Pleite in der Champions League Sahin vor dem Aus - BVB vergeigt Trainer-Endspiel in 89 Sekunden
Jetzt ist die BVB-Krise auch noch auf die Champions League übergeschwappt. Wegen zwei Gegentreffern innerhalb von einer Minute hat Borussia Dortmund auch beim FC Bologna gewonnen. Trainer Nuri Sahin droht nach dem 1:2 (1:0) das Aus, wie auch Aussagen von Geschäftsführer Lars Ricken belegen.
"Meine Erwartungshaltung nach dem Spiel in Frankfurt (0:2, Anm. d. Red.) war klar, dass wir Siege brauchen. Ich habe ein vertrauensvolles und gutes Verhältnis zu Nuri und er bekommt immer meine Rückendeckung - aber meine Aussagen stehen natürlich", sagte Ricken bei "Amazon Prime" nach dem Spiel und kündigte Gespräche für Mittwoch an.
Der BVB-Boss weiter: "Ich werde aus der Emotion heraus und aus der Hüfte keine Entscheidung mitteilen. Wir fliegen morgen nach Hause und werden uns alle zusammensetzen. Wir wollen alle das Beste für den BVB und werden besprechen, was das Beste für den BVB ist." Trainer Sahin sagte nach dem Spiel, er sei "verantwortlich für die Leistung".
Sahin wählt "sehr mutige" Aufstellung
Mit drei Ligapleiten war der BVB ins neue Jahr gestartet und die Verantwortlichen um Geschäftsführer Lars Ricken mussten nach jedem Spiel aufs Neue erklären, dass sie Sahin weiter das Vertrauen schenken. Der hatte betont: "Bis zum letzten Tag, an dem ich Trainer von Borussia Dortmund bin, werde ich versuchen, den Bock umzustoßen." Wohlwissend, dass dieser Tag nach dem Spiel in Bologna kommen könnte.
Auch die Aufstellung sprach dafür, dass Sahin sich wenigstens nicht den Vorwurf gefallen lassen wollte, nicht alles versucht zu haben. Er nahm seine Kapitäne Emre Can und Julian Brandt aus der Startelf, stellte hinter dem einzigen Stürmer Serhou Guirassy die vier Offensivkräfte Jamie Gittens, Giovanni Reyna, Maximilian Beier und Julien Duranville auf. "Die Aufstellung von Nuri war sehr mutig, sehr offensiv", sagte Ricken hinterher. Von Offensivspiel war allerdings wenig zu sehen.
Guirassy trifft mit "Panenka für Arme"
Dortmund setzte von Beginn auf lange Bälle auf Guirassy, erfolgreich war das aber nicht. Nach einem Eckball tat Sam Beukema dann Waldemar Anton den Gefallen, ihn leicht am Trikot zu ziehen - Anton fiel und bekam den Elfmeter. Und dann wurde es auch bei der Ausführung glücklich, als Guirassy den Ball lupfte und eigentlich voll die Hand von Bologna-Torhüter Lukasz Skorupski traf - der aber das Spielgerät nur wischte und ins Tor trudeln ließ (15.).
Dortmunds Serhou Guirassy trifft zum 1:0 gegen Bologna
Riesige Erleichterung beim BVB, Klub-Berater Matthias Sammer kommentierte bei "Amazon Prime" passend zum schmeichelhaften Ergebnis des schlecht geschossenen Elfmeters: "Ein Panenka für Arme." Guirassy war es egal, er lief sofort zu Sahin, symbolisierte damit den Zusammenhalt zwischen Mannschaft und Trainer.
Bologna ärgert sich über nicht gegebenen Elfmeter
Doch die Spieler sorgten weiter nicht gerade für ruhige Minuten für Sahin. Denn nur vier Minuten nach dem 1:0 flankte Riccardo Orsolini den Ball in den BVB-Strafraum, wo Dan Ndoye durch einen Griff von Pascal Groß an die Schulter beim Versuch eines Abschlusses behindert wurde - eine ähnliche Situation wie auf der anderen Seite, aber mit einem anderen Ergebnis: Schiedsrichter Serdar Gözübüyük entschied zum Entsetzen der Italiener diesmal nicht auf Strafstoß.
