Magnus Carlsen zieht eine Schachfigur.

NDR-Sport Schachstar Carlsen und St. Pauli: Das Trikot hing schon im Schrank

Stand: 08.01.2025 14:19 Uhr

Am Sonnabend gibt Schach-Superstar Magnus Carlsen sein Debüt für Bundesliga-Aufsteiger FC St. Pauli. Eine Verbindung zum Club und nach Hamburg hat der Norweger schon länger - und doch ging es auch darum, ihm bei den Braun-Weißen einen "Wohlfühl-Faktor" zu bieten.

Von Tobias Knaack

Dass aus Niederlagen durchaus etwas Positives erwachsen kann, das kann Oliver von Wersch bestätigen. Welche Partie es genau war und wie hoch die Niederlage der Fußballer des FC St. Pauli ausfiel, daran kann er sich zwar nicht erinnern. "Aber es gab ganz schön auf die Mütze", das weiß der stellvertretende Schachabteilungsleiter beim FCSP noch. Von Nachteil aber war das wohl nicht. Im Gegenteil.

Denn obwohl die Kiezkicker ihre Partie zu Hause klar verloren, hinterließ die Stimmung am Millerntor, die trotz der Pleite unablässige Unterstützung von den Rängen, Eindruck bei einem jungen Norweger. Offenbar so sehr, dass sich dieser hernach ein Trikot des Clubs kaufte, wie von Wersch erzählt.

Der Name dieses jungen Norwegers: Sven Magnus Øen Carlsen. Kurz: Magnus Carlsen. Schach-Superstar, Weltmeister von 2013 bis 2023, bis er auf eine Verteidigung des Titels verzichtete, Weltranglistenerster und am Sonnabend erstmals für St. Pauli in der Bundesliga am Brett.

"Magnus macht Sachen aus Spaß."
— Oliver von Wersch, stv. Schachabteilungsleiter beim FCSP

Natürlich, so von Wersch, musste noch etwas mehr passen, dass es zu der "Kombination der beiden Marken" kam. Der emotionale Grundstein aber, dass "dort ein cooler Club ist", der sei eben durchaus bei jener Partie im Millerntor gelegt worden, erzählt der 56-Jährige im NDR Gespräch: "Magnus macht Sachen aus Spaß."

Um überhaupt eine Chance zu haben, Carlsen in die Hansestadt zu locken, mussten aber auch die Rahmenbedingungen stimmen: finanziell und strukturell. Ein wichtiger Partner der Schachabteilung St. Paulis in dieser Hinsicht ist der Hamburger Unternehmer Jan Henric Buettner, Gründer der Weissenhaus Chess Academy, einer norddeutschen Schach-Nachwuchsschmiede.

Unternehmer Buettner und der Carlsen-Deal

"Wir haben immer mehrere Finanzierungsquellen", erklärt von Wersch. So gibt es zwei weitere große Sponsoren, aber auch ein Spendermodell sowie Ticketerlöse. "Anders geht das hier im Club auch nicht." Eine der wichtigsten Figuren im Carlsen-Deal aber war Buettner, der nicht nur Geldgeber, sondern auch Netzwerker ist.

Der Unternehmer, der einst das Internet-Portal AOL Europe mit aufbaute, hatte den Norweger bereits zu Beginn des vergangenen Jahres für ein Freestyle-Schachturnier im Gut Weissenhaus gewinnen können, die "Freestyle Chess G.O.A.T. Challenge".

Auf Wunsch Carlsens wurde dort "Fischer Random" gespielt, eine vom einstigen US-amerikanischen Weltmeister Bobby Fischer erdachte Variante des Schachs, bei der die Figuren auf der Grundlinie per Zufallsprinzip aufgestellt werden. Die Idee: mehr Gewicht auf der Kreativität und dem Talent des Spielers als auf dem Analysieren von Eröffnungen.

Sechs weitere Neuzugänge

Am Sonnabend (14 Uhr) gegen Solingen und am Sonntag (10 Uhr) gegen Düsseldorf wird in der Bundesliga klassisches Schach gespielt. Und dass Carlsen das am Brett für St. Pauli tut, hat auch damit zu tun, dass Sebastian Siebrecht, Direktor von Buettners Weissenhaus Chess Academy und selbst Schach-Großmeister, seine Kontakte nach Skandinavien spielen ließ und weitere knüpfte, um ein Team um den Superstar herum aufzubauen.

"Nachdem klar war, dass wir Magnus Carlsen für den FC St. Pauli gewinnen, wollten wir in Abstimmung mit dem Verein das Team um Spieler ergänzen, die die Mannschaft signifikant verstärken. Es lag nahe, dass wir uns zuerst in Magnus' Umfeld umschauen", hatte Siebrecht im Juni vergangenen Jahres erklärt, als der Club unter dem Titel "Die Wikinger kommen nach St. Pauli" neben Carlsen noch sechs weitere Neuzugänge präsentierte.

Die drei besten Norweger sowie der beste Kumpel im Team

So konnten die Braun-Weißen gleich vier weitere Top-100-Großmeister überzeugen, für den Club zu spielen - darunter die beiden 25-jährigen Johan-Sebastian Christiansen und Aryan Tari, die Nummer zwei und drei der norwegischen Rangliste, sowie der erst 19 Jahre alte Jonas Buhl Bjerre, die Nummer eins Dänemarks.

Hinzu kommt noch David Howell. Der englische Nationalspieler ist durch seinen Wohnort Oslo und seine enge Freundschaft mit Carlsen zum Wikinger geworden. Der Däne Peter Heine Nielsen, Carlsens langjähriger Chefcoach, ist ebenfalls mit an Bord.

"Wir wollten ein Team, das als Team funktionieren kann, aber auch einen Wohlfühl-Faktor für Magnus."
— Oliver von Wersch, stv. Schachabteilungsleiter beim FCSP

Es sei, so erklärt von Wersch, bei der Kaderzusammenstellung um mehrere Faktoren gegangen: Darum, "ein Team aufzustellen, das als Team funktionieren kann" sowie einen "Wohlfühl-Faktor für Magnus" zu kreieren. Zudem sei es hilfreich gewesen, dass sich das Aufstiegsteam offen für Verstärkungen gezeigt habe. "Wir alle waren uns einig, dass wir den FC St. Pauli in der Bundesliga etablieren wollen, wenn sich die Chance dafür bietet."

Das sei ein Balanceakt gewesen und eine "große Moderationsaufgabe, denn für uns ist auch wichtig, dass unsere Aufstiegsmannschaft zu Einsätzen kommt". Und doch "mussten wir auch ein, zwei harte Entscheidungen treffen".

Entscheidungen, die möglich machen, dass Carlsen an Brett eins des FCSP sitzt und ab Sonnabend neben dem Trikot mindestens zwei weitere St.-Pauli-Textilien besitzt: das Team-Hemd und den Team-Hoodie. Die werde er wie seine neuen Teamkollegen tragen, sagt von Wersch.

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 12.01.2025 | 22:50 Uhr