Sportmedizin Macht Sport doch nicht schlauer? Meta-Studie findet keinen direkten Zusammenhang
Sportliche Aktivitäten wirken sich in vielerlei Hinsicht positiv auf den Körper aus. Bisher nahm man an, dass dadurch auch die Denkfähigkeiten gestärkt werden. Eine groß angelegte spanische Untersuchung hat dafür zumindest keinen direkten kausalen Zusammenhang gefunden.
Sport hat – im richtigen Maß – unglaublich viele positive Effekte. Schon wenige Minuten Bewegung am Tag lassen uns länger und gesünder leben. Praktisch im Wochentakt erscheinen neue Studien, die das immer wieder bestätigen. Auch ein Zusammenhang zwischen gesundem Körper und gesundem Geist wird dabei immer wieder hergestellt, getreu dem alten Zitat vom "mens sana in corpore sano", dem gesunden Geist im gesunden Körper. Vollständig lautet das gut 1.900 Jahre alte Zitat des römischen Dichters und Satirikers Juvenal übrigens "orandum est, ut sit mens sana in corpore sano", man solle darum beten, dass sich ein gesunder Geist mit einem gesunden Körper verbinden möge.
Doch bedeutet gesunder Geist auch kluger Geist? Kann Sport uns nicht nur fitter, sondern auch schlauer machen. Selbst die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt Sport zur Aufrechterhaltung eines gesunden kognitiven Zustands, nachweislich bei Kindern und Jugendlichen. Klingt logisch, aber es gibt ein Problem. Wir haben bisher keinen klaren wirklichen wissenschaftlichen Nachweis dafür. Das zumindest sagen Forschende der Universität von Granada in Spanien. Dabei haben sie wirklich sehr intensiv danach gesucht, mit einer Metastudie der Metastudien.
109 Studien mit 11.266 Teilnehmenden
24 solcher Meta-Studien, also Übersichten über die jeweils aktuelle Studienlandschaft zu einem bestimmten Thema, haben die Forschenden um den Neuro- und Sportwissenschaftler Dr. Luis F. Ciria analysiert. Denen lagen wiederum insgesamt 271 Primärstudien zugrunde. Wichtig war dabei, dass nur sogenannte randomisierte Untersuchungen miteinbezogen wurden, bei denen durch die Nutzung einer Kontrollgruppe auch die Kausalität zumindest teilweise überprüft werden kann. So blieben am Ende 109 Studien mit 11.266 Teilnehmenden übrig.
Letztlich zeigte sich, dass die geringen positiven Effekte des Sports auf die Intelligenz, die einige Studien ergeben hatten, zum Teil auf ungenauen Messungen beruhten, auf falschen Methoden oder Verallgemeinerungen, Fehlen solider theoretischer Modelle der beschriebenen Mechanismen. Das habe auch mit einem Druck auf die Forschenden zu tun, der wiederum dazu führe, dass Forschungsergebnisse übertrieben vereinfacht oder dramatisiert werden. Mit anderen Worten: Die Schlagzeilen müssen passen, Nuancen und Einschränkungen fallen dann weg. Wozu das führt, beschreiben die Forschenden in der Studie so: "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wirkung von Bewegung auf die Kognition, über die in früheren metaanalytischen Übersichten berichtet wurde, wahrscheinlich überschätzt wurde."
Hören Sie nicht auf, Sport zu treiben
Die Autoren der aktuellen Studie betonen jedoch, dass ihre Ergebnisse nur bedeuten, dass sie keinen direkten Zusammenhang finden konnten – dies aber nicht unbedingt heißt, dass Sport nicht doch gut für die kognitiven Fähigkeiten sein könnte und erst recht keine negativen Effekte darauf habe. Zudem reichten bereits die positiven Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit aus, um eine sportliche Betätigung aus medizinischer Sicht zu empfehlen. Sport biete zudem "nicht nur körperliche, sondern auch soziale Vorteile", so die Studie, da wir uns dabei mit anderen verbinden, indem wir soziale Bindungen knüpfen und an kollektiven Aktivitäten teilnehmen, die uns ein Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln. "Vergessen wir schließlich nicht das Vergnügen, etwas um seiner selbst willen zu tun. Der Wert des Trainings kann einfach in seiner angenehmen Natur liegen."
Links/Studien
Luis F. Cira et al.: An umbrella review of randomized control trials on the effects of physical exercise on cognition erschienen in "nature human behaviour"
cdi/gp