Minerva Hase und Nikita Volodin nach der WM-Kür (picture alliance/Charles Krupa)

Eiskunstläuferin Minerva Hase Eiskunstläuferin Hase über WM-Silber: "Ich war sehr nervös, habe gefühlt hyperventiliert"

Stand: 28.03.2025 18:28 Uhr

Zusammen mit Nikita Volodin hat die Berlinerin Minerva Hase bei der Eiskunstlauf-WM in Boston ihre famose Saison gekrönt und Silber geholt. Dabei sei sie vor der Kür "sehr nervös" gewesen, sagt sie. Aus einem ganz besonderen Grund.

rbb|24: Frau Hase, wie kurz war die Nacht nach Ihrem Silbermedaillen-Gewinn? Eignet sich Boston als Party-Stadt?
 
Minerva Hase: Tatsächlich haben wir noch gar nicht gefeiert. Wir gehören mittlerweile aber auch zu den älteren unter den Eiskunstläufern.
 
Und das mit 25.
 
Vor allem merkt man, dass diese WM emotional, mental und physisch einfach sehr anstrengend war. Dazu kommen nach so einen Wettkampf immer noch super viele Interviews. Wenn man dann im Hotel ist, möchte man eigentlich nur noch ins Bett und versuchen zu schlafen. Wobei das nicht geklappt hat.

Das hört man von vielen Sportlern: dass das Abschalten einfach nicht gelingt. Was hat Sie die Nacht über beschäftigt?
 
Der Moment in der Endpose. Der Moment in dem ich wusste: Wir haben es geschafft. Der hat sich immer und immer wieder abgespielt in meinem Kopf. Und dann bin ich mehrfach die Kür durchgegangen und habe Kleinigkeiten nachgespürt, die ich währenddessen vielleicht gar nicht so wahrgenommen habe.

Nikita Volodin und Minerva Hase gewinnen WM-Silber (imago images/AFLOSPORT)
Berliner Eiskunstlauf-Paar Hase/Volodin krönt starke Saison mit Silber
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Zum Beispiel?
 
Dass wir eine Standing Ovation hatten während der Kür. Das sind so Dinge, die kommen erst nach und nach bei einem an. Außerdem ist es in Deutschland so langsam Morgen geworden. Die Leute sind aufgewacht, haben mitbekommen, was passiert ist, und dann kamen die Nachrichten rein. Vielleicht hat mich das sogar am meisten wachgehalten, dass ich immer mein Handy gecheckt habe.
 
Aus guten Gründen. Nicht nur, dass Sie nun Vize-Weltmeisterin sind - Sie haben auch direkt nach der Kür gesagt, es sei die beste Ihrer gesamten Saison gewesen.
 
Es war einfach alles auf den Punkt da. Der letzte Lift war vielleicht nicht perfekt, aber ansonsten waren alle Elemente technisch sauber. Bei den Wettkämpfen davor waren immer mal so kleine Wackler drin. Und dazu kam eine Emotion während der Kür, dass ich hinterher das Gefühl hatte, eigentlich 110 Prozent gegeben zu haben. Das ist es vielleicht. Dass man vom Eis geht und weiß: Ich habe meinen Job gemacht. So ein Programm hat man nicht oft in der Karriere. Dabei hätten Sie mich mal davor im Backstage-Bereich sehen sollen.

Klingt nach Muffensausen.
 
Ich habe gefühlt hyperventiliert. Ich war sehr nervös, hatte Angst, dass es schief gehen könnte. Aber in dem Moment, in dem die Musik losging, war der Kopf wie leer gefegt. Das ist es, was man will. Dass man aufhört, über alles nachzudenken. Dass der Körper übernimmt. Als dann die Sprungkombination geschafft war, ist mir aber noch mal ein riesiger Stein vom Herzen gefallen.
 
Also war der Kopf doch noch da.
 
Für einen kurzen Moment habe ich tatsächlich gedacht: Egal was jetzt passiert, ich habe meine Kombi geschafft. Dieses Element hat mir in den letzten zwei Wochen so viele Sorgen bereitet. Weil es im Training einfach nicht klappen wollte. Im nächsten Moment war da aber auch schon der Gedanke: Jetzt erst recht. Denn das war auch unser Plan - im ersten Teil ein bisschen gefasster zu bleiben und dann zum Ende hin noch mehr Emotionen reinpacken.

Das Publikum haben Sie jedenfalls erreicht damit. Die Begeisterung war greifbar.
 
Ich habe sogar unsere Trainingspartner jubeln hören, nachdem die Kombi geklappt hat. Die wussten ja, wie gestresst ich war von diesem Element. Und zum Ende der Kür hin wurde die ganze Arena immer lauter und lauter. Das haben wir schon mitbekommen. Das gibt auch nochmal richtig Energie.
 
Am Ende sind Sie denkbar knapp an Gold vorbei geschlittert. Gestern sagten Sie: "Schade, dass es so knapp war."
 
Natürlich. Aber wir bereuen gar nichts. Wir sind mit beiden Programmen mehr als zufrieden, haben in diesem Wettkampf das Maximum aus uns herausgeholt. Und sind super glücklich, dass wir in der zweiten Saison unserer Partnerschaft so eine Kür abliefern konnten beim wichtigsten Wettkampf der Saison. Deshalb ist die Freude viel größer als die Trauer darüber, was man eventuell ganz knapp verpasst hat.

Minerva Hase und Nikita Wolodin bei der WM | Bild: IMAGO/AFLOSPORT
"In der Kür kannst du die Sau rauslassen und richtig powern"
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Und was für eine Saison das war! Mit dem EM-Titel und dem Sieg beim Grand-Prix-Finale und nun WM-Silber. Jetzt ist sie vorbei und damit auch das Programm. Inklusive der Musik, inklusive Vivaldis "Vier Jahreszeiten". Traurig oder froh, weil überhört?
 
Es ist immer ein lachendes und ein weinendes Auge. Ich mag es total, neue Programme zu entwickeln. Und ich glaube auch, dass wir uns als Paar so sehr weiter entwickelt haben, dass man so ein bisschen aus dem Gewohnten raus wächst. Aber wir verbinden damit auch so viele positive Momente, dass es schon auch traurig ist, die Programme gehen zu lassen.
 
Steht die Musik für die kommende Saison denn schon fest?
 
Das geben wir noch nicht preis. Da wollen wir die Spannung ein bisschen hochhalten.

Ändert sich denn Ihre eigene Erwartungshaltung, jetzt, da Sie unumstößlich zur Weltspitze gehören?
 
Wir wollten auch vor dieser Saison an die Spitze. So gehen wir auch die Zukunft an. Aber es war schön und wichtig, eine so erfolgreiche, vor-olympische Saison zu haben. Das gibt uns viel Selbstbewusstsein. Und damit sind wir auch in den Köpfen der Menschen und Preisrichter.
 
Eine besondere Erwartungshaltung lastet auf Ihrem Partner, Nikita Volodin. Für die Einbürgerung, die es für den gemeinsamen Olympia-Start braucht, muss er den Deutsch-Test bestehen. Wie gut spricht er inzwischen?
 
Es wird von Tag zu Tag besser. Er nimmt das sehr ernst und macht sehr viel. Ich glaube, wir sind da auf einem sehr guten Weg, dass das auch alles rechtzeitig funktioniert.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview wurde führte Ilja Behnisch.

Sendung: rbb24, 28.03.2025, 22 Uhr