Basketball, Eurocup, Alba Berlin vs. Elitzur Ramla (Quelle: IMAGO / camera4+)

Fehlende Vermarktungsmöglichkeiten Wenn Frauen-Teams im europäischen Wettbewerb draufzahlen müssen

Stand: 22.01.2025 08:40 Uhr

Die internationale Bühne ist für viele Vereine das Größte - auch im Frauen-Teamsport. Doch statt wirtschaftlicher Gewinne warten oft Verluste. Warum das europäische Geschäft für Klubs wie Alba Berlin oder den SC Potsdam kostspielig ist. Von Anton Fahl

Es stimmt: Manchmal ist dabei sein alles. Für die Basketballerinnen von Alba Berlin war allein das Mitmischen im Eurocup ein großer Erfolg. Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte präsentierte sich das Frauen-Team in der laufenden Saison als amtierender Deutscher Meister auf internationalem Parkett. Im zweithöchsten europäischen Basketball-Vereinswettbewerb.
 
"Die Teilnahme am Eurocup war ein großes Learning für uns. Dieses Level war für den Großteil unserer Spielerinnen absolutes Neuland – das wussten wir vorher", sagt Svenja Brunckhorst im Gespräch mit rbb|24. Seit dieser Spielzeit fungiert die 33-jährige Olympiasiegerin als Managerin für Mädchen- und Frauenbasketball bei Alba Berlin. "Wir sind als Rookies [Neulinge; Anm. d. Red.] in diesen Wettbewerb gegangen und wissen um unsere Entwicklung. Wir spielen unsere dritte Saison in der 1. Bundesliga. Es ist ein sehr positives Zeichen, dass wir schon jetzt im Eurocup mitspielen konnten."

Alba-Managerin Svenja Brunckhorst (imago images/Matthias Koch)
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Ein internationales Abenteuer ohne finanziellen Gewinn

Das Team von Trainer Cristo Cabrera schlug den israelischen Meister Elitzur Ramla im Rückspiel mit 76:71, doch die übrigen fünf Partien gingen verloren. Das internationale Abenteuer endete somit Ende November nach der Gruppenphase und war für den Hauptstadtverein - zumindest unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten - "ein Minusgeschäft", wie Brunckhorst bilanziert. Eine Größenordnung nennt sie dabei nicht.
 
"Es gibt keinerlei TV-Einnahmen vom Verband [FIBA Europe; Anm. d. Red.]. Uns bleiben reell also nur die Publikumseinnahmen aus unseren Heimspielen. Dagegen stehen Kosten für Reisen und Referees, die extrem sind", erläutert die Alba-Managerin. "An den Wochenenden - in der Bundesliga - sehen wir eine positive Entwicklung der Publikumszahlen. Die Frage ist, wie wir das in den kommenden Jahren auch bei den Spielen unter der Woche - auf internationaler Bühne - schaffen werden. Das ist eine große Aufgabe für uns." Doch für Brunckhorst ist klar: "Solange nicht irgendwann TV-Einnahmen zu erlösen sind, bleibt das internationale Geschäft für die meisten Vereine ein Minusgeschäft."

Im Damen-Teamsport ist es so, dass die europäischen Wettbewerbe ihre Fernsehrechte kaum zu nennenswerten Beträgen verkaufen konnten. Deshalb können sie auch keine nennenswerten Beträge an die teilnehmenden Teams ausschütten.

Die sportliche Attraktivität des europäischen Turniers steht also finanziellen Einbußen gegenüber. "Als Referenzpunkt haben wir immer den Fußball und die Champions League im Hinterkopf. Der Unterschied ist, dass die Fußball-Wettbewerbe, insbesondere bei den Herren, extrem kommerzialisiert sind und es dadurch im internationalen Wettbewerb mehr Geld zu verdienen gibt als im nationalen Wettbewerb", sagt Sportökonom Christoph Breuer, der als Professor für Sportmanagement an der Deutschen Sporthochschule Köln lehrt, gegenüber dem rbb.
 
