Fußball | Regionalliga Heavy Metal, Psychologie und Wohnmobil - so tickt der neue HFC-Trainer Zimmermann
Seit Dienstag steht Mark Zimmermann als neuer Trainer des Halleschen FC fest. Mit dem gebürtigen Thüringer hat eine für den Profifußball eher ungewöhnliche Persönlichkeit unterschrieben. Wie tickt der Coach?
Mit Heavy Metal, Wohnmobil, Sportpsychologie und Offensivfußball – so will Mark Zimmermann, der neue Trainer von Drittliga-Absteiger Hallescher FC, mit dem HFC die baldige Rückkehr in den Profifußball schaffen. Bei seiner Vorstellung am Dienstag (4. Juni 2024) sprach Zimmermann nicht nur über seine Fußballphilosophie, sondern offenbarte auch einige Aspekte einer außergewöhnlichen und reflektierten Trainer-Persönlichkeit.
Seit einem Jahr im Bully unterwegs
Außergewöhnlich und vermutlich sogar einmalig für einen ambitionierten Fußballtrainer zum Beispiel die Unterkunft: Zimmermann lebt in einem Wohnmobil. Die letzte Nacht vor seiner Vorstellung schlief der Coach in seinem Bully – irgendwo in Halle. Wo, wollte der 50-Jährige nicht verraten, denn "ich will ja nach dem Feierabend meine Ruhe haben. Und vielleicht schlafe ich heute Nacht dort wieder", wie er lächelnd sagt.
Mark Zimmermann: Der Trainer und sein Wohnmobil.
"Ich liebe Freiheit und Natur"
Nicht nur vor seiner Vertragsunterschrift beim HFC reiste Zimmermann im Camper – seit einem Jahr reist der frühere Jenaer mit der mobilen Unterkunft durchs Land. Im Winter wie im Sommer. "Ich liebe es, ein bisschen mehr Freiheit zu haben, in der Natur zu sein. Da kam mir das letzte Jahr, als ich ohne Job war, entgegen", spricht Zimmermann über seine Zeit nach dem Ende seines Vertrages bei der U23 des 1. FC Köln. Ein Jahr war Zimmermann im Bully unterwegs. "Das war nicht geplant. Aber da war so vieles nicht geplant. Für mich war es eine wichtige Erfahrung im Leben."
Verzicht als Thema
Zimmermann genoss die Freiheit, aber er nutzte die Zeit ohne Tätigkeit auch, um sich weiterzubilden. "Ich habe bei verschiedenen Vereinen hinter die Kulissen geschaut und Kontakte geknüpft." Zimmermann bildete sich als Mentalcoach weiter. Und musste sich mit ganz lebenspraktischen Dingen wie der Anzahl der Klamotten im begrenzten Wohnmobil auseinandersetzen: "Verzicht war ein großes Thema im letzten Jahr."
Immerhin: Auf ein morgendliches Spiegelei musste der einstige Bundesliga-Aufsteiger mit der SpVgg Unterhaching nicht verzichten. "Ich habe im Bus alles, was ich für den täglichen Bedarf brauche. Aber ich frühstücke nicht jeden Morgen gebratenes Ei."
Meyer: "Zimmermann passt zur Region"
Für Halles Sportdirektor Daniel Meyer steht die Anekdote um Zimmermanns Wohnsituation vor allem für eins: "Ich denke, dass er ein sehr bodenständiger Typ ist. Das passt zu unserer Region", erklärt der 44-Jährige. "Der Trainer strahlt viele Dinge aus, die den Leuten sympathisch sind."
"Er kann Spieler besser machen"
Zudem habe sich der Verein für Zimmermann entschieden, weil der Coach nachgewiesen habe, "dass er Spieler besser machen kann, in Jena und in Köln." Mit Carl Zeiss stieg er 2017 aus der Regionalliga in zwei Relegationsspielen gegen Viktoria Köln in die 3. Liga auf. Von seinen Spielern bei 1. FC Köln II schafften es unter anderem die Angreifer Damion Downs und Florian Dietz, Mittelfeldspieler Mathias Olesen sowie Abwehrspieler Elias Bakatukanda in den Bundesliga-Kader der Kölner. Bei HFC-Kontrahent 1. FC Magdeburg schaffte mit Tim Sechelmann ein ehemaliger Zimmermann-Spieler den Sprung in die 2. Liga.
Nächster Rückkehrer: Auch Wosz wieder im HFC-Trikot
Damit beim Halleschen FC, der am Mittwoch (5. Juni 2024) mit Joscha Wosz bereits den fünften Spieler mit HFC-Vergangenheit zurückholte, viele Spieler den nächsten Schritt machen können, kommt es laut Zimmermann darauf an, "dass man eine Teamchemie entwickelt und innerhalb des Vereins klar kommuniziert." Dabei helfen könnte dem einstigen Angreifer eine Mentalcoach-Ausbildung: "Ich wollte mich als Trainer in der Kommunikation mit Spielern und meinen Kollegen weiterentwickeln. Man sagt ja nicht nur zum Spaß, dass vieles im Kopf entschieden wird", erklärt Zimmermann.
Meyer zieht Köhler-Parallele
Bis zu diesem Punkt geht Meyer klar mit dem neuen HFC-Trainer mit. In Sachen Kontinuität sieht Meyer sogar Parallelen zu einer HFC-Legende: "Ich habe in meiner Zeit in Halle Sven Köhler erlebt. Ich glaube, wir könnten mit Mark Zimmermann in eine ähnliche Richtung gehen."
"Hardrock im Stadion"
An einem Punkt liegen der Sportchef und sein Coach aber offensichtlich quer. Zimmermann ist bekennender Heavy-Metal-Fan, ist schon mal mit einem "AC/DC"-T-Shirt zu sehen oder war Werbefigur der "Wacken Foundation", die 2017 als Brustsponsor den FC Carl Zeiss Jena unterstütze. "Da müssen wir uns noch einmal abstimmen", erklärt Meyer diplomatisch. Statt Heavy Metal in der Kabine wünscht sich Meyer "Hardrock im Stadion. Er war früher Stürmer. Und da können wir gern unter Heavy Metal das gegnerische Tor belaufen."
Zimmermann: Schlechte Erfahrung als Kabinen-DJ
Musik-Entwarnung gab es auch schon für die Spieler. Zimmermann fühlt sich nicht berufen, mit seinen harten Klängen auch als Kabinen-DJ aufzutreten. "Mit der heutigen Generation und ihrem Geschmack dürfte das schwer werden. In Jena habe ich das mal machen dürfen. Das ging in die Hose. Das reicht mir."
Zimmermann sucht festen Wohnsitz
Außerdem dürfte für den einstigen Spieler von Jena, Unterhaching, Aachen, des FC Sachsen Leipzig und den Stuttgarter Kickers die unstete Zeit im Wohnmobil bald vorbei sein. "Ich bin ein Typ geworden, der irgendwann nicht mehr ins Hotel wollte, ich wollte kein Pauschaltourist mehr sein", sagt der gebürtige Thüringer. Jetzt wolle er aber in Halle heimisch werden: "Ich wäre froh, wenn ich bald in Halle einen festen Wohnsitz haben würde."
Dirk Hofmeister