Ski Alpin Warum Veranstalter trotz Energiekrise auf mehr Nachtslaloms setzen
Zum ersten Mal gab es in dieser Saison einen Nachtslalom am Gudiberg. Damit folgt Garmisch dem Konzept aus Schladming. Nicht nur wegen der Energiekrise sieht der Naturschutz-Bund die Events skeptisch.
Acht Nacht-Wettbewerbe waren in dieser Saison im alpinen Skiweltcup geplant - und das ausgerechnet mitten in der Energiekrise. Im Vorfeld der Saison rief die FIS die Veranstalter zum Energiesparen auf und die Zustimmung für Sportevents in der Bevölkerung nahm ab. Der Weltcup setzt trotzdem weiter auf die Night-Events - und das hat Gründe.
Am Gudiberg gab es dieses Jahr zum ersten Mal einen Nachtslalom. Da die Slaloms in Garmisch-Partenkirchen im vergangenen Jahr ein Erfolg gewesen seien, habe man sich für dieses Jahr gemeinsam mit der FIS auf einen Nachtslalom geeinigt, erklärt Ralph Eder, der DSV-Pressesprecher.
Skisport kann sich präsentieren
Für die Veranstalter und die Verbände haben die nächtlichen Events wie in Madonna di Campiglio, Flachau und dem wohl bekanntesten, Schladming, eine hohe Attraktivität: Der Skisport kann sich zur Fernseh-Prime-Time am Abend präsentieren - und die Startzeit am Abend bringt auch im Stadion viele Zuschauer. Die Night-Events finden allesamt unter der Woche statt, tagsüber wären die Quoten und Besucherzahlen also wohl deutlich geringer.
Auch die Atmosphäre beim Nachtslalom ist eine ganz besondere, findet Ralph Eder: "Nachtslaloms sind sehr viel fokussierter als Rennevent, sowohl für die Fans als auch für die Fahrer. Dieser Fokus, der mit dem Licht auf der Piste liegt, das hat natürlich einen speziellen Charakter." Diesen speziellen Charakter konnten Anfang Januar 7.000 Zuschauer am Gudiberg erleben.
Nicht nur die Alpinen fahren in die Nacht. Die Skispringer oder die Ski- und Snowboard-Freestyler haben ebenfalls ihre nächtlichen Veranstaltungen - die "Eventisierung" hält immer mehr Einzug im Wintersport, das ist nicht nur an der Zahl der Nachtslaloms ablesbar.
Naturschützer haben erhebliche Bedenken wegen des Lichtes
"Das ist das Problem, dass diese Veranstaltungen in der Nacht generell zunehmen. Dabei hat der Tag 24 Stunden und auch im Winter ist es an sechs bis acht davon immer hell", sagt Axel Doering, der Vorsitzende der Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen im Bund Naturschutz. "Für die Tiere wie Rotwild oder Rehwild, aber auch die Insekten ist das Licht in der Nacht nicht toll."
Es handle sich dabei ja vor allem um eine Leuchtquelle, denen die Tiere am Berg plötzlich an einem Tag ausgesetzt sind, das habe Auswirkungen auf die Natur, sagt Doering. Er wohnt selbst mitten in Garmisch-Partenkirchen - und gerade der Nachtslalom Anfang Januar habe bis ins Haus gestrahlt, erzählt er am Telefon. Am liebsten wäre ihm daher, wenn man diese Veranstaltungen bleiben lassen würde.
Ski-Party in Schladming
Die Skiverbände sind da aktuell anderer Meinung. Im österreichischen Schladming gibt es jedes Jahr zum Nachtslalom eine große Ski-Party. Mit bis zu 50.000 Zuschauern ist "The Nightrace", wie es die Veranstalter nennen, das Weltcuprennen mit dem größten Publikumszuspruch. Zahlen, die Veranstalter bestärken, Wettbewerbe zu später Stunde starten zu lassen.
Nach der Kritik zu Saisonbeginn wehren sich die Veranstalter: "Das Flutlicht kostet den ganzen Abend 4.300 Euro - das ist machbar und zu verantworten. Der Sport soll am Leben bleiben", sagte Georg Bliem, Geschäftsführer der Planai-Bergbahnen, der "Kronen Zeitung".
Licht nicht der größte Energie-Faktor
Am Gudiberg in Garmisch-Partenkirchen war die Energiekrise im Vorfeld auch Thema. Durch einen frühen Kälteeinbruch konnte man gut und effektiv Schnee produzieren. Das Flutlicht hingegen machte den Veranstaltern wenig Sorgen, erklärt Eder: "Das Licht selber schlägt weitaus weniger zu Buche, was die Energieverbräuche angeht. Das sind alles mittlerweile LED-Lampen, das ist nicht mehr das Thema." Auch die Piste selbst wurde im Nachhinein für Trainingseinheiten und Rennen des Nachwuchs genutzt, um möglichst nachhaltig zu handeln.
"Wenn ich etwas nehme, das Energie spart, und ich nutze es in großem Maße, dann verbraucht es ja doch wieder mehr Energie", findet dagegen Doering: "Von keinem der Dinge geht die Welt unter, aber es schadet dem Klima - und damit uns."
Skiweltcup hält an Events in der Nacht fest
Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Yougov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur zu Beginn der Energiekrise ergab, dass vierzig Prozent der Befragten die Absagen von Sportevents befürworten, um Energie zu sparen. Zudem würden nur 43 Prozent Spiele der Fußball-Bundesliga, Eishockey, Basketball und Wintersport-Veranstaltungen weiterhin durchführen.
Aufgrund der Energiekrise musste letztlich jedoch keines der geplanten Nachtrennen ausfallen, ein Slalom in Zagreb und die Rennen in Lech/Zürs fielen allerdings dem Wetter zum Opfer. "Zwei Dinge sind mir wichtig", sagt Doering: "Wir Naturschützer freuen uns nicht, wenn kein Schnee da ist. Aber wir freuen uns auch nicht, wenn wir in die falsche Richtung gehen."
Und in die falsche Richtung bedeute etwa das immer öfter zu bestaunende weiße Kunstschneeband, das sich an grünen Hügeln entlangschlängelt, aber seiner Meinung nach eben auch der neue Fokus auf die Nacht.
Schladming erwartet bis zu 40.000 Fans
Schladming erwartet an diesem Dienstagabend (24. Januar 2023) etwa 40.000 Fans - tags darauf findet dann auch noch ein Nacht-Riesenslalom auf der Planai statt, denn die Veranstalter in Österreich springen für Garmisch-Partenkirchens Kandahar ein.
Der Skisport profitiert von diesen hohen Zuschauerzahlen und TV-Quoten. Deshalb wird er gerade unter dem in puncto Vermarktung umtriebigen Weltverbands-Präsidenten Johan Eliasch wohl auch weiter auf Nachtrennen setzen - den Mahnungen der Naturschützer zum Trotz.