Gianni Infantino und Bernd Neuendorf

Festakt des DFB in Leipzig Dunkle Anzüge, bedeutende Tore und etwas Kapitalismuskritik

Stand: 25.01.2025 09:39 Uhr

Der Deutsche Fußball-Bund feiert in Leipzig seinen 125. Gründungstag. Es gibt die üblichen Bilder von Triumphen der Nationalmannschaften, aber auch Überraschungen und Kritik am Kapital in einem Maß, wie sie dem Verband bei einem Festakt noch angemessen erscheint.

Von Marcus Bark, Leipzig

Der große Saal ist schon längst in schummriges Verbandsgrün gehüllt, die meisten Stühle sind besetzt, vor allem mit Männern in meist dunklen Anzügen. Der Gong schlägt, aber ein pünktlicher Beginn verbietet sich. Zwei der prominentesten Gäste haben Verspätung. "Sorry, sorry, sorry", sagt der eine, als er dann kommt. "Ich musste noch zum Friseur", sagt Gianni Infantino, der Mann mit dem dunklem Anzug und der Glatze. Der schlechteste Witz des Abends ist damit schon gemacht.

Der Bundeskanzler hält Smalltalk

Es kann dann auch bald wirklich losgehen, denn kurz nach dem Boss des Fußballweltverbandes FIFA kommt auch der Boss der Bundesregierung, Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Gala des Deutschen Fußball-Bundes in der Kongresshalle am Zoo in Leipzig erlaubt ihm eine kurze Auszeit vom Regieren, das in diesen Wochen mit Wahlkampf vermischt wird.

Wahlkampf gibt es trotzdem, wobei es eher ein Grüßen hier und ein Smalltalk da ist zwischen einigen Männern und der Frau im schwarzen Anzug, die ebenfalls nach Leipzig gekommen ist. Lise Klaveness will Anfang April in Belgrad ins Exekutivkomitee der UEFA gewählt werden. Die Präsidentin des norwegischen Fußballverbandes ist eine scharfe Kritikerin von Gianni Infantino, der bei der FIFA seit Jahren so regiert, dass Olaf Scholz neidisch werden könnte.

Infantino liebt den deutschen Fußball "ganz besonders"

Eine Gala zum 125. Geburtstag mit klassischer Musik und einer von denselben Sängerinnen und Sängern vorgetragenen Version von "Major Tom" ist ein Anlass, bei dem Kritik allerdings ein bisschen versteckt werden sollte. Der DFB macht das geschickt, denn er spielt ein Video von Egidius Braun ein, dem verstorbenen Präsidenten des Verbandes, der zum 100. Gründungstag eine Befürchtung äußerte: "Es ist der Versuch des Kapitals, sich des Fußballs zu bemächtigen."

 Der Fußball ist auf diesem Weg in 25 Jahren weit gekommen, und Gianni Infantino hat seinen Anteil daran. Aber nun, am Ende der Woche, die für ihn mit dem Besuch der Inauguration von US-Präsident Donald Trump begonnen hat, ist er nur der liebe Gast, der Komplimente verteilt. "Ich liebe ganz besonders den deutschen Fußball", sagt er, die Fans seien einmalig, den "kicker" habe er zu Hause im Wallis schon als Kind gelesen.

Infantino sagt, was halt so gesagt wird bei solchen Anlässen. Auf der großen Leinwand wird gezeigt, was halt so gezeigt wird bei solchen Anlässen. Nia Künzers Tor, das Deutschland zum Weltmeister gemacht hat, Mario Götzes Tor, das Deutschland zum Weltmeister gemacht hat.

"Wechselvolle, zum Teil beschämende Geschichte"

Mit dem ersten Film aber überrascht der DFB. Er beginnt mit dem Fangesang "Fußballmafia DFB" und zeigt einen Post, in dem jemand fragt, ob pinke Trikots nicht schwul seien. "Das ist kein Imagefilm, sondern ein Appell", sagt Heike Ullrich, die Generalsekretärin des Verbandes. Sie hält die erste Rede, die letzte ist dem Präsidenten vorbehalten.

Bernd Neuendorf holt alles nach, was in den knapp zwei Stunden dazwischen zu kurz gekommen ist oder sogar gefehlt hat. Die Würdigung des Ehrenamtes, der Fußball im Osten, der Olympiasieg der DDR, Sparwasser natürlich, die friedliche Revolution, die in Leipzig bei den Montagsdemos ihren Ursprung gehabt habe. Ohne sie kein Matthias Sammer, kein Michael Ballack, kein Toni Kroos im Trikot des DFB.

Neuendorf spricht über die "wechselvolle, zum Teil aber auch beschämende Geschichte" des Verbandes. Der DFB habe sich mit dem barbarischen NS-Regime gemein gemacht. Auch das müsse an einem solchen Abend erwähnt werden.

DFB-Präsident Neuendorf über Jubiläums-Gala des Verbandes

Bei der Gegenwart bleibt der DFB-Präsident im Allgemeinen

Bei der Gegenwart bleibt der Boss des DFB, wie der Bundeskanzler Sozialdemokrat, im Allgemeinen. Diskussionen über die Hautfarbe von Nationalspielerinnen und Nationalspielern seien "völlig verfehlt", der Fußball stehe für Vielfalt durch "viele Spieler mit familiärer Einwanderungsgeschichte"

Am Ende sagt Bernd Neuendorf: "Der Fußball gehört denen, die ihn lieben, und nicht denen, die meinen, ihn kaufen zu können." Angesichts der Milliarden, die gerade Saudi-Arabien direkt oder über Beteiligungen in den Fußball und speziell Infantinos FIFA steckt, klingt das pathetisch und naiv. Aber es taugt für die Leinwand zum 150. des DFB.