FIFA WM 2022 "Bittersüß" - Spanien hadert nach dem 1:1 gegen Deutschland
In Spanien tat man sich schwer, dieses 1:1 gegen Deutschland einzuordnen. Die Mannschaft von Luis Enrique war zwar nach dem schwachen WM-Auftakt ihres Gegners als klarer Favorit in die Partie gegangen, aber andererseits ist Deutschland in der Fußball-Welt natürlich trotzdem deutlich mehr als das 1:2 gegen Japan.
In den Interviews nach dem Spiel nahmen die Spanier dann im Hinblick auf dem Gegner freilich den diplomatischen Weg. "Deutschland ist immer noch eine Fußballmacht", sagte etwa Enrique und machte Mut: "Sie gehören weiter zu den Favoriten."
Und auch Álvaro Morata, Torschütze zum 1:0, hatte Lob für den Gegner übrig: "Es ist Deutschland. Eine großartige Nationalmannschaft. Sie haben ein tolles Spiel gemacht. Sie können zu den Favoriten auf den WM-Titel gehören", sagte der Stürmer von Atlético Madrid, ließ mit einer weiteren Aussage aber durchscheinen, dass man vielleicht doch ein anderes Ergebnis erwartet hatte: "Daher müssen wir die Sache positiv sehen und weiter an uns arbeiten."
Spanien tat sich nach starker Anfangsphase schwer
In der ersten zwanzig Minuten hatte man gesehen, warum vielen Fans in Deutschland vor diesem Spiel die Knie geschlottert hatten. Pedri war mit dem Fuß am Ball schwieriger zu fassen, als ein Fisch im Wasser. Gavi strahlte mit seinen 18 Jahren eine Präsenz auf dem Platz aus, als hätte er gemeinsam mit Busquets schon bei der WM 2010 auf dem Feld gestanden, und die ständigen Positionswechsel von Dani Olmo und Marco Asensio verlangte der deutschen Hintermannschaft all die Konzentration ab, die sie durch das völlige Abkapseln von der Öffentlichkeit vor dem Spiel angesammelt hatte.
Doch danach entwickelte sich, wie Flick im Anschluss analysierte, "ein Spiel auf Augenhöhe". Deutschland fand Mittel gegen dieses Spanien, das furios mit 7:0 in das Turnier gestartet war und das auch gegen die DFB-Elf auf dem Platz stand. Es kam nur nicht so zum Zug, wie es gewollt hätte.
Enrique: "Bin ein bisschen enttäuscht"
Nach dem Spiel sah man Luis Enrique lange noch auf dem Platz, wie er mit seinen erfahrenen Spielern wie Sergio Busquets oder Koke diskutierte und offensichtlich jede Menge Klärungsbedarf hatte. Und auch auf der Pressekonferenz war er doch recht kritisch dafür, dass sein junges Team gegen "einen Mitfavoriten auf den Titel" 1:1 gespielt und nun alle Chancen auf dem Gruppensieg hat: "Ich bin ein bisschen enttäuscht. Uns haben Feinheit und Frische über das ganze Spiel gefehlt. Wir waren nicht präzise. Uns hat ein wenig die Ruhe gefehlt, weil wir sind gut, wenn wir unser Spiel spielen."
Rodri: "Können aus dem Spiel viel lernen"
Und während etwa Thomas Müller nach dem Spiel Euphorie durchblicken ließ: "Es fühlt sich gut an. Wir haben gegen einen Top-Favoriten auf den WM-Titel 1:1 gespielt", hörte sich bei Dani Olmo die Bewertung der Partie ganz anders an. "Es ist bittersüß", beschrieb der Spieler von RB Leipzig die Emotionen nach dem Spiel. "Wir konnten das 1:0 leider nicht halten."
Für Olmo war dieses Spiel für diese so junge Mannschaft auch eine Gelegenheit zu lernen: "Wir müssen in solchen Schlussphasen mehr Ruhe haben, den Ball länger halten und den Gegner laufen lassen." Und auch Rodri befand: "Wir können aus dem Spiel viel lernen. Wir können das besser."
Versprechen an die deutschen Kollegen
Die Reaktionen zeigen: Die Mannschaft ist hungrig, sie ist selbstkritisch und gewillt, sich zu verbessern. Kurzfristig ist das definitiv ein gutes Zeichen für Deutschland, das auf einen Punktgewinn der Spanier gegen Japan angewiesen ist. Zumal von allen Seiten das Versprechen kam, dass man die DFB-Elf gegen Japan nicht hängen lassen werde.
Dani Carvajal versicherte das lachend Antonio Rüdiger, seinem Teamkollegen bei Real Madrid. Und auch Olmo berichtete, dass die Leipziger Mannschaftskameraden David Raum und Lukas Klostermann ihn um einen Sieg gegen Japan gebeten hatten: "Das haben sie getan. Wir werden rausgehen, um zu gewinnen und als Gruppensieger ins Achtelfinale zu gehen."
Wiedersehen im Finale?
Langfristig könnte diese Mentalität der Spanier der DFB-Elf allerdings doch zum Verhängnis werden. Denn wenn das Team von Hansi Flick wirklich Weltmeister werden will, dann wird es vielleicht nochmal auf diese hungrige spanische Mannschaft treffen. Das wäre allerdings nur in einem Finale, oder dem Spiel um Platz drei möglich. Dann wird es kein Unentschieden geben.