Toleranz, Vielfalt, "One Love"-Binde "Finden eine Lösung" - Infantinos Versprechen und ein Haken
Als Präsident der FIFA hat Gianni Infantino die "One Love"-Binde verbieten lassen. Nun ruft er zum Dialog auf - noch vor der WM der Frauen im Sommer. Aber Neuseeland und Australien sind eben auch nicht Katar.
Am Samstag (04.03.2023) hat sich das International Football Association Board (IFAB) zu seiner jährlichen Generalversammlung getroffen. Und Gianni Infantino, 52, Präsident der FIFA, war auch da. Es ging dann bei diesem Treffen auch nicht nur um die Bestätigung einer Testphase, die zu mehr Transparenz bei VAR-Entscheidungen beitragen soll.
Es ging auch um Meinungsfreiheit im Fußball, um die sogenannte "One Love"-Armbinde und um die Weltmeisterschaft der Frauen. Aber der Reihe nach.
Die FIFA, die "One Love"-Binde und eine Machtdemonstration
Als im November und Dezember die Weltmeisterschaft der Männer in Katar stattgefunden hat, hätten der Deutsche-Fußball-Bund und sechs weitere europäische Verbände gerne eine Kapitänsbinde mit einem Herz vor bunten Farben und mit der Aufschrift "One Love" getragen. Sie alle wollten damit ein Zeichen setzen für Toleranz und Vielfalt und gegen Ausgrenzung.
Das fanden sie bei der FIFA überhaupt nicht gut, sie haben das Tragen der "One Love"-Binde dann auch verboten. Allerdings erst unmittelbar vor dem Turnierstart. Bis dahin hatte der Weltverband den DFB und seine Mitstreiter im Unklaren gelassen. Es war eine Machtdemonstration des Weltverbands - und eine Aktion, die für Diskussionen sorgte und für Kopfschütteln.
Und nun, bei der Generalversammlung des IFAB, fragte doch tatsächlich einer nach Regeln im Fußball, nach der WM und auch nach der "One Love"-Binde. Infantino ging darauf ein, man hätte in seine Worte eine gewisse Läuterung interpretieren können. Musste man aber auch nicht.
Infantino verspricht einen Dialog
Jedenfalls sprach Infantino von einem "Lernprozess", und irgendwann sagte er: "Was wir dieses Mal besser machen wollen, ist, den Dialog mit allen Beteiligten zu suchen, mit den Kapitänen, den Verbänden, den Spielern im Allgemeinen und mit der FIFA." Es müsse möglich sein, Positionen, Werte oder Gefühle auszudrücken, ohne dabei "andere zu verletzen".
Und weil Infantino gerade so in Fahrt war, gab er auch gleich noch ein Versprechen ab. Die FIFA, sagte Infantino, suche den Dialog und man werde noch vor der Weltmeisterschaft der Frauen eine Lösung finden. Was genau er meinte, wie er sich eine Lösung vorstellt, das erklärte er nicht.
Klang natürlich trotzdem erst einmal toll. Toleranz, Vielfalt, Dialog, wirklich super. Aber einen kleinen Haken hatte Infantinos plötzlicher Einsatz dann womöglich doch.
Katar oder Neuseeland und Australien - die feinen Unterschiede
Die WM der Frauen findet vom 20. Juli bis 20. August 2023 statt, gespielt wird in Australien und Neuseeland. Es sind zwei Länder, die dann doch recht wenig mit Katar, dem Ausrichter der Männer-WM, gemein haben. Homosexualität, um nur ein Beispiel zu nennen, ist in Katar strafbar. Möglich sind dann Auspeitschen, Inhaftierung oder sogar die Todesstrafe.
Unmittelbar vor dem Turnierstart hatte der katarische WM-Botschafter und frühere Fußball-Nationalspieler Khalid Salman Homosexualität in der ZDF-Dokumentation "Geheimsache Katar" als "geistigen Schaden" bezeichnet.
Infantino hat die WM in Katar trotzdem immer verteidigt, und er hat das Emirat oft gelobt. Einmal animierte er die Anwesenden bei einer Veranstaltung zu "Katar, Katar"-Rufen, es war ein skurriler Auftritt. Kritik am Ausrichterland hörte man von Infantino hingegen selten, nicht einmal dann, als sich Katars-WM-Botschafter kurz vor Turnierstart derart blamierte. Dabei hätte es so viel zu kritisieren gegeben.
Protestaktionen in Australien und Neuseeland unwahrscheinlich
In Australien und Neuseeland sieht das anders aus. Es ist kaum zu erwarten, dass sich die Fußballerinnen, ihre Nationalmannschaften oder gar die Verbände ähnliche Protestaktionen überlegen, eine neue "One Love"-Binde hat Infantino diesmal nicht zu befürchten.
Da verspricht sich das mit dem Lernprozess, dem Dialog und der Toleranz dann auch gleich viel leichter.