"Im Herren-Handball und -Basketball mag sich das für die Vereine auch noch rentieren. Wenn wir aber auf den Damen-Teamsport schauen, ist es so, dass die europäischen Wettbewerbe ihre Fernsehrechte kaum zu nennenswerten Beträgen verkaufen konnten. Deshalb können sie auch keine nennenswerten Beträge an die teilnehmenden Teams ausschütten."

Die Frauen von Alba Berlin haben im EuroCup gegen Vilnius verloren. (IMAGO / Foot Bowl)
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"Das ist fast wie im Jugendsport"

Auf dieser Ebene handele es sich letztlich um klassische Sportvereine und keine Wirtschaftsunternehmen, so Breuer weiter. "Es geht darum, sportliche Reputation durch internationalen Erfolg zu steigern. Das ist aber nicht mit wirtschaftlichem Erfolg gleichzusetzen wie im Fußball."
 
Die Eurocup-Spiele werden kostenlos auf Youtube gestreamt, was den Wettbewerb einerseits vielen Menschen zugänglich macht und die Sichtbarkeit erhöht, andererseits aber zur Folge hat, dass die teilnehmenden Teams nichts einnehmen. Oder wie es Breuer formuliert: "Es muss Geld ins System kommen - und das große Geld kommt über Medienrechte rein. Die meisten Verbände sind klamm und müssen jeden Euro zwei Mal umdrehen. Es ist nicht so, dass da ein reicher Verband auf dem Geld sitzt", so der Sportökonom. "Es wird schon versucht, Kosten so gut es geht einzusparen. Wenn man sieht, wie die Teams in diesen Ligen unterwegs sind: Da wird nicht im Privatjet geflogen, sondern teilweise im Bus gefahren. Es wird versucht, jede Übernachtung zu sparen. Das ist fast wie im Jugendsport."
 
So bliebe den Vereinen nur die Möglichkeit, Sponsoren oder Mäzene für sich zu gewinnen, "für die diese internationale Schiene interessant ist. Die stehen aber nicht Schlange", meint Breuer. "Wir sprechen schließlich über Sport im semi-professionellen und nur teil-kommerzialisierten Bereich. Viele Spielerinnen und Spieler schaffen es dort auch gar nicht, ihren kompletten Lebensunterhalt aus dem Sport zu bestreiten."

Die Volleyballerinnen des SC Potsdam (Quelle: IMAGO / Beautiful Sports)

In dieser Saison erneut international unterwegs: Die Volleyballerinnen des SC Potsdam.

Einen ähnlichen Spagat aus sportlicher und wirtschaftlicher Herausforderung müssen in der laufenden Saison einmal mehr die Top-Volleyballerinnen aus Brandenburg meistern: Der SC Potsdam ist im Challenge Cup unterwegs, dem dritthöchsten europäischen Wettbewerb. Mit beachtlicher, sportlicher Zwischenbilanz: Nach dem Sieg im Viertelfinal-Hinspiel gegen den rumänischen Pokalsieger CSM Targoviste steht der SCP mit einem Bein im Halbfinale. Das Rückspiel findet am Mittwochabend (17 Uhr deutscher Zeit) statt. Am Vortag dieses Duells teilte der SC Potsdam mit: "Eine TV-Übertragung aus Targoviste wird es nach aktuellem Kenntnisstand nicht geben."

Gefragt nach dem finanziellen Reiz der internationalen Bühne, gewährt Eugen Benzel, Geschäftsführer der SC Potsdam Sport & Marketing GmbH, ähnliche Einblicke wie Brunckhorst: "Ganz blöd gesagt: Wir müssten ins Finale kommen, um sagen zu können, dass es wirtschaftlich Sinn macht", so Benzel. Nur etwa ein Viertel der Kosten, die für Reisen und Übernachtungen bei Auswärtsspielen anfielen, seien durch die Einnahmen aus dem Turnier zu decken. Pro Runde belaufen sich die Ausgaben, Benzel zufolge, auf eine Summe im niedrigen fünfstelligen Bereich.

