Titel, Stern, Milan schlagen? Inter träumt vom perfekten Abend - im Stadtderby
Inter Mailand kann in Italien sechs Spieltage vor Saisonende alles klar machen. Das Team von Simone Inzaghi, in dem zahlreiche ehemalige Bundesligaspieler stehen, hat die Serie A wie "eine Dampfwalze" dominiert.
Es ist angerichtet für einen perfekten Abend für Inter Mailand. Unter Flutlicht in San Siro kann der Tabellenführer der Serie A die Meisterschaft gewinnen, sich den erträumten zweiten Stern auf dem Trikot sichern - und das im so oder so schon wichtigsten Spiel des Jahres in Mailand, dem Derby della Madonnina gegen die AC Milan (Montag, ab 20.45 Uhr im Liveticker bei der Sportschau). Mehr Realität gewordener Traum für die Inter-Fans ginge nicht.
Als einer der wenigen im schwarzblauen Kosmos ist Simone Inzaghi berufsbedingt bemüht, die Euphorie zu bremsen. Der Trainer des FC Internazionale lässt sich dennoch zur Aussage hinreißen: "Den Scudetto im Derby zu gewinnen, würde uns gefallen".
Inter Mailand will sich zum zweiten Stern schießen
Derzeit führt Inter in der Tabelle mit 14 Punkten Vorsprung vor dem zweitplatzierten Milan, das zuletzt in der Europa League an zehn Römern scheiterte. Mit einem Sieg über den Stadtrivalen wäre für Inter der 20. Meistertitel der Vereinsgeschichte sicher. Eine Zahl mit hoher symbolischer Aufadung für die Fans, denn in Italien gibt es für jeweils zehn gewonnene Meisterschaften einen Stern auf dem Trikot.
Das Ringen darum, wer sich zuerst den zweiten Stern aufnähen darf, ist Teil der Rivalität zwischen beiden Mailänder Klubs. Sowohl Inter als auch Milan stehen bei bislang 19 Meisterschaften.
Inter dominiert die Serie A
Dass Inter in dieser Saison die 20 perfekt machen wird, hat sich seit Wochen abgezeichnet. Zu dominierend tritt das Team von Trainer Inzaghi in der Serie A auf, überzeugt mit defensiver Stabilität, Gegenpressing und reichlich Offensivpower.
Inter hat nur einmal verloren (vor sechs Monaten), die meisten Treffer erzielt (77), die wenigsten Gegentore bekommen (17) und kann bis Saisonende noch die magische 100-Punkte-Marke erreichen. Wie eine "Dampfwalze" sei Inter Mailand durch die Serie A gerollt, schreibt der "Corriere dello Sport".
Reichlich Bundesliga im schwarzblauen Meisterwerk
Mehr als ein halbes Dutzend Inter-Akteure hat früher in Deutschland gespielt. Unter anderem der überragende Mann des überragenden Serie-A-Teams: Hakan Calhanoglu. Der 30-Jährige spielt die vielleicht beste Saison seiner Karriere, in einer Rolle, die Inzaghi im vergangenen Jahr für ihn entdeckt hat.
Als Spielgestalter "à la Pirlo" im hinteren Mittelfeld ist der gebürtige Mannheimer, früher für den Karlsruher SC, den HSV und Bayer Leverkusen aktiv, Herz und Hirn der Inter-Mannschaft. Ein sicherer Elfmeterschütze ist der türkische Nationalspieler geblieben, neun seiner elf Saisontore hat Calhanoglu vom Punkt erzielt.
Yann Sommer als bester Neueinkauf gefeiert
Einen fast ebenso großen Anteil am Inter-Erfolg hat Yann Sommer. Der Schweizer Nationaltorwart wurde im August, nach einer schwierigen Saison beim FC Bayern, von Medien und Fans in Mailand mit Skepsis empfangen. Kurz vor Ende der Spielzeit feiert die "Gazzetta dello Sport" Sommer nun als "besten Neueinkauf" der gesamten Liga.
Yann Sommer
Auch wenn der Inter-Keeper in den vergangenen beiden Wochen erstmals minimal schwächelte – insgesamt absolviert Sommer eine Topsaision, blieb in der Serie A bislang 17 Mal ohne Gegentor, so häufig wie kein anderer Torwart in den fünf großen europäischen Ligen.
Thuram, Pavard und Co. trumpfen auf
Gefeiert in Mailand wird auch Marcus Thuram. Im Vergleich zu seiner Zeit in Mönchengladbach hat der französische Mittelstürmer bei Inter eine neue Qualitätsstufe erreicht. Thuram harmoniert im Sturm prächtig mit dem argentinischen Weltmeister Lautaro Martinez, aktuell mit 23 Treffern Toptorschütze der Serie A. Auch Thuram hat schon elf Mal getroffen und ist mit insgesamt 16 Scorerpunkten so erfolgreich im ersten Inter-Jahr wie zuletzt vor eineinhalb Jahrzehnten Samuel Eto’o.
Erneut Leistungsträger im Mittelfeld ist, ungeachtet seiner mittlerweile 35 Jahre, der ehemalige Dortmunder Henrich Mchitarjan. Benjamin Pavard, im Sommer mit Sommer von Bayern München gekommen, hat sich nach längerer Verletzungspause wieder einen Stammplatz in der Abwehr gesichert. Dort konnte sich auch der gebürtige Kölner Yann Aurel Bisseck überraschend viel Spielzeit erarbeiten.
Benjamin Pavard
Der ehemalige deutsche U-21-Kapitän erzielte in 14 Ligaspielen zwei Treffer, wird im Abwehrland Italien für seine Bissigkeit gelobt und gilt bei Inter als Mann der Zukunft. Die beiden früheren Werder-Bremen-Kicker Marco Arnautovic und Davy Klaassen dürfen ebenfalls mit aufs Meisterfoto. Sie halfen als Ergänzungsspieler, wenn das Stammpersonal Erholung brauchte.
"Ist eine Wahnsinnsgelegenheit"
Große Kampfansagen hat Inter vor der möglichen Entscheidung vermieden. Dies sei, berichtet die "Gazzetta", in einem "Kabinenpakt" verabredet worden, um die Konzentration vor dem wichtigen Tag nicht zu stören. Trainer Inzaghi versucht seinen Spielern derweil Druck zu nehmen und verweist auf den großen Vorsprung in der Tabelle.
Wenn es nicht gegen Milan klappe, dann, sagt Inzaghi mit etwas aufgesetzt wirkender Gelassenheit, werde es "eine andere Gelegenheit geben". Der Rest der Inter-Gemeinde dürfte es vor dem Titel-Showdown mit Henrich Mchitarjan halten. Der ehemalige BVB-Star meint: "Das Derby und die Meisterschaft an einem Tag zu gewinnen, ist eine Wahnsinnsgelegenheit".