Neue Angreifer in der Bundesliga Boadu, Essende, Amoura - drei für die Fantasie
Victor Boniface kam als Unbekannter, dann schoss er für Leverkusen Tor um Tor. Natürlich kann nicht jeder Neuzugang eines Erstligisten einer wie Boniface werden. Aber man wird ja noch hoffen dürfen.
Vor gut einem Jahr, als Bayer Leverkusen noch "Vizekusen" hieß und nicht "Meisterkusen", hat der Klub einen Fußballer verpflichtet, von dem sie dort ziemlich überzeugt waren. Der Geschäftsführer Simon Rolfes lobte dessen Körperlichkeit und seine Schnelligkeit. Ein "schwer zu bespielender Mittelstürmer" sei das, sagte Rolfes. Er werde den Kader "qualitativ verbessern".
Der Neue, das war Victor Boniface, er kam vom belgischen Klub Union Saint-Gilloise, der kurz zuvor im Viertelfinale der Europa League an Leverkusen gescheitert war. Da war Boniface schon einmal im Rheinland aufgelaufen und hatte gleich ein Tor erzielt. Den Verantwortlichen um Simon Rolfes hat das imponiert, auch wenn sie über dieses Tor natürlich nicht gejubelt haben.
Tore hat Boniface, 23, anschließend auch für Leverkusen einige erzielt, 22 waren es in 35 Pflichtspielen. Er war eine der Entdeckungen der vergangenen Saison. Es lag auch an ihm, dass Leverkusen nun nicht mehr "Vizekusen" genannt wird.
Neuzugänge, die noch nie in der Bundesliga gespielt haben, die zuvor in einer ausländischen Liga unter Vertrag standen und dort oft als Mittelstürmer eingesetzt worden sind, haben die 18 Erstligisten auch vor der neuen Bundesliga-Saison verpflichtet. Die Frage ist nun, ob ein neuer Boniface darunter ist. Einer, den man in einigen Monaten eine Entdeckung nennen wird.
Amoura kommt wie Boniface von Union Saint-Gilloise
Als Saint-Gilloise den Torjäger Boniface an Leverkusen abgab, vergingen gut drei Wochen, ehe der Klub einen Nachfolger präsentierte. Vom FC Lugano aus der Schweiz kam Mohamed Amoura, ein Nationalspieler Algeriens. Auch Amoura ist schnell, ziemlich schnell. Sonst aber ist er ein anderer Spielertyp, ein wuseliger Angreifer, der 20 Zentimeter kleiner ist als sein Vorgänger. Doch Größe ist nicht alles, das gilt auch für Torjäger. Tore hat dann auch Amoura einige erzielt: In 45 Pflichtspielen war er 22 Mal erfolgreich.
Mohamed Amoura jubelt im Trikot von Union Saint-Gilloise
Und so ereilt den Klub aus der Region Brüssel ein Schicksal, das sie sich dort erhofft hatten und irgendwie auch nicht: Amoura machte es wie Boniface, er spielte groß auf, aber blieb nur ein Jahr. Dann war auch er bereit für eine neue Herausforderung. Den Belgiern bleiben nur die Erinnerungen, und die Erkenntnis, dass ihr Scouting so verkehrt nicht sein kann.
Im Juli verließ Amoura, 24, Saint-Gilloise, ihn zog es nach Wolfsburg. Der Sportdirektor Sebastian Schindzielorz lobte die Schnelligkeit des Neuen und dessen Torgefahr. Er sagte: "Wir sind überzeugt, dass er dem VfL und der Bundesliga insgesamt viel Freude bereiten wird."
In Bochum sind sie überzeugt: "Der Spielertyp, den wir gesucht haben"
An die gesamte Bundesliga haben sie beim VfL Bochum nicht gleich gedacht, als sie kürzlich einen Neuzugang für den Angriff vorgestellt haben. Doch für Bochumer Verhältnisse war der Neue schon eine Nummer, immerhin hat Myron Boadu, 23, für die Niederlande sogar ein Länderspiel bestritten und dabei direkt ein Tor erzielt. Doch das war 2019 - und der Gegner Estland.
Myron Boadu trifft bei seinem bisher einzigen Länderspiel für die Niederlande
Vor fünf Jahren galt Boadu als eines der größten Talente der niederländischen Eredivisie. Im Trikot von AZ Alkmaar lief er regelmäßig Gegenspielern davon, manchmal tunnelte er sie auch. Und Torhüter fürchteten seine Abschlüsse. In 75 Erstligaspielen erzielte er 35 Tore, so wurde auch die AS Monaco auf ihn aufmerksam.
In seiner ersten Saison dort spielte Boadu regelmäßig, aber selten von Beginn an. Manchmal lief er noch Gegenspielern davon, doch das mit dem Toreschießen fiel ihm nicht mehr so leicht. Er traf in 31 Ligue-1-Einsätzen nur viermal. Anschließend wurden seine Einsätze seltener, und wenn er spielte, dann meist nur wenige Minuten. Zuletzt war er an Twente Enschede ausgeliehen.
Und nun also Bochum, zunächst als Leihspieler. "Myron Boadu ist genau der Spielertyp, den wir gesucht haben", sagte Sportdirektor Marc Lettau. "Ein dynamischer und zugleich wuchtiger Stürmer, technisch versiert und abschlussstark."
Essende spielte in der Jugend von PSG zusammen mit Moussa Diaby
Einen wie Boadu haben sie auch beim FC Augsburg gesucht. Gefunden haben sie Samuel Essende, 26, noch so einer für die Fantasie. Essende wurde in der Jugend von Paris Saint-Germain ausgebildet, zu seinen Mitspielern gehörte Moussa Diaby. Anschließend verlief ihre Entwicklung doch recht unterschiedlich. Diaby, 25, spielte manchmal für die Profis von PSG, später ging er nach Leverkusen und wurde dort Nationalspieler Frankreichs. Weitere Stationen: Aston Villa und nun Al-Ittihad.
Essende spielte in Frankreich auch mal in der vierten Liga, in der Ligue 1 spielte er nie. Er ließ sich nach Eupen in Belgien ausleihen und blieb ohne Tor. Zuletzt aber hat er 15 Tore für den portugiesischen Erstligisten FC Vizela erzielt. Auch deshalb debütierte er im Juni für die Nationalmannschaft der Demokratischen Republik Kongo. Diese Entwicklung haben sie auch in Augsburg registriert.
Als Augsburgs Sportdirektor Marinko Jurendic kürzlich bei der Vorstellung über Essende sprach, hob er dessen "Schnelligkeit und dynamische Spielweise" hervor. Zu beobachten war das auch im DFB-Pokalspiel des FCA gegen Viktoria Köln. Es lief die 53. Minute, als Essende auf Höhe der Mittellinie an den Ball kam. Er dribbelte auf zwei Gegenspieler zu, einer lief nur hinterher, einer prallte an Augsburgs Neuzugang ab. Es folgten ein Doppelpass mit Arne Maier und ein überlegter Flaschschuss in die lange Ecke.
Samuel Essende vom FC Augsburg in Aktion
Und das erinnerte dann schon ein wenig an Victor Boniface, der vor einem Jahr als Unbekannter nach Leverkusen kam und dann Tor um Tor erzielte. Natürlich kann nicht jeder neue Angreifer eines Erstligisten einer wie Boniface werden, das wissen sie auch in Wolfsburg, Bochum, Augsburg. Aber man wird ja noch hoffen dürfen.