15.).
Als es fünf Minuten später wieder gefährlich wurde vor dem Tor der Ukraine, war wieder Mittelstädt beteiligt. Er hinterlief im Vollsprint auf der linken Seite - und öffnete so Räume für Florian Wirtz. Der zog nach innen und dann mit dem rechten Fuß ab, hoch, wuchtig, platziert. Es fehlte ein halber Meter. "Die ersten zwanzig Minuten waren sehr, sehr gut", sagte Nagelsmann im ARD-Interview. "Da müssen wir in Führung gehen."
So war das in dieser Phase mit dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft: Sie hatte mehr vom Spiel und öfter den Ball. Es mangelte auch nicht an Ideen, es fehlte nur die Präzision im Abschluss. Noch so ein Beispiel: Es lief die 29. Minute, als Joshua Kimmich auf der rechten Seite Jamal Musiala anspielte. Musiala stoppte im Lauf ab, er ging nicht zur Grundlinie, sondern in Richtung Sechzehner. Dann spielte er flach zurück zu Groß, der direkt abzog und knapp verfehlte.
Tah verliert den Ball - und Neuer ist gefordert
Nach etwa einer halben Stunde veränderte sich das Spiel der Ukraine, sie ging nun ein wenig mehr Risiko. Auch deshalb kam sie vor der Pause noch zu einer Chance, der Abschluss kam von Roman Yaremchuk: Erst verlor Tah den Ball leichtfertig an Tsygankov. Der hob den Kopf und fand Yaremchuk, dessen Schuss aus elf Metern hielt Manuel Neuer im Nachfassen (38.).
Havertz köpft vorbei, dann hat Beier seinen Auftritt
In der zweiten Hälfte war erneut Deutschland die spielbestimmende Mannschaft. Die erste Chance nach Wiederanpfiff hatte Kai Havertz, er köpfte nach einer Flanke von Anton knapp links am Tor vorbei (53.).
Dann hatte Joker Beier seinen ersten Auftritt, das Aluminium verhinderte die Führung für Deutschland. Wenig später später war es dann Torhüter Trubin, der ein Tor verhinderte: Eine Flanke nahm Beier mit der Brust an und zog sofort per Dropkick ab. Trubin war schnell unten im Eck, er hielt sehenswert (63.).
Trubin hielt später auch noch einen verdeckten Schuss des eingewechselten Chris Führich (78.), Sekunden später köpfte Beier knapp vorbei. Es blieb dabei: Die deutsche Nationalmannschaft erspielte sich einige Chancen, doch ein Tor gelang ihr nicht. Und das hätte sich beinahe gerächt.
Neuer klärt, aber er klärt zu kurz
Es lief die 89. Minute, als Torhüter Neuer, der erstmals seit der WM 2022 und 550 Tagen ein Länderspiel bestritt, aus seinem Tor eilte. Neuer versuchte, vor einem Ukrainer zu klären - aber er klärte nicht. Er chippte den Ball vor die Füße des eingewechselten Andrey Yarmolenko. Weil Yarmolenko schnell schaltete und zu Artem Dovbyk köpfte, war nun plötzlich ein Tor für die Ukraine möglich. Doch an der Seitenlinie ging der Arm des Schiedsrichter-Assistenten hoch, Dovbyk stand im Abseits.
Die letzte Testchance bietet sich dem Bundestrainer am Freitag (07.06.2024, ab 20.35 Uhr im Live-Ticker und in der Radio-Reportage) in Mönchengladbach gegen Griechenland, wenige Stunden später muss Nagelsmann seinen finalen Kader bei der UEFA melden. Am EM-Feinschliff wird er nun im Trainingslager in Herzogenaurach weiter arbeiten müssen.