Frauenfußballmannschaft beim Training, 1951

Torsten Körner, Regisseur von Frauenfußball-Doku Regisseur von "Mädchen können kein Fußball spielen": "Frauenfußball wurde lächerlich gemacht"

Stand: 24.04.2025 17:31 Uhr

Die Doku "Mädchen können kein Fußball spielen" eröffnet das Fußballfilmfestival 11mm. Torsten Körner rückt darin Frauen in den Fokus, die gegen Widerstände kickten. Im Interview spricht er über Motive und kulturelle Erinnerungslücken.

rbb: Herr Körner, durch Ihren Film "Mädchen können kein Fußball spielen" habe ich gelernt, dass der Deutsche Fußballbund von 1955 bis 1970 Frauenfußballvereine verbot.
 
Torsten Körner: Das ist krass, wenn man das im Rückblick bedenkt. Ich bin 1965 geboren. Zu dem Zeitpunkt untersagte der DFB den Frauen noch das Fußballspielen auf seinen Plätzen.
 
Sie sprechen in dem Film auch von Sexismus gegenüber den kickenden Frauen.
 
Es war insgesamt eine sexistische Struktur. Sexismus meint ja viel mehr als nur belächelt zu werden. Sondern das bedeutet auch, in obszöner Weise betrachtet zu werden, zurückgestellt zu werden, keine Chancengerechtigkeit zu haben. Auch die Medien haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Man hat noch in den 70er, 80er Jahren den Frauenfußball lächerlich gemacht: Die Kamera, die fast ausschließlich von Männern geführt wurde, hatte einen sexualisierten Blick auf den Frauenfußball und es wurde lange Zeit viel getan, die Frauen nicht ernst zu nehmen, die Fußball spielen.

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Wie schwierig war es, Archivmaterial von fußballspielenden Frauen aus der Zeit zu besorgen?
 
Wir haben natürlich intensiv recherchiert und dabei auch viele Perlen gefunden. Aber tatsächlich gehörte zum Problem des Frauenfußballs, dass es medial keine Erinnerungsketten oder Traditionsketten gab, auf die sich Frauen hätten positiv beziehen können.
 
Das müssen Sie erklären.
 
Jeder Junge, der in Deutschland aufwuchs, konnte sich auf seine Helden wie beispielsweise Gerd Müller oder Franz Beckenbauer positiv beziehen. Aber weil die Kameras so selten beim Frauenfußball dabei waren, sind viele Heldinnen einfach nicht gesehen worden. Ganz viele wunderbare Tore, die geschossen wurden, sind nie begleitet worden von den Medien. Und das sind Lücken. Wir haben versucht, diese Lücken zu füllen und positive Bezugspunkte auch für jüngere Spielerinnen zu finden.

Wir lernen im Film Frauen kennen wie Anne Trabant-Harbach oder Birgit Bormann, die zahlreichen Einschränkungen ausgesetzt waren. Wie konnten sie trotzdem Fußball spielen?
 
Sie haben einen starken Selbstbehauptungswillen gehabt und haben sich Plätze gesucht, die nicht dem DFB unterstanden. Sie haben sich von ihrer Leidenschaft nicht abbringen lassen. Es sind aber teilweise auch Mädchen und Frauen gewesen, die den Anschluss an den Fußball verloren haben oder vier, fünf Jahre pausieren mussten, bis sie dann in einer nächstgrößeren Stadt die Möglichkeit hatten, an einen liberaleren Verein oder eine Frauengruppe Anschluss zu finden. Gerade in den 50er Jahren mussten Frauen, die teilweise mit Steinwürfen vor den Plätzen vertrieben worden sind, eine ungeheure Energie aufbringen, um das durchzuhalten gegen den geballten männlichen Widerstand.
 
Auch nach 1970 gab es kuriose Vorstöße des DFB.
 
Als der DFB das Frauenfußballverbot aufhob, meinte er dennoch, die Frauen beschützen zu müssen. Sie sollten nicht mit so schweren und großen Bällen spielen, sie sollten nicht bei schlechtem Wetter spielen. Sie sollten einen Brustpanzer tragen, durften nicht 2x45 Minuten spielen, weil man Angst um die Gesundheit der Frauen hatte. Selbst da mussten Frauen noch um Teilhabe in der Gesellschaft kämpfen. Diese Benachteiligung des Frauenfußballs ist ein strukturelles Problem, was teilweise immer noch anhält.
 
Sie sind Vater zweier Töchter. Haben die den Film schon gesehen?
 
Am Donnerstag ist die Premiere in Berlin – und da werden sie ihn das erste Mal sehen. Ich habe aber gleichzeitig dazu ein Buch geschrieben, das in diesen Tagen unter dem Titel "Wir waren Heldinnen" erscheint. Aus dem Manuskript las ich ihnen teilweise vor, weil ich wissen wollte, ob das eine Sprache ist, die sie erreicht. Und sie haben gar nicht glauben und fassen können, dass es so etwas wie ein Frauenfußballverbot tatsächlich gegeben hat. Mich hat es auch beim Gucken fassungslos gemacht.

Vielen Dank fürs Gespräch!
 
Das Interview führte Susanne Papawassiliu.
 
Hinweis: Beim vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte, redigierte Fassung des Interviews.

Sendung: Radio 3, 23.04.2025, 17:40 Uhr