Vierschanzentournee Granerud triumphiert in Bischofshofen und krönt sich zum Gesamtsieger
Halvor Egner Granerud gewinnt auch das vierte Springen der Vierschanzentournee und holt damit erstmals den Gesamtsieg. Beim Sieg des Norwegers am Freitag (06.01.2023) in Bischofshofen wird Philipp Raimund erneut bester Deutscher.
Halvor Egner Granerud – wer sonst? Der überragende Skispringer dieser Tage hat sich erstmals den Titel bei der 71. Ausgabe der Vierschanzentournee gesichert.
Granerud auf dem Höhepunkt
Nach seinen Siegen in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen konnte der Norweger auch das vierte Springen in Bischofshofen für sich entscheiden. Mit Weiten von 139,5 und 143,5 Metern verwies er Anze Lanisek (140,5/139) aus Slowenien und den Polen Dawid Kubacki (135,5/140) auf die Plätze. Sein souveräner Vorsprung im Gesamtklassement beträgt am Ende mehr als 30 Punkte vor seinem ärgsten Verfolger Kubacki. Lanisek komplettiert das Gesamtpodium. Das Trio hatte bereits die gesamte Tournee dominiert.
Für Granerud ist es nach dem Gewinn des Gesamtweltcups 2020/21 und dem Team-Titel bei der Skiflug-WM 2020 der größte Erfolg seiner Karriere. 16 Jahre nach Anders Jacobsens Triumph kommt der Sieger der Vierschanzentournee damit erstmals wieder aus Norwegen. "Es ist unglaublich, ein unglaublicher Tag", fasste Granerud seine Emotionen im ZDF-Interview zusammen. "Ich war so fokussiert und habe so sehr dafür gearbeitet. Dass ich jetzt hier jetzt oben stehe, fühlt sich einfach fantastisch an. Ein Kindheitstraum wird wahr!"
Raimund überrascht erneut
Aus deutscher Sicht konnte Philipp Raimund einmal mehr überzeugen. Der Youngster im DSV-Team wurde mit 136 und 135 Metern bester Deutscher auf Platz 12. Constantin Schmid beendete das Springen auf Platz 16., Andreas Wellinger wurde 20..
Karl Geiger hatte es als "Lucky Loser" in den zweiten Durchgang geschafft. Am Ende sprang Platz 23 für den Oberstdorfer bei dieser für ihn so enttäuschend verlaufenen Tournee heraus. Markus Eisenbichler, Pius Paschke und Stephan Leyhe waren zuvor bereits ausgeschieden.
DSV-Adler in der Gesamtwertung weit abgeschlagen
Wellinger beendete die Tournee als Gesamt-Elfter (1.043,8 Punkte). Auf einem starken 13. Platz folgte Raimund (1.020,6), Constantin Schmid schaffte es als 17. (948,3) ebenfalls noch in die Top 20. Für Geiger endete die Tournee mit einem enttäuschenden 23. Rang (819,8), zehn Plätze dahinter landete Eisenbichler (563,8).
Granerud ungefährdet zum Gesamtsieg
23,3 Punkte – fast 13 Meter – betrug Graneruds komfortabler Vorsprung vor dem finalen Springen auf der Paul-Außerleitner-Schanze. Kubacki, der kurz vor dem Tournee-Finale zum zweiten Mal Vater geworden war, musste auf einen groben Patzer des Führenden hoffen und gleichzeitig selbst mindestens einen außerordentlichen Sprung abliefern.
Das sollte ihm im ersten Durchgang nicht ganz gelingen. 135,5 Meter waren zwar solide, doch Granerud konterte mit einem Satz auf 139,5 Meter und baute seinen Vorsprung im Gesamtklassement weiter aus. Mit einem abschließenden Sprung auf satte 143,5 Meter beseitigte er dann auch die letzten Zweifel.
Raimund "brutal zufrieden"
Youngster Raimund zeigte einmal mehr einen überzeugenden Auftritt. Nach einem grandiosen Satz im ersten Durchgang auf 136 Meter ballte der 22-Jährige die Fäuste. Auch nach dem zweiten Sprung war der Jubel riesengroß. Mit 135 Metern setzte Raimund, der die deutschen Fahnen bei dieser Tournee hochhielt, ein weiteres Ausrufezeichen.
Philipp Raimund in Bischofshofen
"Brutal zufrieden" zeigte sich Raimund im Anschluss. "Ich hätte nie gedacht, bei meiner ersten Tournee so stark zu sein. Ich habe eine wahnsinnige Entwicklung gemacht und bin sehr stolz auf mich. Hätte mir das jemand vor der Tournee gesagt, hätte ich ihm nicht geglaubt."
Geiger: "Der Ofen ist aus"
Geiger hatte im K.o-Duell mit Marius Lindvik zunächst ein dickes Brett zu bohren. Auch wenn der Norweger weiter sprang, konnte Geiger mit 131,5 Meter als "Lucky Loser" noch in den zweiten Durchgang einziehen. Dort musste der 29-Jährige nach 126 Metern dann noch einige Konkurrenten vorbeiziehen lassen.
"Ich freue mich auf die fünf Tage daheim", sagte Geiger. "Der Ofen ist aus. Es waren turbulente Tage mit vielen unschönen Sachen. Jetzt erstmal Luft dranlassen und dann weitermachen."
Wellinger solide - Eisenbichler im Pech
Wellinger schaffte im ersten Durchgang die identische Weite wie sein Teamkollege Geiger. In der Qualifikation tags zuvor war der Olympiasieger von Pyeongchang noch von einem Magen-Darm-Infekt gebeutelt. Mit 130 Metern fiel er im zweiten Durchgang noch etwas zurück.
Eisenbichler verpasste dagegen den finalen Durchgang. Sein Sprung auf 130 Meter war solide, doch Kontrahent Daniel Tschofenig aus Österreich zog dem Siegsdorfer mit sauber hingestellten 132,5 Metern den Zahn. "Ich bin erstmal zufrieden, dass ich beim Absprung nicht zu spät war", so Eisenbichler, für den es "Schritt für Schritt in die richtige Richtung" geht. "Wenn ich so weitermache, komme ich immer besser in Schuss."
Horngacher: "Spitzenspringer haben zu wenig Selbstvertrauen"
Mit dem Kampf um den goldenen Adler hatten die deutschen Springer nichts zu tun. Nach verheißungsvollem Auftakt brachten sich Geiger und Co. in Innsbruck um jede Chance. Geiger schied dort gar in der Qualifikation aus und verbaute sich alle Hoffnungen auf eine gute Platzierung in der Gesamtwertung.
Bundestrainer Stefan Horngacher zollte nicht nur dem Gesamtsieger Granerud viel Respekt ("Der letzte Sprung war am Limit"), sondern ging auch mit den Leistungen seiner Schützlinge hart ins Gericht. "Wir sind natürlich enttäuscht, haben gut begonnen, aber dann mit mehr Schritt halten können."
Es sei eine "schwierige Tournee" für sein Team gewesen. "Unsere Spitzenspringer haben aber nach wie vor zu wenig Selbstvertrauen", meinte Horngacher. "Aber wir uns haben uns sortiert und sind auf einem guten Weg. Da müssen wir dranbleiben und in Ruhe weiterarbeiten."