Streit im Tischtennis Fall TTC Neu-Ulm - DTTB kündigt Überprüfung an
Der TTC Neu-Ulm hat mit seiner Bekanntgabe, keine Lizenz für die Liga zu beantragen, aber dennoch in der Champions League antreten zu wollen, ein Beben in der Tischtennis-Szene ausgelöst. Der Klub, der von Investor Florian Ebner geführt wird, zeigte auf bedenkliche Art und Weise Lücken in den Statuten auf. Der DTTB kündigte am Sonntag (26.02.2022) eine Überprüfung des Sachverhalts an. Die TTBL bestätigte am Montag, dass von elf der bisherigen zwölf Liga-Teams Linzenzanträge eingegangen sind.
Der Klub sowie dessen bekanntester Spieler Dimitrij Ovtcharov prangerten an, dass die Strafen gegen die Spitzenspieler unverhältnismäßig seien und kritisierten zudem die Rolle von TTBL-Aufsichtsratschef Andreas Preuß, gleichzeitig Manager bei Borussia Düsseldorf. Ob die Sperre und insbesondere der Zeitpunkt dieser gegen die Spieler berechtigt ist, klärt nun ein Schiedsgericht.
Aussagen des Investors nicht haltbar
Auf diese Entscheidung konnte man laut eigener Aussage nicht warten: Der Klub stellte keinen Lizenzantrag für die Bundesliga. Der zweite Vorwurf in Richtung der TTBL und Borussia Düsseldorf ist dagegen leicht zu entkräften. Denn diese Doppel-Rollen wie bei Preuß sind eine gängige Praxis im Spitzensport - bestes Beispiel ist DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke, der gleichzeitig als Geschäftsführer bei Borussia Dortmund agiert.
Neu-Ulm bemängelte trotzdem den angeblichen Interessenkonflikt. Was der Klub allerdings ausblendet bei seinen Vorwürfen: Er selbst stimmte dafür. "Andreas Preuß wurde einstimmig, inklusive der Stimme von Neu-Ulm, von den Vereinen gewählt", betonten sowohl Düsseldorf als auch die TTBL. Auch der DTTB bewertete die Vorwürfe in Person von Präsidentin Claudia Herweg: "Es ist unpassend, dass der Konflikt auf persönlicher Ebene geführt wird. Andreas Preuß hat sich sein Renommee durch exzellente Arbeit verdient."
Verein kam per Wildcard in die Bundesliga
Neu-Ulm ist noch relativ neu: Medienunternehmer Ebner gründete den Verein 2019 und steckte viel Geld hinein. Er beantragte die Teilnahme an der TTBL per Wildcard. In die Champions League kam der TTC ebenfalls per Wildcard. Damals sahen die Beteiligten die Chance, Tischtennis in Deutschland voranzubringen.
Vier Jahre später ist dieses Ziel vorerst krachend gescheitert: Weder verfügt der TTC Neu-Ulm über einen großen Nachwuchs-Standort noch über einen Unterbau aus unterklassigen Mannschaften. Bundestrainer Jörg Roßkopf betonte im vergangenen Sommer im Sportschau-Interview: "Wichtig ist, nicht nur blind einzukaufen, sondern daraus etwas zu entwickeln."
TTBL-Geschäftsführer Stehle: "Neu-Ulm geht es nicht um die Liga"
Kein Zweifel: In der TTBL kann man ohne großen Sponsor oder Investor nicht überleben. Fast alle Klubs sind mit einem großen Sponsor als Geldgeber unterwegs. Doch die Vereine fördern Nachwuchs und Unterbau - und sie achten die Liga-Regeln.
Neu-Ulm macht genau das nach Einschätzung von TTBL-Geschäftsführer Nico Stehle nicht: "Ihnen geht es offensichtlich nicht um die Liga. Sie haben vorsätzlich gegen Regeln verstoßen. Wir mussten unsere Statuten schützen."
Verein oft mit anderer Liga-Aufstellung
Schaut man sich die Einsätze der Top-Stars an, die Ebner nach Neu-Ulm gelockt hat, bestätigt sich dieser Eindruck: In der Liga spielten zumeist drei talentierte Nachwuchs-Athleten aus Russland, die mittelklassiges Bundesliga-Niveau besitzen und bereits früher eingekauft wurden.
TTC Neu-Ulm-Chef Florian Ebner
Die Spitzenspieler wie Ovtcharov, Tomokazu Harimoto oder Truls Moregardh wurden gerade häufig genug eingesetzt, damit sie im Pokal beim Final Four spielberechtigt waren. In der Champions League agierte Neu-Ulm oft mit einer ganz anderen, deutlich besseren Aufstellung.
DTTB wird den Fall Neu-Ulm prüfen
Rein sportlich ist der TTC Neu-Ulm berechtigt, nur noch Champions League zu spielen. Die Teilnahme dort ist abhängig vom internationalen sportlichen Erfolg - der Klub war dieses Jahr im Halbfinale - und nach Statuten der ETTU nicht an die Ligazugehörigkeit gebunden - ein Schlupfloch, das Ebner jetzt ausnutzen möchte.
Allerdings muss der DTTB Neu-Ulm dafür anmelden. Der Verband kündigte nicht nur eine umfassende Prüfung an, sondern auch ein Gespräch mit der ETTU über den Hintergund der CL-Statuten. "Vor dem Hintergund der Ereignisse wird die aktuelle Regelung sicher nicht im Interesse der nationalen Ligen sein. Außerdem würde es einen Präzedenzfall schaffen, der auch woanders vorkommen kann", erklärte der Verband gegenüber der Sportschau.
Art und Weise bedenklich, Lücken aufgezeigt
Ein Fazit des Streits: Der TTC Neu-Ulm und vor allem Investor Ebner haben ihre Eigeninteressen offengelegt, die Art und Weise erscheint aber höchst bedenklich. Das Image des Sports, des Vereins und der Liga hat in jedem Fall gelitten.
All die Querelen haben aber etwas Gutes: Neu-Ulm zeigte offensichtliche Lücken vor allem in den Statuten der ETTU auf. Und das Verhalten regt eventuell zum Nachdenken an, ob die Teilnahme an der Champions League nicht an eine Ligazugehörigkeit gekoppelt werden sollte. Sonst kommt einem schnell ein anderes, aus dem Fußball bekanntes Streit-Thema, in den Sinn: die Super League.