Rodel-Weltcup Toni Eggert will's nochmal wissen
Eigentlich war Toni Eggert schon zurückgetreten und stand am Rand der Eisrinne. Doch er kann es nicht lassen und will wiederrodeln. Mit einem neuen Partner geht der Rekordweltmeister im Doppelsitzer sein letztes großes Ziel an. Seine alten Konkurrenten freut das. Insgesamt präsentiert sich das deutsche Team vor dem Saisonstart in guter Laune. Bei den Wettbewerben wird es eine Neuerung geben - nicht zur Freude von allen.
2023 hatte Toni Eggert gemeinsam mit seinem Partner Sascha Benecken den Rodel eigentlich in die Ecke gestellt. Nach elf Weltmeistertiteln war es vor allem Benecken, der genug hatte und sich nun auf andere Sachen in seinem Leben konzentrieren wollte. Der Ilsenburger Eggert blieb dem Sport treu und wechselte als Trainer zum Verband der Vereinigten Staaten. Doch das war nichts für ihn.
Eggert/Müller statt Eggert/Benecken
"Ich wollte immer rodeln, das war nie vorbei. Auch als ich Übungsleiter gespielt habe, wollte ich lieber auf der anderen Seite stehen", erklärte der 36-Jährige bei der Saisoneröffnung des deutschen Schlittenverbandes BSD am Mittwoch (13.11.2024). Und so fasste er im Februar nach den Weltcups in Altenberg und Oberhof den Entschluss zum Comeback. Aber nicht mit Benecken. Eggert suchte sich einen neuen Partner und fand ihn in Florian Müller.
Der 23-Jährige war zuvor im Einsitzer unterwegs. "Wenn du so eine Anfrage von einem Weltspitze-Athleten bekommst, ist das erst einmal extrem krass", schildert Müller seine Reaktion auf den Vorschlag von Eggert. Trotz des großen Schrittes musste er nicht lange überlegen. Und natürlich läuft auch noch nicht alles sofort rund. Zunächst einmal musste ein völlig neuer Schlitten her, weil Müller andere Körpermaße hat als Benecken.
Bei den ersten Trainingseinheiten ließ sich das neue Gefährt dann überhaupt nicht steuern. "Die Schwierigkeit, die ich nicht habe kommen sehen: Wir konnten anfangs gar nicht gemeinsam lenken", schilderte Eggert die ersten Fahrten. Inzwischen sind diese Probleme behoben, aber es gibt noch viel tun. "Es ist natürlich eine Umstellung, es ist eine neue Mannschaft. Da kann man nicht davon ausgehen, dass alles so weitergeht, als ich mit Sascha aufgehört habe", weiß der Sportsoldat.
Toni Eggert und Sascha Benecken
Großes Ziel: Gold bei den Olympischen Spielen
Doch warum tut sich Eggert nach all den WM-Titeln und sechs Gesamtsiegen im Weltcup den Stress überhaupt noch einmal an? Er hat noch ein großes Ziel vor Augen: den Olympiasieg. Der ist ihm in seiner Karriere verwehrt geblieben. Den hat ihm das andere deutsche Top-Duo Tobias Wendl/Tobias Arlt voraus. 2014, 2018 und 2022 gewann der Bayern-Express jeweils Gold im Doppelsitzer und im Team. Sechs Goldmedaillen bei Winterspielen hat für Deutschland sonst nur noch ihre inzwischen zurückgetretenen Kollegin Natalie Geisenberger holen können.
Die zusätzliche Konkurrenz im eigenen Team nehmen sie sportlich, schließlich war das Verhältnis zu Eggert schon vor dem Rücktritt sehr gut. "Wir dachten, dass es nicht leicht für ihn wird. Aber wir wissen, dass der Toni schnelle Schlitten bauen kann. Man sieht aber jetzt schon in dem ein oder anderen Lauf, dass mit ihm zu rechnen ist", blickte Wendl auf die kommenden Saisons voraus.
Leitner übernimmt nach 16 Jahren von Loch
Neben dem neuen Duo Eggert/Müller gibt es eine weitere wichtige Personalie im deutschen Team. Denn die wohl größte Veränderung fand neben der Eisrinne statt: der neue Cheftrainer. Nach 16 Jahren als Bundestrainer war Norbert Loch ins zweite Glied zurückgerutscht, nun liegt die Verantwortung bei Patric Leitner. Der 47-Jährige, der 2002 in Salt Lake City im Doppelsitzer olympisches Gold gewann, muss dabei riesige Fußstapfen ausfüllen.
Loch bildetet eine im wahrsten Sinne des Wortes "Goldene Generation" aus. Seine Athleten und Athletinnen, darunter auch der eigenen Sohn Felix, gewannen bei den verschiedenen Großereignissen wie Olympische Winterspiele, Welt- und Europameisterschaften sagenhafte 119 Medaillen. Keine einfache Aufgabe für Leitner, der zuvor Stützpunkttrainer in Berchtesgaden war. Einiges habe sich verändert: "Ich habe jetzt mehr Verantwortung und muss mich um mehr kümmern. Aber es macht Spaß", erklärte der neue Bundestrainer.
Mit Loch sei er in einem regen Austausch, gerade bei Themen wie Organisation oder Finanzen hole er sich Ratschläge. Es sei aber keinesfalls so, dass ihm sein Vorgänger in die Arbeit reinreden würden: "Jeder muss seinen eigenen Weg finden." Vor seiner Beförderung hatte Leitner Angebote von anderen Verbänden ausgeschlagen. Für ihn war immer klar, in der Heimat zu bleiben. "Ich habe dem BSD viel zu verdanken. Ich finde unsere Athleten geil, es sind die besten, die es auf der Welt gibt", machte er eine kleine Liebeserklärung an seine Rodler und Rodlerinnen.
Neue Saison, neue Rennen
Im anstehenden Winter müssen sich Leitner und seine Schützlinge um die Weltcupgesamtsieger Max Langenhan und Julia Taubitz auf ein paar Änderungen im Wettkampfkalender einstellen. So wird es in diesem Jahr keine Sprintrennen mehr geben. Gerade für Taubitz, immerhin zweifache Weltmeisterin und elffache Weltcupsiegerin im Sprint, ist dies ein Verlust: "Ich war so eine Sprinterin, mir kam das einfach entgegen." Stattdessen wird in dieser Saison ein Mixed-Format eingeführt. Die 28-jährige Sächsin sieht darin auch etwas Gutes: "Das wird sportlich noch einmal anspruchsvoll und es ist für uns vielleicht auch noch einmal die Chance, das IOC zu überzeugen, dass wir da noch eine weitere Medaillenchance bei Olympia bekommen."
Im Mixed treten im Einsitzer bilden jeweils ein Mann und eine Frau ein Team, bei den Doppelsitzern die entsprechenden Duos. Ähnlich wie bei der Teamstaffel wird über ein Touchpad im Zielbereich das Starttor für den zweiten Piloten geöffnet und am Ende die Zeit gestoppt. Erlaubt sind auch nationenübergreifende Teams. Schon bei der ersten Weltcupstation in Lillehammer am letzten November-Wochenende wird das neue Format seine Premiere feiern.