Gegen die Türkei versuchten mehrere Flitzer, CR7 nahe zu kommen: die Älteren meist mit mäßigem Erfolg.

Ronaldo bei EM in Frankfurt Flitzer-Alarm um Cristiano Ronaldo bei EM in Frankfurt: Safety first statt Selfie first

Stand: 26.06.2024 12:07 Uhr

Wenn Portugal für sein EM-Achtelfinale nach Frankfurt kommt, soll nach dem Willen der UEFA auch Fußball gespielt werden. Das dürfte nicht einfach werden, denn dank Cristiano Ronaldo werden zahlreiche Selfie-Jäger im Stadion erwartet.

Die Zeiten, als Flitzer eine seltene Spezies waren, sind vorbei. Gab es früher Jimmy Jump, der alle Jubeljahre mal auf den größten Fußballbühnen der Welt auftauchte, um unter dem tosenden Applaus der Zuschauer wahlweise den WM-Pokal zu berühren oder Luis Figo mit einer Barcelona-Flagge zu bewerfen, sind die Spielfeld-Stürmer heutzutage in erster Linie auf Selfie-Jagd. Und in großer Zahl unterwegs.

Allein im zurückliegenden EM-Spiel zwischen Portugal und der Türkei (3:0) in Dortmund versuchte eine Hand voll Flitzer ihr Glück. Den erfolgreichsten und prominentesten Versuch absolvierte ein zehnjähriger Junge aus Espenau (Kassel), der nicht nur ein Selfie mit seinem Idol Cristiano Ronaldo abstaubte, sondern seinen Coup gleich auch noch vermarkten konnte – neben zahlreichen überregionalen Medien berichtete auch der hr.

Ein Selfie ging um die Fußballwelt: Der zehnjährige Hesse posiert mit Cristiano Ronaldo.

Ein Selfie ging um die Fußballwelt: Der zehnjährige Hesse posiert mit Cristiano Ronaldo.

Portugals Trainer Martinez: "Menschen vom Spielfeld fernhalten"

So gnädig wie Superstar Ronaldo, der den Jungen noch tätschelte und bereitwillig sein 52-Zähne-Lächeln für das Foto mit dem Selfie-Jäger auflegte, waren hinterher nicht alle Portugiesen. Mitspieler Bernardo Silva meinte genervt, die dauernden Spielunterbrechungen durch Flitzer seien wohl der Preis dafür, mit Ronaldo in einer Mannschaft zu spielen.

Der portugiesische Nationaltrainer Roberto Martinez wandte sich direkt an die Zuschauer. Den Rasen zu stürmen, sei nicht der richtige Weg. Obendrein sei es verboten. Martinez forderte, man müsse versuchen, "die Menschen vom Spielfeld fernzuhalten".

UEFA: "Solche Vorfälle verhindern"

Ob das klappt, darf kommenden Montag beobachtet werden, wenn Portugal sein Achtelfinale (21 Uhr) in Frankfurt bestreitet. Während der Gegner noch gefunden werden muss, scheint bereits klar: Auch im Frankfurter Waldstadion werden viele potenzielle Flitzer auf ihre große Chance lauern, einem der Größten des Weltfußballs wenigstens einmal ganz nahe zu kommen.

Der europäische Fußballverband UEFA hat mit Blick auf die Partie bereits angekündigt, strikter gegen Flitzer vorgehen zu wollen: "Zu diesem Zweck werden in den Stadien zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um den Anforderungen des Turniers weiter gerecht zu werden und solche Vorfälle zu verhindern." Aus Sicherheitsgründen könne zu den einzelnen Maßnahmen nichts weiter gesagt werden.

Flitzer erwarten Stadionverbote und Geldstrafen

Und überhaupt Sicherheit: Die habe im Stadion "höchste Priorität". Das sah im Duell zwischen Portugal und der Türkei nicht immer so aus: Ordner hatten vor den Fanblöcken zwar Menschenketten gebildet, um Flitzer vom Rasen fernzuhalten. Diese waren aber ähnlich löchrig wie die Abwehrkette von Saudi-Arabien beim WM-Spiel 2002 gegen Deutschland (0:8).

Zur Abschreckung wies die UEFA auf die rechtlichen Folgen für die Flitzer hin: "Jegliches Betreten des Spielfelds stellt einen Verstoß gegen die Stadionordnung dar und hat den Verweis aus dem Stadion, ein Verbot für alle Turnierspiele und eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch zur Folge."

Zehnjähriger kam mit blauem Auge und CR7-Selfie davon

Im Falle des zehnjährigen Flitzers aus Nordhessen hatten Ordner und Polizei gleich mehrere Augen zugedrückt. Nicht nur durfte der Zehnjährige nach einem kleinen Time-Out zurück auf seinen Platz. Er musste auch keine Strafe für seine Aktion bezahlen. Dem Otto-Normal-Flitzer droht Bußgeld in vierstelliger Höhe.

Der noch immer berühmteste Flitzer seiner Art der Welt musste für die meisten seiner Eskapaden blechen: Jaume Marquet, wie der Katalane Jimmy Jump im echten Leben heißt, hat mit seinen Aktionen einen Schuldenberg von mehreren hunderttausend Euro angehäuft, wie er mal in einem Interview mit Vice Sports berichtete. Sein Hobby, so berichtete das Magazin 11Freunde, habe Marquet sogar obdachlos gemacht. Wegen seiner Schulden lebte der Katalane zwischenzeitlich auf der Straße.

Flitzer Jimmy Jump neben Luis Figo

"Ur-Flitzer" Jimmy Jump hatte es auch auf die Portugiesen abgesehen: Hier bewirft er Luis Figo mit einer Barcelona-Flagge, nachdem der Superstar die Katalanen in Richtung des Erzfeinds Real Madrid verlassen hatte.