In der Folge spielte nur Bologna nach vorne, machte Druck auf den BVB, der sich kaum befreien konnte. Die beste Gelegenheit hatte Orsolini, der nach einer Ecke volley zum Abschluss kam, aber im stark reagierenden Gregor Kobel seinen Meister fand (28.). Kurz darauf musste der starke Rechtsaußen von Bologna verletzt raus, was für einen deutlichen Bruch im Offensivspiel sorgte.
Kein Rot für Bologna, kein zweites Tor für Guirassy
Auch nach der Pause spielte erstmal wieder nur Bologna und vergab durch Ndoye, der den Ball per Fallrückzieher nicht mehr aus kurzer Distanz aufs Tor bekam, die erste Gelegenheit (51.). Danach hatte der BVB nach dem Elfmeter-Glück in der ersten Halbzeit allerdings Pech mit einer Entscheidung des Schiedsrichters. Für ein überhartes Einsteigen gegen Beier sah Jhon Lucumi nämlich nur die Gelbe Karte, eine Rote Karte wäre aber mindestens im Bereich des Möglichen gewesen (60.).
Kurz danach hatte Guirassy nach einer Ecke die große Chance auf das 2:0. Skorupski unterlief die Flanke von Groß, doch der BVB-Stürmer köpfte den Ball nur auf das Netz des leeren Tores (68.). Guirassy musste man aber zugutehalten: Nach einem vorigen Zusammenprall mit Skorupski spielte er unter Schmerzen, griff sich immer wieder an seine Rippen, mit denen er in das Knie des gegnerischen Torhüters gerutscht war. Wenig später musste Guirassy auch runter.
Anton patzt zweimal - von 1:0 auf 1:2 in einer Minute
Doch die vergebene Chance wurde dennoch umgehend bestraft. Nach einem langen Ball sah Anton ganz schlecht aus und ließ Jens Odgaard passieren, dessen Querpass Thijs Dallinga zum Ausgleich einschob (71.). Doch das war es noch nicht: Genau 89 später jubelte Bologna nämlich schon wieder.
Nach einem Stellungsfehler erkämpfte sich Anton erst noch den Ball, verlor ihn dann aber sofort im Dribbling an Odgaard, der wieder Dallinga bediente. Dessen Abschluss frei vor dem Tor konnte Kobel erst noch parieren, im Nachschuss war dann aber Samuel Iling-Junior zur Stelle und brachte das bisher in der Champions League sieglose Bologna in Führung (72.).
BVB insgesamt wieder enttäuschend - und nicht in der Lage zu reagieren
Innerhalb von kürzester Zeit machte sich die Dortmunder Instabilität bemerkbar, individuelle Fehler waren auch in der Englischen Bundesliga-Woche immer wieder ausschlaggebend dafür, dass der BVB in diese Misere geraten ist. Und es gelang dem Team wie auch zuletzt bei Eintracht Frankfurt (0:2) nicht, eine Reaktion zu zeigen, die für einen Umschwung sorgt.
Bologna war bis zum Abpfiff dem dritten Tor näher als der BVB dem Ausgleich. Das Offensivspiel war insgesamt eine Enttäuschung, vor der Guirassy-Chance auf das 2:0 hatte Reyna in der 18. Minute den bis dahin letzten Torschuss der Dortmunder. Entsprechend verdiente sich Bologna auch den Sieg, der ohne die gute Leistung von Kobel deutlicher hätte ausfallen können.
Immerhin: Anders als in der Bundesliga, wo die Borussen aktuell Zehnter sind, ist das Sahin-Team in der Königsklasse, die seit eineinhalb Jahren sowas die Zuflucht aus dem tristen BVB-Alltag war, mit zwölf Punkten noch voll im Rennen um das Weiterkommen, vielleicht sogar um den direkten Einzug ins Achtelfinale. Die Frage ist nur, ob es im letzten Spiel der Champions-League-Gruppenphase noch das "Sahin-Team" sein wird oder Dortmund mit einem anderen Trainer gegen Schachtjor Donezk spielen wird.