
Zweite Fußball-Bundesliga Problemzonen und Lerneffekte: Fünf Erkenntnisse aus Herthas Unentschieden gegen Magdeburg
Gegen Magdeburg läuft Hertha BSC vor allem in der ersten Halbzeit gehörig hinterher. Fünf Gründe, warum es am Ende doch zum Punktgewinn reichte - aber nicht zu mehr. Von Ilja Behnisch
Hertha kann sich anpassen
Mit einem Expected-Goals-Wert von 1,67 zu 0,78 ging der 1. FC Magdeburg gegen Hertha BSC in die Pause. Gefühlt hätte man sich auch über ein 3:1 der Gäste nicht wundern müssen. Die auswärtsstärkste Mannschaft der zweiten Liga dominierte die Partie ab der dritten Minute fast nach Belieben. Umso erstaunlicher, dass sich das Bild in der zweiten Halbzeit überhaupt nicht bestätigte. Die Berliner wirkten nun deutlich klarer in ihrem Spiel, ließen sich nicht mehr so sehr stressen vom Magdeburger Pressing und erzeugten immer wieder Ruhephasen bei eigenem Ballbesitz. Auch ließ sich das Team vor lauter Angst nicht mehr so tief in die eigene Hälfte drängen, wie noch in den ersten 45 Minuten. Kurzum: Die Analyse in der Halbzeit-Pause schien gesessen zu haben. Und besser noch: Die Mannschaft konnte umsetzen, was daraus abgeleitet wurde. Erst Recht, als mit Florian Niederlechner ein klarer Zielspieler in die Partie kam (65.), der es Fabian Reese ermöglichte, auf den Flügel auszuweichen, wo er an diesem Abend entschieden besser aufgehoben war.

Ibrahim Maza ist ein Mensch
Es war die vielleicht schwächste Vorstellung des 19-jährigen Mega-Talents in den letzten Wochen. Das darf er aber durchaus positiv sehen. Denn zum einen hat das Spiel gegen giftige Magdeburger gezeigt, dass er durchaus noch Baustellen hat, an denen es zu arbeiten gilt. So verpasste Maza immer wieder den richtigen Zeitpunkt für das Abspiel. Oder aber er verlor den Ball durch viel zu riskante Dribblings in gefährlichen Zonen. Heißt aber auch: Der Junge ist ein Mensch. Davon war nach den starken Leistungen zuvor nicht unbedingt auszugehen.
Die Standards haben Ausbau-Potential
Klingt komisch, schließlich war es ein Freistoß von Michael Cuisance, den Linus Gechter in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit zum 1:1 ins Glück schädelte. Dennoch. Die vier Ecken versandeten mehr oder weniger uninspiriert im Berliner Frühlingsabend. Auch die sonstigen Freistoß-Versuche liefen eher unter dem Motto "wird schon", als das sie einem klaren Plan zu folgen schienen. Auffällig war das insbesondere in der vierten Minute der Nachspielzeit, als Cuisance von der rechten Seite und auf Höhe des Strafraums nochmals die beste Möglichkeit besaß, für Gefahr zu sorgen. Doch der Franzose mit dem feinen linken Fuß prügelte den Ball scheinbar ohne Hintergedanken in die Mitte. Dass es bei Standards aber mehr geben darf als das Prinzip Hoffnung, lässt sich beim Stadtrivalen Union Woche für Woche bestens studieren.

Die Linksverteidiger-Position bleibt eine Baustelle
Für den defensiv griffigen, offensiv aber häufig harmlosen und gegen Magdeburg gelb-gesperrten Deyovaisio Zeefuik durfte sich einmal mehr der vom rechten Flügelstürmer zum linken Schienenspieler umgeschulte Marten Winkler probieren. Und während man etwa beim Spiel in Köln noch durchaus Phantasie entwickeln konnte, warum das eine gute Idee sein könnte, ließ einen diese Partie etwas ernüchtert zurück. Defensiv deckte er viel Raum und wenig Gegenspieler. Offensiv trat Winkler überhaupt nicht in Erscheinung. Dabei wäre er mit seiner Geschwindigkeit durchaus prädestiniert gewesen, die hoch aufgerückten Magdeburger in Umschaltmomenten schlicht zu überlaufen. Doch entweder fehlte ihm das Gespür für den richtigen Moment, den Mitspielern die Fähigkeit, überhaupt ins Umschalten zu kommen oder aber Winkler im letzten Drittel einmal mehr die Ruhe und Genauigkeit in der finalen Aktion.
Die Stimmung ist erstklassig
62 Tausend Zuschauer waren es letztlich, die an einem wunderschönen Frühlingsabend den Weg ins Berliner Olympiastadion fanden. Die Sonne legte sich ins Zeug und über das weite Runde, als wolle sie auch das letzte Fan-Herz mit einer weiteren Saison zweiten Liga versöhnen. Weil auch die Gäste aus Magdeburg mit rund 15 Tausend Fans zugegen waren, entwickelte sich neben einem zumindest in der ersten Halbzeit unterhaltsamen Spiel eine mindestens ebenso prächtige Stimmung. Und weil die Hertha am Ende zwar die unterlegene Mannschaft war, aber nicht einmal verloren hat, könnte man ihren Fans fast zurufen, dass die Liga-Zugehörigkeit doch eigentlich fast schon egal ist, angesichts des erstklassigen Rahmens. Zumal man der alten Weisheit, das Olympiastadion sei nur dann so richtig atmosphärisch, wenn es ausverkauft ist, inzwischen entgegen halten kann: Knapp 60 Tausend reichen dicke. Andererseits: Der nächste matschig-graue November kommt so sicher wie die nächste Trainer-Entlassung. Bitter.
Sendung: rbb|24 Inforadio, 25.04.2025, 22:15 Uhr