Eugen Benzel, Geschäftsführer der Volleyballerinnen des SC Potsdam. Quelle: imago images/Conny Kurth
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Der SC Potsdam ist in dieser Saison erneut Teil der Spitzengruppe der Volleyball-Bundesliga. Nach dem Finanz- und Führungschaos im Sommer ist das durchaus überraschend - auch für Geschäftsführer Eugen Benzel.mehr

Wenn Gegner wie polnische Säfte klingen

Das ist allerdings nicht in allen Wettbewerben so. Auf höchster europäischer Ebene können Vereine durchaus Geld verdienen - auch im Frauen-Volleyball. "Das Bonus-System des CEV", des europäischen Volleyball-Verbands, sei in der Champions League "eine ganz andere Hausnummer". Durch die Teilnahme an der Königsklasse habe der SC Potsdam in der Vorsaison - dank der Bonuszahlungen für Spiele und Siege - "60.000 Euro verdient", sagt der Manager.
 
Aber: "Gegen Fenerbahce Istanbul war die Halle voll, gegen so einen Gegner ist die Zuschauerbeteiligung einfach größer. Im Challenge Cup haben wir vor ein paar Monaten gegen ZOK Ub gespielt, einen sehr guten Gegner aus Serbien", so Benzel weiter. "Das hört sich aber wie ein polnischer Saft an", sagt der SCP-Geschäftsführer mit einem Schmunzeln. In der Konsequenz strömen dann statt rund 2.100 Menschen nur etwas mehr als 600 Zuschauer in die Arena am Luftschiffhafen.
 
Doch neben der bisweilen ernüchternden finanziellen Komponente fällt ein anderer Aspekt genauso ins Gewicht: Die Teilnahme an internationalen Turnieren ist für Vereine essenziell, um ambitionierte Spielerinnen anzulocken. "Es geht um die Förderung junger Sportlerinnen und darum, für Begeisterung zu sorgen. Sie entscheiden sich nicht nur für Potsdam, weil wir einen guten Trainer, gute Infrastruktur und gute Trainingsbedingungen haben, sondern auch, weil wir international spielen. Das ist ein wichtiges Argument in Verhandlungen", sagt Benzel.

Jenna Ewert, Volleyballspielerin des SC Potsdam (Quelle: IMAGO / Beautiful Sports)
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Sport als Völkerverständigung: unbezahlbar

Zumindest fließt von staatlicher Seite monetäre Unterstützung für den internationalen Wettbewerb. Schließlich ist der SC Potsdam - als größter Sportverein Brandenburgs - ein Aushängeschild für Bundesland und Landeshauptstadt. Diese unterstützen den Klub finanziell, "um die Kosten einigermaßen einzudämmen", sagt Benzel.

Zumal die Teilnahme an internationalen Turnieren größer als der Sport sei, "eine Art der Völkerverständigung, die einen anderen Wert hat. Letzte Saison, als wir gegen Fenerbahce gespielt haben, hatten wir eine ausverkaufte Bude mit tollen, türkischen Fans. Der türkische Botschafter war in Potsdam zu Besuch, der Konsul ist vorbeigekommen", erinnert sich Eugen Benzel an das denkwürdige Duell mit dem Traditionsverein aus Istanbul. "Und unsere Mannschaft wird durch die internationalen Reisen noch enger zusammengeschweißt. Das sind für die Spielerinnen aufregende Erfahrungen und Abenteuer, die auch ein Grund dafür sind, warum junge Talente dranbleiben wollen."
 
Während in der Geschäftsführung weiter in Taschenrechner getippt wird, steht für die Athletinnen der sportliche Erfolg im Fokus: Für die Volleyballerinnen des SC Potsdam lebt in dieser Saison der Traum vom ersten europäischen Titel.