Xabi Alonso vor dem DFB-Pokalspiel gegen Bayern München

Bundesliga-Topspiel gegen Bayern Leverkusens Trainer Alonso - ein pragmatischer Idealist

Stand: 13.02.2025 15:38 Uhr

Acht Punkte Rückstand: Im Spitzenspiel der Bundesliga gegen den Tabellenführer FC Bayern hilft Bayer Leverkusen nur ein Sieg. Nun ist der Trainer Xabi Alonso gefragt. Er hat gegen die Bayern zuletzt oft die richtigen Entscheidungen getroffen.

Vor zwei Jahren hat Xabi Alonso ein Interview gegeben, über das heute noch manchmal gesprochen wird, was natürlich daran liegt, dass er Einzelinterviews nur in Ausnahmefällen gibt. In Erinnerung geblieben ist sein Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" auch, weil Alonso kluge Dinge sagte über die Beschaffenheit des Fußballs. Und weil er sich den Menschen in Deutschland ein zweites Mal vorstellte, diesmal als Trainer.

Als Spieler des FC Bayern München hatte Alonso zwischen 2014 und 2017 meist geschwiegen, zumindest in der Öffentlichkeit. Er ließ seine Pässe sprechen. Im Mittelfeld war er der Stratege. Über ihn lief jeder Spielzug - so war das bei Pep Guardiola, es änderte sich auch unter Carlo Ancelotti nicht. Nun, fünfeinhalb Jahre nach seinem Abschied aus München, war Alonso selbst Trainer geworden, verantwortlich für Bayer Leverkusen, einen Klub in Abstiegsnöten.

Xabi Alonso spricht als Spieler des FC Bayern mit seinem Trainer Pep Guardiola

Xabi Alonso spricht als Spieler des FC Bayern mit seinem Trainer Pep Guardiola

In dieser Situation also sprach Alonso über das Kochen, aber meinte das Trainerdasein, das für ihn in der Jugend von Real Madrid begonnen und ihn anschließend zur Reservemannschaft von Real Sociedad San Sebastian geführt hatte. Er sagte: "Manchmal ist man davon überzeugt, dass man ein sehr gutes Rezept hat. Ob es dann schmeckt, ist eine andere Frage."

Sein Rezept hat Alonso beständig verfeinert

Als Alonso darüber sprach, trennten seine Mannschaft vier Punkte vom Relegationsrang 16, aber 16 Punkte von den Bayern auf Platz eins. Seitdem ist eine Menge passiert: Leverkusen ist in der vergangenen Saison deutscher Meister geworden, kein Scherz. Es war eine Premiere. Der Klub hat den DFB-Pokal gewonnen und das Finale der Europa League erreicht. Das liegt auch am Wirken des Trainer-Kochs Alonso. Er hat sein Rezept beständig verfeinert, Salz und Zucker hinzugefügt, immer wieder abgeschmeckt.

Das Ergebnis ist eine Mannschaft, die oft ansehnlich spielt und damit Erfolg hat, auch in dieser Saison. In der Champions League steht der Klub im Achtelfinale, im DFB-Pokal im Halbfinale. In der Fußball-Bundesliga ist Bayer vor dem Topspiel des 22. Spieltags am Samstag (15.02.2025, ab 18.30 Uhr in der Radio-Reportage und im Live-Ticker) gegen Tabellenführer Bayern München Zweiter - hat aber bereits acht Punkte Rückstand.

Das werde "ein großes Spiel", sagt Alonso. Es ist ein Spitzenspiel, das fast ein Endspiel ist. Leverkusen hilft nur ein Sieg. Aber mit Erfolgen gegen die Bayern kennen sie sich bei Bayer aus, seitdem der Trainer dort Alonso heißt. Seit Herbst 2022 gab es im Pokal und in der Liga fünf Spiele, von denen Leverkusen drei gewann, aber nie verlor. Nun könnte Alonso, 43, Geschichte schreiben: Noch nie blieb ein Trainer in seinen ersten fünf Bundesligaspielen gegen den FC Bayern ohne Niederlage.

Als Alonso die Bayern überraschte

Begonnen hat Leverkusens Serie gegen die Bayern im März 2023, wenige Wochen, nachdem bei der "SZ" das Interview mit Alonso erschienen war. An einer Stelle ging es darin um Schwächen, die ihm bei der Analyse seiner Spieler aufgefallen waren. Alonso sagte: "Manchmal trug die Mannschaft die Last des Spiels, ohne das Spiel richtig zu dominieren."

