2:0-Sieg in Frankreich Gala mit klaren Rollen - DFB-Elf auf dem richtigen Weg
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft überzeugt mit einem Sieg in Frankreich und beeindruckt dabei auch die Bedenkenträger. Bundestrainer Julian Nagelsmann verteilte klare Rollen und damit auch Startplätze.
Etliche Fans der Franzosen waren in der 90. Minute schon auf dem Heimweg, daher verpassten sie den Moment, einen Spieler mit Beifall zu verabschieden. Es war keiner aus ihrer Mannschaft - die hatten sich jeweils bei der Auswechslung Pfiffe anhören müssen. Es war Toni Kroos, den sie würdevoll mit Applaus vom Platz begleiteten.
Deniz Undav hatte das Glück, nicht nur noch im Stadion zu sein, sondern auf dem Platz sein Debüt für die deutsche Nationalmannschaft zu feiern. Knapp zehn Minuten spielte er dabei zusammen mit Kroos, über den er dann sagte: "Ich genieße das, ihn spielen zu sehen - und das sollte jeder tun." So in der Art schwärmten alle vom "Ruhepol, den wir uns genau so gewünscht hatten", wie Kapitän İlkay Gündoğan sagte.
Von den Basketballern gelernt
So, wie sich das an diesem Abend nach dem 2:0-Sieg gegen Frankreich anhörte und sich auch auf dem Platz darstellte, muss dem deutschen Fußball angst und bange sein vor der Zeit, wenn Toni Kroos wirklich mal und dann endgültig aufhört.
Bundestrainer Julian Nagelsmann hatte vor ein paar Wochen in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" angekündigt, dass er von den deutschen Basketball-Weltmeistern lernen wolle und die Rollen für seine Spieler vor dem großen Turnier, in diesem Fall der Europameisterschaft in Deutschland, klar verteilen werde.
Plan geht auf
In Lyon musste sich zum ersten Mal zeigen, ob das Sinn ergibt und schon Früchte trägt. "Ich fände es gut, wenn wir ein bisschen demütig blieben", gab Niclas Füllkrug zu bedenken, der allerdings jeden Verdacht von sich wies, ein professioneller Bedenkenträger zu sein: "Natürlich habe ich eine solche Leistung erwartet. Es wäre ja schlimm, wenn wir selbst nicht an uns glauben würden."
Die Bedenkenträger, die es nach den kläglichen Vorstellungen bei den Niederlagen gegen die Türkei und in Österreich allerdings massenhaft gegeben haben muss, dürften hingegen sehr erstaunt gewesen sein, wie gut der Plan am Samstagabend (23.03.2024) aufging.
"Wir wussten, dass wir gegen die konterstarken Franzosen eine gute Restverteidigung brauchen", sagte Füllkrug, und die habe er gesehen. Wann durfte das zuletzt ein deutscher Nationalspieler zu Recht behaupten? Ist es Monate her, vielleicht sogar Jahre?
Mittelstädt fehlt die Erfahrung auf höchstem Niveau
Toni Kroos als Ruhepol, Taktgeber, aber eben auch Ballbeschleuniger, daneben Robert Andrich als derjenige, der allen, die neben neben ihm und vor ihm sind, den Rücken freihält. In diesen Rollen passte alles. Bei Gündogan verpasste der ein oder andere Pass den Mitspieler, aber es wäre ja auch mit Blickrichtung der nötigen Demut schlecht gewesen, wenn alles schon sehr gut gelaufen wäre. Diese Einschränkung galt auch für Maximilian Mittelstädt als linker Verteidiger, dem als Debütant in der Nationalmannschaft und angesichts von nur drei Spielen in der Europa League vor einigen Jahren die Erfahrung auf höchstem Niveau fehlt.
Jungstars rotieren übers Feld
Das ist bei den Jungstars Florian Wirtz und Jamal Musiala und dem auch nur ein paar Jahre älteren Kai Havertz anders. Mit ständigen Rotationen zogen die deutschen Offensivspieler die französischen Verteidiger aus der Position, sodass sich stets Räume ergaben, in die gepasst oder gedribbelt werden konnte.
Im Gegensatz zum einfallslosen Spiel des Vizeweltmeisters, der versuchte, seinen beiden pfeilschnellen Außen Kylian Mbappé und Ousmane Dembélé mit guten Wünschen den Ball zuzuschieben, um sie dann mit besten Wünschen in ein Dribbling zu verabschieden.
Deutsches Spiel ausgereifter
Das deutsche Spiel wirkte deutlich ausgereifter. "Ich bin nicht enttäuscht über das Spiel der Franzosen. Das steht mir nicht zu, das überlasse ich auch meinem Kollegen Didier Deschamps. Außerdem würde das auch nur unsere Leistung schmälern", sagte Julian Nagelsmann am Ende eines Arbeitstages, für den er gefordert hatte, "einfach gut zu kicken".
Das ist gelungen, so beeindruckend, dass Bedenkenträger wie Optimisten nun gebannt auf das Spiel gegen die Niederlande schauen werden, das am Dienstag in Frankfurt angepfiffen wird. Die Mannschaft werde größtenteils in der Besetzung spielen, wie sie es auch in Lyon tat. Die Rollen sind verteilt, "wir sind rechtzeitig vor der Heim-EM abgebogen", sagte Nagelsmann. Es sieht danach aus, als habe er den Weg gefunden.