Kriechmayr bezwingt die Streif Dreßen in Kitzbühel schneller als Odermatt und Kilde
Österreichischer Sieg in Österreich: Vincent Kriechmayer hat die legendäre Abfahrt auf der "Streif" gewonnen. Freuen konnten sich auch zwei Deutsche - Thomas Dreßen und Andreas Sander fuhren in die Top 15. Für Top-Fahrer Marco Odermatt hatte ein Beinahe-Sturz Folgen.
Mit einem Platz unter den besten zehn hat es nicht geklappt - Alpin-Rennläufer Thomas Dreßen hat auf der legendären Streif in Kitzbühel aber ein Rennen gezeigt, das ihm Mut machen dürfte. Der Deutsche lag am Freitag (20.01.2023) bei der Abfahrt lange in den Top fünf und wurde am Ende guter 13.. Den Sieg holte sich der Österreicher Vincent Kriechmayr in 1:56,16 Minuten vor dem Überraschungszweiten Florian Schieder aus Italien (+ 0,23 Sekunden), der mit Startnummer 43 noch aufs Podest fuhr, und dem Schweizer Niels Hintermann (+ 0,31 Sekunden).
"Ja, Wahnsinn", jubelte Dreßen, der nach langer Verletzungspause seine Comeback-Saison fährt, nach dem Rennen im Ziel und im ZDF. "Ich hab schon beim Fahren gemerkt, dass es sich gut anfühlt. Die kleinen Schrauben, an denen ich gedreht hab, scheinen sich ausgezahlt zu haben." Der Kitzbühel-Sieger von 2018 lag lange in den Top 10, wurde am Ende aber noch von Fahrern mit hohen Startnummern vedrängt. In seinem Rennen verlor Dreßen zwar vor allem in den Gleitphasen immer wieder wichtige Zeit. Mit Startnummer zwei zeigte der 29-Jährige aber ein couragiertes Rennen und blieb lange vorn dabei.
Dreßen: "Es war geil"
"Die Fahrt scheint doch nicht so schlecht gewesen zu sein. Ich glaube, oben war es solide, Hausbergkante war nicht so astrein, aber von der alten Schneide bis ins Ziel war es ganz passabel. Es war geil", freute sich Dreßen, der im Ziel 0,87 Sekunden Rückstand auf Tagessieger Kriechmayr hatte.
Baumann: "Gönne es ihm von Herzen"
"Es war extrem gut. Er hat im Training schon gesagt, dass er schnell fahren kann. Das hat er im Rennen noch einmal extrem umgesetzt", freute sich Teamkollege Romed Baumann mit Dreßen. "Speziell im oberen Teil ist er brutal ans Limit gegangen. Sensationell. Ich gönne es ihm von Herzen."
Baumann selbst kam jenseits der Top 30 ins Ziel (+ 1,62 Sekunden) und verpasste damit den angestrebten Top-10-Rang. Nach gutem Start verlor der Dritte des ersten Kitzbühel-Trainings diese Woche vor allem im unteren Teil zu viel Zeit und analysierte nach dem Rennen im ZDF: "Top 10 wäre drin gewesen. Aber unten bei der Traverseneinfahrt bin ich mit der Position etwas zu weit hinten gewesen. Ich hab da ein, zwei Schläge hingenommen. Da verliert man sofort Tempo und Zeit. Schade. Die Fahrt insgesamt war keine schlechte."
Sander starker 15.
Besser machte es Andreas Sander. Mit der hohen Startnummer 23 ging er die hart gefrorene Streif von Beginn an beherzt an und hielt mit den Top-Fahrern mit. Mit 0,94 Sekunden Rückstand auf Kriechmayr wurde Sander 15.
Sander: "Bin überrascht"
"Ich hab nicht viel erwartet", sagte der 33-jährige Sander nach dem Rennen im ZDF und blickte auf das Training am Donnerstag zurück. "Ich hatte gestern einen extrem schlechten Tag mit vielen Hoch und Runter. Ich bin selbst überrascht. Für mich war heute nur wichtig, mit der Art und Weise zu zeigen, dass ich Skifahren kann. Das ist mir, glaube ich, gelungen. Von daher gibt es jetzt keine Kritik von mir selbst. Ich bin sehr zufrieden." Mit Blick auf die zweite Abfahrt am Samstag sagte der Deutsche: "Wenn ich wieder so wie heute fahre, ist Top 10 wieder drin. Mir ist aber momentan die Art und Weise viel wichtiger als irgendein Ergebnis."
Nicht so gut kamen Josef Ferstl und Dominik Schwaiger mit der harten Piste zurecht. Mit 2,58 Sekunden Rückstand (Ferstl) und 3,71 Sekunden Rückstand (Schwaiger) kamen die beiden Deutschen abgeschlagen als 49. und 55. im Feld der 58 Rennläufer ins Ziel.
Grobe Schnitzer von Kilde und Odermatt
Nicht zu den Top-Fahrern an diesem Freitag auf der Streif zählten auch die absoluten Top-Favoriten Aleksander Aamodt Kilde und Marco Odermatt. Der Norweger Kilde, der nach einem Trainingssturz von Donnerstag mit einem Mittelhandbruch an den Start ging, wirkte gleich im oberen Bereich der Strecke nervös. Nach einem Dreher lag er schon eine halbe Sekunde hinter der Spitze. Mit einem gewohnt aggressiven Fahrstil konnte sich Kilde bis auf Rang zwei nach vorn schieben. Doch ein Schnitzer vor dem Zielhang schleuderte den Norweger fast ins Fangnetz. Kilde konnte sich zwar wieder fangen, blieb mit Rang zehn aber sogar hinter Dreßen.
Auch mit Marco Odermatt scheiterte einer der Top-Favoriten. Den Schweizer hob es noch im oberen Teil bei einer Bodenwelle von der Piste, mit viel Mühe konnte sich Odermatt fangen und das Rennen zu Ende fahren. Der Zeitverlust war aber zu groß, der 17-fache Weltcupsieger hatte nichts mit den Podestplätzen zu tun und kam abgeschlagen ins Ziel. Auf Tagessieger Kriechmayr fehlten ihm sagenhafte 3,20 Sekunden.
Odermatt verzichtet auf Samstag-Abfahrt
Der Beinahe-Sturz von Odermatt hat für den Schweizer Skistar Konsequenzen. Der Olympiasieger verzichtet auf das Rennen am Samstag in Kitzbühel. Nach Angaben des Schweizer Skiverbandes erlitt der Gesamt-Weltcupsieger bei seiner spektakulären Rettungsaktion "einen Schlag im linken Knie". Odermatt sagte dennoch erleichtert: "Ich bin froh, dass ich nicht im Netz gelandet bin. Jetzt muss ich aber zuerst mein Knie etwas schonen und schaue Tag für Tag weiter." Der Schweizer Verband Swiss Ski kündigte "weitere Untersuchungen" des Knies an.
Wadenbeinbruch bei Norweger Röa
Schlimmer als Odermatt erwischte es den Norweger Henrik Röa. Der 27-Jährige war wenige Meter vor dem Ziel schwer gestürzt und musste mit dem Helikopter abtransportiert werden. Er erlitt nach Angaben des norwegischen Skiverbandes einen Wadenbeinbruch.