Für sein erstes Spiel gegen die Bayern, trainiert von Julian Nagelsmann, hatte sich Alonso deshalb einen taktischen Kniff überlegt. Seine Leverkusener sollten nicht unbedingt öfter am Ball sein, sie sollten ihn nur in den entscheidenden Momenten kontrollieren. Dafür zog er Robert Andrich aus dem Mittelfeld zurück in die Dreierkette in der Abwehr. Vor Andrich begannen die spielstarken Kerem Demirbay und Exequiel Palacios. Der Plan ging auf: Leverkusen hatte 40 Prozent Ballbesitz, aber dominierte das Zentrum und gewann 2:1.

Ein Triumph, der auch ein Meisterwerk war

In der Saison 2023/24 etablierte Alonso einen anderen Stil. Leverkusen hatte nun oft den Ball, die Abstände zwischen den einzelnen Spielern waren gering, oft trennten den "Sechser" Xhaka und den Dribbler Florian Wirtz im Aufbau weniger als fünf Meter. So lockten sie den Gegner - nur um plötzlich das Tempo zu variieren oder das Spiel mit einem langen Diagonalball zu verlagern.

Für Leverkusens Gegner war das ein Ärgernis. Für alle, die Fußball mögen, wenn er ansehnlich ist, war es ein Erlebnis. Alonso machte aus Leverkusen eine "Trainermannschaft", ihr Fußball hatte Wiedererkennungswert. Anpassungen nahm er nur in Ausnahmefällen vor. Meist hieß der Gegner dann Bayern München.

So war es auch vor einem Jahr, als die Bayern als Tabellenzweiter beim Spitzenreiter Leverkusen zu Gast waren. In diesem Spiel stellte Alonso überraschend auf Viererkette in der Abwehr um. Er entschied sich für vier gelernte Innenverteidiger. Auch diesmal verzichtete er auf einen zentralen Angreifer, dort spielte Amine Adli, eigentlich einer für den Flügel. Leverkusen hatte erneut nur 40 Prozent Ballbesitz, aber die Kontrolle über das Spiel - 3:0. Es war ein Triumph, der auch ein Meisterwerk war.

"Genau das haben wir vorgehabt"

In dieser Saison haben beide Klubs zweimal gegeneinander gespielt, zuletzt im Dezember im Achtelfinale des DFB-Pokals. Alonso entschied sich wieder für eine Viererkette mit vier Innenverteidigern, auf einen Mittelstürmer verzichtete er. Dort spielte Wirtz. Er ließ sich oft ins Mittelfeld fallen, um gegen Bayerns hochstehende Abwehr Räume zu schaffen für die schnellen Flügelspieler wie Jeremie Frimpong.

Es lief die 17. Minute, als Jonathan Tah einen Pass über die Defensive der Bayern hinweg in den Lauf von Frimpong spielte. Manuel Neuer verließ sein Tor, aber traf nicht den Ball, sondern Frimpong. Es gab Rot für Neuer. Leverkusen spielte mehr als 70 Minuten in Überzahl und gewann 1:0.

Leverkusen schlägt dezimierte Bayern - die Zusammenfassung

Sportschau, 03.12.2024 23:00 Uhr

Später hat Tah der Sportschau ein Interview gegeben. Er sagte über die womöglich spielentscheidende Szene: "Genau das haben wir vorgehabt. Wir wollten, dass unsere Äußeren, in dem Fall war es Jerry Frimpong, immer wieder diese Läufe in die Tiefe machen. Wir wollten den Bayern nicht das Gefühl geben, sie könnten uns gut pressen."

In München sollten sie gewarnt sein

Xabi Alonso mag ein Liebhaber des schönen Fußballs sein. Einer, der als Spieler auch deshalb zu den Bayern gewechselt ist, weil er von Guardiola, für den der schöne Fußball unverhandelbar war, lernen wollte. Vielleicht ist auch Alonso als Trainer ein Fußball-Idealist, aber ein pragmatischer Idealist. Für ihn ist der schöne Fußball nicht unverhandelbar.

Als Guardiola 2016 München verließ und Ancelotti Trainer wurde, gab Alonso dem Portal "Goal" ein Interview. Ancelotti und er hatten bereits bei Real Madrid zusammengearbeitet. Alonso sagte, Ancelotti sei "klug genug, nicht nur einen Stil zu haben, er hat viele Stile". In München sollten sie gewarnt sein. Alonso hat nicht nur bei Guardiola genau hingeschaut.