
Frauen-Bundesliga Leverkusen und Freiburg - sogar die Champions League ist möglich
Fünf Spieltage bleiben Bayer 04 Leverkusen und dem SC Freiburg noch, um die etablierten Teams zu ärgern. Sie könnten in der Fußball-Bundesliga der Frauen alle überraschen.
In der Bundesliga haben der VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt zuletzt gepatzt. Der Titel scheint für sie kaum noch möglich. Tabellenführer Bayern München hat sechs Punkte Vorsprung, das Restprogramm für diese Spielzeit scheint machbar. Daher geht es für die Verfolger Wolfsburg und Frankfurt nun vor allem darum, sich einen Champions-League-Platz zu sichern. Doch mit Bayer 04 Leverkusen und dem SC Freiburg lauern dahinter zwei Überraschungsteams. Sie könnten zumindest eines der drei Tickets für die Champions League ergattern.
Leverkusens Trainer Pätzold: Aufgeben ist keine Option
Für eine Überraschung sorgen, das war genau Roberto Pätzolds Plan, als er zu Beginn der Saison nach Leverkusen wechselte. "Die Intention, den Abstand zu den Großen der Liga weiter zu verringern, packt meinen Ehrgeiz", erklärte er seinen Wechsel zur Werkself. Bislang hat Pätzold gezeigt, dass fehlende Erfahrung im Frauenfußball kein Nachteil sein muss. Alles investieren, niemals aufgeben - das verlangt der 45-Jährige von seinem Team, das in dieser Saison sogar schon mal von der Tabellenspitze grüßen durfte.
An der Seitenlinie ist Pätzold sehr emotional dabei und feuert seine Mannschaft leidenschaftlich an. Offenbar kommt das gut an bei seinen Spielerinnen: Mit nur zwei Punkten Abstand auf Rang zwei und drei ist Bayer 04 Leverkusen in einer guten Ausgangsposition, um noch oben mitmischen zu können.
Mit dem 6:0-Kantersieg zuletzt gegen Werder Bremen hat Leverkusen diese Ambitionen deutlich gemacht und zugleich einen Vereinsrekord gebrochen: Mit 36 Punkten hat Leverkusen schon jetzt das beste Saisonergebnis aller Zeiten erzielt - bisher kam die Werkself nie über 33 Punkte hinaus.

Bayer 04 Leverkusen im Torrausch gegen Werder Bremen.
Leverkusens Torjägerinnen und viele Gelbe Karten
Entscheidend dazu beigetragen haben Cornelia Kramer mit acht und Kristin Kögel mit sechs Toren. Auch die Kanadierin Caroline Kehrer durfte bereits fünfmal jubeln. Am Wochenende gegen Bayern München fehlt die 27-Jährige allerdings, nachdem sie im Spiel gegen Bremen die fünfte Gelbe Karte sah.
Die vielen Karten sind übrigens ein Manko im Leverkusener Spiel: Die Mannschaft sah bereits 37 Gelbe und zwei Roten Karten - kein Team in der Liga hat mehr. Ausfälle wie den von Kehrer könnte Pätzold aber durch junge Talente beheben. Mit der 18-jährigen Delice Boboy und der 19-jährigen Loreen Bender stehen zwei hoffnungsvolle Nachwuchs-Stürmerinnen im Kader. Dass sie Tore erzielen können, haben beide schon bewiesen.

