Freie Auswahl Fußball in Spanien - Trainieren im Namen des Königs
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erlaubt in seinen Leistungsligen keine Trainer, die er nicht selbst ausgebildet hat. Der Verband hat faktisch ein Ausbildungs-Monopol. In Spanien ist das seit einigen Jahren anders. Dank eines mutigen Rechtsanwalts.
Mario Reig sitzt in seinem Meppener Trainerbüro. Um ihn herum hängen etliche Fußballtrikots an den Wänden, diverse Pokale auf Regalen zeugen von errungenen Erfolgen. Der gebürtige Spanier, der seit vielen Jahren zwischen Spanien und Deutschland pendelt, ist Fußballtrainer aus Leidenschaft. Er verfolgt die Diskussion um die deutsche Trainerausbildung ganz genau.
"Das ist ungerecht, wie das in Deutschland organisiert ist", findet er. "Der DFB akzeptiert in seinem Bereich nur Trainer, die er selbst ausgebildet hat. Das ist faktisch ein Monopol", sagt Reig, der kritisiert: "Ohne Konkurrenz kann der DFB beliebig hohe Kosten für seine Ausbildung ansetzen - die Interessenten haben keine Wahl, als dies zu akzeptieren."
Rechtsanwalt klagte gegen Ausbildungs-Monopol
In Spanien sei dies anders, erklärt Reig: "Dort hatte der spanische Verband auch einst ein solches Monopol. Bis Miguel Angel Galan kam. Ein spanischer Rechtsanwalt und Fußballtrainer, der gegen dieses Monopol geklagt hat. Er hat Recht bekommen. Seitdem ist die Fußball-Trainerausbildung in Spanien ein freier Markt. Sie ist dadurch qualitativ meiner Meinung nach besser geworden. Und nebenbei viel günstiger."
Es lohnt sich ein Blick auf jenen Miguel Angel Galan. Einen Rechtsanwalt mit Liebe zum Fußball, vor allem zum Trainerdasein. Schon mit 15 stand er als Coach auf dem Platz, mit 19 hatte er die Lizenz, um in höchsten Jugendligen zu trainieren.
Miguel Angel Galan - der Stachel im Fleisch des spanischen Fußballverbandes
Im Seniorenbereich coachte er bis zur 3. Liga. Nebenbei machte sich Galan einen Namen als harter Kritiker des spanischen Fußballverbandes. Er sagt: "Ich bin ein Gewerkschafter. Ich sehe nichts Negatives darin, sich für die Rechte und Interessen von Fußballtrainern einzusetzen."
Galan gründete eine Art Gewerkschaft von Fußballtrainern, um deren Interessen zu verteidigen. Unter anderem protestierte man beim Fußballverband gegen "Lizenz-Geschenke" an Ex-Nationalspieler. Einst Johan Cruyff und Zinedine Zidane und jüngst Fernando Torres bekamen Trainer-Lizenzen ohne entsprechende Ausbildung geschenkt.
Protest gegen "Lizenz-Geschenke"
Galan fragt: "Ein Trainerjob ist in seinen Anforderungen sehr komplex und ausbildungsintensiv. Gerade wenn man mit jungen Menschen arbeitet, kommt man ohne eine pädagogische Grundausbildung doch gar nicht aus. Und warum sollten Ex-Nationalspieler diese Fertigkeiten nicht benötigen?"
Die teuren und nach Gewerkschaft-Ansicht qualitativ nicht ausreichenden Ausbildungsgänge des Fußballverbandes waren den Trainern ebenfalls schon lange ein Dorn im Auge.
Königlicher Erlass entzieht Fußballverband das Monopol
2011 klagte Galan also gegen den Madrider Fußball-Regionalverband, der nur eigens ausgebildete Trainer in seinem Verbandsgebiet akzeptierte. Galan bekam Recht und weitete ein Jahr später die Klage auf das gesamte spanische Gebiet aus. Er war erfolgreich. Allerdings erst nach sechs Jahren.
"Günstiger und besser" - Mario Reig und die spanische Trainerausbildung
So lange dauerte es bis zu einem Urteil. Oder eher bis zu einem königlichen Erlass. Der besagte 2018, dass die spanische Trainerausbildung nicht mehr allein in der Obhut des Fußballverbandes, sondern fortan auch unter der Kontrolle des nationalen Bildungsministeriums liegen kann.
Seither gibt es in Spanien mehrere Wege, um sich zum Fußballtrainer ausbilden zu lassen. "Es war der Startschuss für bessere Verhältnisse", sagt Mario Reig. Der Markt der Trainerausbildung wurde geöffnet. Es entstanden in Konkurrenz zum Fußballverband private Trainerakademien, deren Personal, Konzepte und Ausbildungswege vom Ministerium seither ständig geprüft und lizenziert werden.
Private Trainerakademien als Alternative zur Verbandsausbildung
Wie in Deutschland ist die spanische Ausbildung stufenartig organisiert. Mit Stufe eins kann man im Amateur- und unteren Jugendbereich trainieren, Stufe zwei erlaubt das Coaching von Männerteams höherer Amateurligen, Stufe drei benötigt man für das Coaching im Profibereich.
"Die Ausbildung ist seither viel fundierter, weil Sportwissenschaftler von unabhängigen Universitäten in die Entwicklung der Kriterien involviert sind", erklärt Reig. Folgenreich war es auch aus finanzieller Sicht. Mit der Öffnung des Marktes entstand Wettbewerb - die Preise fielen. Heute kostet eine Ausbildung der Stufe drei zum Beispiel nur noch rund 1.000 Euro - einst war es rund das Doppelte.
Ausbildung ist besser und günstiger geworden
Und auch zeitlich ist man den Traineranwärtern entgegengekommen. Die Kurse der privaten Akademien sind meist komprimierter und können in kürzeren, dafür intensiveren Blöcken absolviert werden. "Gerade für berufstätige Amateurtrainer ist das sehr wichtig", findet Mario Reig.
Einziger Pferdefuß bei einer privat erworbenen Trainerlizenz aus Spanien: Sie wird offiziell nicht von UEFA und FIFA akzeptiert. Die akzeptieren nach wie vor nur ihre eigenen Lizenzen und die der nationalen Fußballverbände. Fehlt da womöglich eine weitere Klage eines gewissen Miguel Angel Galan?