
Unwürdiger Abschied "We are family" kontra Müller-Aus - wackelt das FC-Bayern-Credo?
Die "FC-Bayern-Familie", das "Mia-san-mia-Gefühl" - der deutsche Fußball-Rekordmeister vermittelt allzu gerne, eine verschworene Einheit zu sein. Doch nicht immer, das zeigt auch der Fall Thomas Müller, wurde der Verein diesem Image gerecht.
Es ist schon auffällig: Es gibt kaum einen Ex-Profi oder Ex-Trainer des FC Bayern München, der im Groll auf die Jahre in München zurückblickt. Ausnahmen wie Didi Hamann oder Felix Magath bestätigen diese Regel - es überwiegt aber Dankbarkeit, wenn Persönlichkeiten aus dem Fußball sich an ihre Zeit beim FC Bayern zurückerinnern. Das gilt sogar für diejenigen, die sich einst nicht unbedingt im Guten verabschiedeten.
Blut nicht immer dicker als Wasser
"Blut ist dicker als Wasser" heißt es. Doch Beispiele, bei denen der Abschied vom FC Bayern München nicht still und friedlich ablief, gibt es einige: Trainer wie Niko Kovac, Jürgen Klinsmann, Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel und sogar Jupp Heynckes, Ottmar Hitzfeld oder Funktionäre wie Hasan Salihamidzic. Aber auch verdiente Profis schieden nicht gerade in inniger Harmonie von den Münchnern - sei es nun Lothar Matthäus, Toni Kroos oder andere.
Gerade hat sich der Verein entschlossen, künftig auf die Dienste von Urgestein Thomas Müller zu verzichten. Und auch das geht trotz aller Bekundungen, dass es sich beim FCB um einen familiären Klub handle, nicht ohne Theater ab.
Trotz aller Verdienste keine "Lex Müller"
Dabei war Müller, der in der Bundesliga nie für einen anderen Klub spielte und unwidersprochen viele Verdienste um "seinen" Herzensverein hat, seit Monaten eher ein Leisetreter, wenig war zu hören rund um die Zukunft von "Radio Müller". Der 35-Jährige setzte sich klaglos auf die Bank, war sich für Kurzeinsätze nicht zu schade und verhielt sich stets absolut loyal. Doch Müller erhielt - entgegen seinem eigenen Wunsch - keinen neuen Vertrag und durfte seinen Abschied nicht verkünden, bevor die breite Öffentlichkeit Bescheid wusste.
Nicht wenige Experten, Verantwortliche wie Max Eberl, Mitspieler und frühere Weggefährten des 131-maligen Nationalspielers, der so viele Pflichtpartien für den FC Bayern bestritten hat wie sonst niemand in der Geschichte des Klubs, plädierten dafür, für Müller andere Maßstäbe anzulegen.
Seine Präsenz im Training, auf dem Platz und auch in der Kabine sei extrem wertvoll für den Klub und die Kollegen. Philipp Lahm erinnerte etwa daran, dass er es sich aussuchen durfte, wann er seine Schuhe an den Nagel hängen würde.
Irritationen rund um Nagelsmann-Entlassung
Gehört wurden diese Stimmen nicht. Und so bleibt ein schaler Beigeschmack. Zumal es gerade in der Vergangenheit immer mal wieder Fälle gab, in denen zumindest nicht von allen Seiten ein sauberer Umgang bezeugt wird.
Beispiel Julian Nagelsmann: Trotz aller Bekundungen, mit dem jungen Coach die Zukunft zu planen und obwohl noch alle Saisonziele in Reichweite waren, wurde der heutige Bundestrainer im März 2023 entlassen. Nagelsmann erfuhr zuerst aus den Medien von seinem Ende als FC-Bayern-Trainer.
Oliver Kahns Wandel vom Hoffnungsträger zur "Persona non grata"
Beispiel Oliver Kahn: Der Abgang des früheren Vorstandsvorsitzenden kam am Ende der Saison 2022/2023 vielleicht nicht mehr völlig überraschend. Die Art und Weise aber irritierte. Denn Kahns Anwesenheit beim letzten Saisonspiel in Köln, als die Münchner ihre bislang letzte Deutsche Meisterschaft klarmachten, war nicht mehr erwünscht, obwohl die Personalie offiziell noch gar nicht verkündet war.
Auch Thomas Tuchel, dürfte sich noch immer ärgern, wie sein Abschied aus München vonstatten gegangen ist - und wie oft Hoeneß noch öffentlich über seine Amtszeit beim FC Bayern hergezogen hat. Guten Stil zu wahren, verpasste der Topklub in jüngerer Vergangenheit immer wieder.
Ob das schon ein Ende des familiären Image des FC Bayern bedeutet oder doch einer Familie ähnelt, die sich manchmal im Zwist befindet und bei denen das Familienoberhaupt ab und an den richtigen Umgang vermissen lässt?
Zumindest wenn man sich den 125. Geburtstag des Vereins ansieht, bleibt doch das Bild eines Vereins hängen, der - noch - mehr ist als ein Unternehmen, den kalten Gesetzen des Marktes unterliegt. Und es wäre tatsächlich mehr als verwunderlich, wenn Thomas Müller beim 150. Geburtstag des Vereins nicht in die Kamera grinst. Vielleicht ja sogar als Verantwortlicher.