Leverkusens Cornelia Kramer hat die meisten Tore für die Werkself erzielt.
In der Abwehr dagegen hat Leverkusen vom Spiel gegen Bremen nicht nur Gutes mitgenommen: Außenverteidigerin Shen Menglu fällt mit einem Kreuzbandriss mehrere Monate aus. Die chinesische Nationalspielerin wird also in dieser Saison nicht mehr helfen können. Im kommenden Topspiel bei Tabellenführer Bayern München (Sonntag, ab 15.15 Uhr im Live-Ticker) dürfte das besonders schmerzen. Insgesamt steht die Bayer-Abwehr aber stabil in dieser Saison. So hat Leverkusen die wenigsten Schüsse aufs Tor bekommen und auch nur 14 Gegentreffer kassiert.
Straffes Restprogramm wartet auf Bayer 04
Das weitere Programm für Leverkusen: Köln, Potsdam, Leipzig - und zum Schluss wartet auch noch Wolfsburg. Zwei Top-Spiele in fünf verbleibenden Partien sind keine einfache Aufgabe für Pätzolds Mannschaft, die aber in dieser Saison schon gezeigt hat, dass sie sich vor den etablierten Teams nicht verstecken muss - etwa beim Unentschieden gegen Frankfurt oder dem 1:0-Erfolg gegen Wolfsburg. Womöglich könnte das letzte Saisonspiel gegen die "Wölfinnen" entscheidend sein im Kampf um das Champions-League-Ticket.
Das ist rein rechnerisch aber auch für den SC Freiburg noch drin. Mit 32 Punkten liegt die Mannschaft von Theresa Merk in Reichweite. Und nach vier Siegen in Folge - darunter zuletzt gegen Frankfurt - scheint Freiburg in Top-Form. Die Cheftrainerin sprach nach der Partie gegen die Eintracht von einer "Energieleistung". Und das ist auch etwas, was das Freiburger Spiel in dieser Saison auszeichnet: jede Menge Power.
Euphorie? Nicht in Freiburg
Diesen Schwung will die Mannschaft mitnehmen in die verbleibenden Saisonspiele. Doch das Restprogramm hat es in sich: Wie auch Leverkusen müssen die Breisgauerinnen noch gegen München und Wolfsburg ran, außerdem am kommenden Wochenende gegen Leipzig (Sonntag, ab 14 Uhr im Live-Ticker) sowie später gegen Essen und Bremen. Trainerin Merk warnt vor zu großer Euphorie: "Ich glaube, dass wir ganz genau wissen, wo wir stehen und keinesfalls überheblich nach Leipzig fahren werden." Um aber eine Chance auf den Champions-League-Rang zu wahren, muss zwingend ein Sieg gegen RB Leipzig her.
Es gibt keinen Grund, zu leichtfüßig an die Aufgabe zu gehen. Es ist keine Selbstverständlichkeit, in Leipzig zu punkten.
Eine wichtige Komponente im Freiburger Spiel ist definitiv Nachwuchs-Talent Cora Zicai, die mittlerweile auf Rang 7 der Torjägerinnen-Liste steht. Auch gegen Eintracht Frankfurt traf sie mit einem sehenswerten Distanzschuss. Doch weitere Top-Torjägerinnen hat Freiburg nicht in seinen Reihen. Die Leihe von Topscorerin Shekiera Martinez wurde vorzeitig beendet, sie spielt jetzt wieder für West Ham. Und Hasret Kayikci absolviert nach einem Kreuzbandriss ihre Reha. Immerhin befindet sich Eileen Campbell nach ihrer Hüft-OP wieder im Aufbautraining.

Cora Zicai ist die gefährlichste Freiburgerin.
Stabilere Defensive mit Überraschungspotenzial
Obwohl Freiburg die meisten Ballverluste der Liga zu verzeichnen hat, ist das Team von Theresa Merk defensiv stabiler als in den Vorjahren. Unter anderem mit einer guten Blockquote schafft es die Mannschaft, weniger Gegentore zuzulassen und es so gerade den etablierten Teams schwer zu machen. So haben schon Hoffenheim, München und nun auch Frankfurt Tore gegen den SC Freiburg liegen lassen müssen.
Trotzdem weiß Merk: "Der Abstand zu den Top-Klubs ist größer geworden. Es sind wirklich Ausnahmen, in denen die Favoriten noch so wirklich geärgert werden können." Gelingt ihrem Team das auch im Saison-Endspurt, könnte Freiburg zur größten Überraschung der diesjährigen Spielzeit werden.