Martin Kind, ehemaliger Geschäftsführer von Hannover 96

Ehemaliger Geschäftsführer von Hannover 96 Kind mit heftiger Kritik an Watzke und Co.

Stand: 24.07.2024 12:28 Uhr

Martin Kind hat die Führung der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dessen Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke massiv kritisiert.

"Was hat sich unter Watzke in den letzten Jahren verändert? Da finde ich wenig bis gar nichts", sagte der als Geschäftsführer der ausgegliederten Kapitalgesellschaft von Zweitligist Hannover 96 abgesetzte Unternehmer in einem am Mittwoch (24.07.2024) erschienenen Interview der "Sport Bild".

Abbruch der Verhandlungen mit Investor "nicht professionell"

Kind befindet sich seit Jahren mit der DFL im Streit über die Auslegung der 50+1-Regel, die im Kern besagt, dass Investoren keine Stimmmehrheit in den Vereinen haben dürfen. Vor allem der nach Fanprotesten abgesagte Einstieg eines Investors bei der DFL stößt dem 80-Jährigen noch immer auf.

"Die Verhandlungen mit den Investoren wurden ohne Vorinformationen abgebrochen. Das ist nicht professionell, dadurch verliert man am Kapitalmarkt viel Vertrauen", sagte er. "Und noch schlimmer: Durch den Abbruch wurde der Ultras-Szene vermittelt: 'Ihr müsst nur Tennisbälle werfen, dann werden wir unsere Entscheidung nicht durchsetzen.'"

Nach Fanaktionen, die auch zu zahlreichen Spielunterbrechungen führten, hatte das Präsidium der DFL im Februar 2024 den geplanten Einstiege eines Investors gestoppt. "Der deutsche Profifußball steht inmitten einer Zerreißprobe", hatte Watzke festgestellt, der auch Geschäftsführer von Borussia Dortmund ist.

Kind sieht Entwicklung einer "negativen Funktionärs-Blase"

Kind sieht generell in der Bundesliga wenig Bereitschaft für langfristiges Denken. "Die Verantwortlichen in den Vereinen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Ist-Situation. Die Bereitschaft zu Veränderung und Weiterentwicklung ist wenig ausgeprägt", sagte er. "Es entsteht der Eindruck, dass Macht, Privilegien und Einkommen das Denken überwiegend prägen." Auf die Frage, ob sich eine negative Funktionärs-Blase in der Bundesliga entwickelt habe, sagte er: "Aus meiner Sicht ja."

"2. Liga ist Einleitung zum wirtschaftlichen Selbstmord"

Auch nach seiner Absetzung als Geschäftsführer bei Hannover 96 will Kind sein finanzielles Engagement nicht zurückfahren. "Die 2. Liga ist die Einleitung zum wirtschaftlichen Selbstmord. Unser Ziel kann deshalb nur sein, in die Bundesliga aufzusteigen. So müssen und werden wir auch den Haushalt planen."

Kind räumte ein, dass die 2. Liga von Jahr zu Jahr attraktiver werde. Daher werde es aber auch schwieriger, in die Bundesliga zu kommen. Im 1. FC Köln, Hamburger SV, 1. FC Nürnberg, Hertha BSC, Schalke 04, Darmstadt 98, Fortuna Düsseldorf und eben Hannover 96 wollen aus seiner Sicht gleich acht Mannschaften aufsteigen.

Neue Aufteilung der Fernsehgelder gefordert

Martin Kind plädierte dafür, dass im Zuge des künftigen TV-Vertrags auch über die Verteilung der Gelder zwischen Bundesliga und 2. Liga diskutiert werden sollte. "Ich gehe davon aus, dass der Verkauf der nationalen TV-Rechte ab 2025/26 eine Herausforderung bedeutet im Hinblick auf die wirtschaftlichen Ergebnisse", sagte er zudem. "Zweitligavereine leben teilweise über ihre Verhältnisse - auch Hannover 96."

Aus dem aktuell noch bis 2025 laufenden Medienvertrag erhält die DFL pro Saison 1,1 Milliarden Euro, davon gehen nur 20 Prozent an die Zweitligisten. Der Verkaufsprozess der von der Saison 2025/26 an ausgeschriebenen Medienrechte ist wegen eines Rechtsstreits zwischen der DFL und dem Streaminganbieter "Dazn" aktuell gestoppt.