Schwimm-WM in Fukuoka Deutschlands bittere Bilanz mit Hoffnungsschimmer
Bei der WM in Fukuoka hat das deutsche Team im Becken nur eine Medaille geholt – so wenig wie nie. Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris könnte das Grund zur Sorge sein. Es gibt aber Hoffnung.
Eine einzige Bronzemedaille - die schlechteste deutsche Bilanz in der WM-Geschichte. 2013 und 2017 hatte es jeweils einmal Silber gegeben. Das ist bitter, das kommt unerwartet, aber es ist erklärlich und kein Grund, alles schlecht zu reden und in Panik zu verfallen. Florian Wellbrock, der Medaillengarant der vergangenen Jahre, hat nach seinen beiden souveränen Gold-Triumphen im Freiwasser den Umstieg auf das Becken nicht bewältigt, ist auf beiden Freistilstrecken im Vorlauf gescheitert.
Die rätselhaften Ursachen muss Wellbrock mit Trainer Bernd Berkhahn klären und daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Seine Fähigkeiten stehen außer Frage. Auch Anna Elendt ist, von Rückenproblemen gehandicapt, im Vorlauf hängen geblieben. Damit waren drei der vier Medaillen von Budapest weg. Die eine übriggebliebene hat wieder Lukas Märtens geholt. Diesmal Bronze statt Silber.
Hoffnungsträger für Olympia
Märtens war auch in seinen beiden anderen Freistilfinalen jeweils nah dran an den Podiumsplätzen. Das gilt auch für seine Freundin Isabel Gose. Bemerkenswert ist ihre Konstanz. Sechs WM-Wettbewerbe - Budapest eingeschlossen - sechs Mal im Finale. Und: Gose ist in Fukuoka auf allen drei Strecken persönliche Bestzeit geschwommen. Irgendwann wird sie sich belohnen. Vielleicht schon im kommenden Jahr in Paris.
Bei den Sommerspielen trägt dann erneut das Quartett Wellbrock, Märtens, Gose und Elendt die deutschen Hoffnungen auf olympische Medaillen. Mit Lucas Matzerath und Angelina Köhler haben zwei weitere DSV-Spitzenkräfte Weltklasseniveau nachgewiesen. Beide waren auf ihren olympischen 100-m-Strecken mit Rekordzeiten nicht weit weg von den Podestplätzen - und sie werden sich weiter steigern. Auch Ole Braunschweig könnte in Paris zumindest im Finale dabei sein.
International abgehängt
Das alles darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der DSV auf vielen Strecken inklusive Staffeln immer noch weit hinter der Weltspitze zurückliegt. Australien war in Fukuoka mit 13-mal Gold die alles überragende Nation, sehr deutlich vor China und den USA. Aber der DSV hat auch gegenüber den europäischen Top-Nationen Frankreich, Großbritannien und Italien weiterhin einen erheblichen Aufholbedarf. Insgesamt sind in Fukuoka zehn neue Weltrekorde aufgestellt worden.
Wenn die wenigen deutschen Top-Schwimmer nicht liefern, fällt die Medaillenbilanz - wie jetzt in Fukuoka - mau aus. Den blanken Ergebnissen stehen immerhin vier deutsche Rekorde und viele persönliche Bestzeiten gegenüber. Auf den langen Freistilstrecken ist Deutschland seit Jahren konkurrenzfähig – der Verdienst von Bernd Berkhahn und seiner enorm starken, internationalen Trainingsgruppe mit Wellbrock, Gose und Märtens.
Strukturelle Probleme beim DSV
Von Magdeburg allein hängt auch zukünftig viel ab, zu viel. In Berlin entwickelt sich unter Stützpunkttrainer Lasse Frank gerade eine zweite Gruppe für die Sprint- und Mittelstrecken - mit Köhler und Braunschweig als Zugpferden. Weitere Zentren müssen nachziehen. Ansonsten hängt das deutsche Schwimmen von Einzelbegabungen wie Lucas Matzerath, Anna Elendt und anderen - meist in den USA studierenden - Talenten ab.
Es gibt viele Baustellen, nicht nur im sportlichen Bereich, vor allem im Verband. Konzepte, Fördermittel, Talentförderung, Trainer. Nicht alles, aber vieles hängt am Geld. Vom nächsten Olympia-Zyklus bis Los Angeles 2028 dürfte maßgeblich abhängen, wie sich das deutsche Schwimmen entwickelt. Für Paris bleibt die Hoffnung auf die überschaubare Zahl der Top-Leute und möglichen Medaillengewinner.
Die schlechteste deutsche WM-Bilanz in Fukuoka ist bitter - aber keine Katastrophe.