Möglicher Investor bei der DFL Fanszenen zu Protesten: "Das Thema ist noch nicht am Ende"
Proteste gegen den möglichen Investor in der DFL prägten den Spieltag in der Bundesliga und der 2. Bundesliga - das Bündnis "Fanszenen Deutschlands" nimmt Stellung zum Wochenende und weiteren Protesten.
Zwölf Minuten lang - in Bezug auf den zwölften Mann - schwiegen viele Fankurven am Wochenende als Protest gegen den möglichen Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL). Im Anschluss an ihr Schweigen warfen viele Fans Münzen aus Schokolade oder Tennisbälle, die daraus folgenden Spielunterbrechungen gaben dem Protest viel Aufmerksamkeit.
Beteiligt waren die Fans von Klubs wie Bayern München, Borussia Dortmund, 1. FC Köln, SC Freiburg oder Borussia Mönchengladbach. Nicolai Mäurer (37) ist Fan von Borussia Dortmund und Sprecher der "Fanszenen Deutschlands" in Dortmund. Das Bündnis vereint einen großen Teil der Ultragruppen von zahlreichen Vereinen in mehreren Ligen in Deutschland. Im Gespräch mit der Sportschau nimmt Mäurer Stellung zu den Protesten.
Sportschau: Herr Mäurer, wie bewerten Sie den Protest und seine Wirkung?
Nicolai Mäurer: Wir sehen das als einen großen Erfolg. Die Menschen diskutieren über die Proteste und damit auch über den Investoreneinstieg in der DFL. Es ist klar geworden, dass wir das nicht schweigend hinnehmen.
Sprecher der Fanszenen Deutschlands in Dortmund: Nicolai Mäurer
Sportschau: Was genau kritisieren Sie am Vorgehen der DFL?
Mäurer: Bei der Entscheidungsfindung geht es vor allem um zwei Punkte: Zum einen wurde das Vorhaben gegen die Mehrheit der Fans und mit Druck gegen einige Klubs durchgesetzt. Zum anderen sehen wir beispielsweise bei Hannover 96, dass die Stammvereine übergangen worden sind. Die geheime Abstimmung ermöglichte es Klubvertretern, anders abzustimmen als von ihren Stammvereinen gewünscht. Das ist völlig intransparent und untergräbt die 50+1-Regel.
Sportschau: Welches Ziel hat der Protest?
Mäurer: Zunächst wollen wir natürlich, dass der Deal nicht zustande kommt. Das Vorgehen bei Hannover 96 hat gezeigt, dass die Legitimation der Abstimmung nicht gegeben ist. Zum anderen wollen wir eine Reform der DFL. Es kann nicht sein, dass hier derart an den Fans und an den Stammvereinen vorbei agiert wird.
Sportschau: Aber die 36 Klubs waren sich zumindest grundsätzlich darüber einig, dass die DFL ihr Geschäftsmodell weiterentwickeln muss.
Mäurer: Da würde ich widersprechen. Die 36 Geschäftsführungen waren sich vielleicht einig, die Stammvereine nicht. Wir erwarten von der DFL, dass sie endlich eine Vision für die Bundesliga entwickelt, die nicht nur auf "mehr Geld" basiert. Die Liga muss klären, wofür sie eigentlich stehen will. Sie sollte sich auf das besinnen, was sie besonders macht: volle Stadien, laute Fans, Beteiligung von Mitgliedern. Und dann muss sie endlich ihr größtes Problem angehen: Es fehlt auf lange Sicht ein spannender Wettbewerb, seit elf Jahren wird derselbe Klub deutscher Meister. Es braucht deshalb eine Reformierung der Geldverteilung.
Proteste gegen den möglichen Investoreneinstieg bei der DFL von Dortmunder Fans beim Spiel in Augsburg
Sportschau: Die DFL sprach von "roten Linien" und hat immer wieder beteuert, dass ein Investor keinen Zugriff auf die Spielplangestaltung, auf Ansetzungen im Ausland oder den Modus der Bundesliga haben wird. Warum glauben Sie diesen Versprechen nicht?
Mäurer: Die DFL-Geschäftsführung hat uns zusammen mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in Dortmund erklärt, dass sie eine "klare" Mehrheit für den Investoreneinstieg will - jetzt arbeitet sie mit der kleinstmöglichen Mehrheit von 24 Ja-Stimmen. Da sieht man, was solche Versprechen wert sind. Wir haben im Fußball gelernt, dass kein Versprechen Bestand hat, wenn es ums Geld geht.
Sportschau: Viele Fanszenen haben sich an den Protesten beteiligt, aber nicht alle. Bei Eintracht Frankfurt, Schalke 04 oder Fortuna Düsseldorf gab es die Proteste nicht. Warum?
Mäurer: Die Szenen sind alle individuell und jede Szene kann das für sich entscheiden. Wir sind ein lockeres Bündnis und keiner würde auf die Idee kommen, einem anderen sein Verhalten vorzuschreiben oder zu drohen, wenn er nicht mitmacht. Das unterscheidet uns von der DFL, in der einige Vertreter beispielsweise der 2. Bundesliga mit Konsequenzen gedroht haben.
Sportschau: Die Aktionen blieben friedlich - mit einer Ausnahme: Beim Spiel in Paderborn kam es im Anschluss an die zwölf Minuten des Schweigens zu Ausschreitungen von Rostocker Fans.
Mäurer: Das eine hat erstmal nichts mit dem anderen zu tun. Was in Paderborn passiert ist, kann ich nicht bewerten, das ist Sache der Fanszene von Hansa Rostock. Da ist jeder für sich selbst verantwortlich.
Sportschau: Wie geht der Protest weiter? Am Dienstag und Mittwoch stehen weitere Spiele in der Bundesliga an.
Mäurer: Der Aktionsspieltag ist vorbei, weitere Proteste sind erstmal individuell in den Fanszenen vorgesehen. Es wird aber weiter Proteste geben. Das Thema ist noch nicht am Ende.