17-jähriges Tennistalent Justin Engel - Rückhand wie Zverev, Ehrgeiz wie Nadal
Justin Engel aus Nürnberg ist 17 Jahre alt und gilt als die Nachwuchshoffnung im deutschen Tennis. Über ein Talent, dessen Karriereweg schon früh vorbestimmt war.
Mit 17 Jahren ein ATP-Match zu gewinnen, das können vermutlich die wenigsten Jugendlichen von sich behaupten. Justin Engel aus Nürnberg ist genau das gelungen. Beim Turnier in Almaty (Kasachstan) vor wenigen Wochen bezwang er Coleman Wong aus Hongkong mit 7:5, 6:4 und schaffte so etwas, was zuletzt der aktuelle Weltranglistenzweite Carlos Alcaraz in diesem Alter geschafft hatte.
Spätestens seit diesem Triumph ist Engel den meisten Tennisfans ein Begriff. Er gilt als große Nachwuchshoffnung, die irgendwann vielleicht mal einen Grand-Slam-Titel nach Deutschland holen könnte.
Engels Karriereweg war früh klar
"Ich bin immer noch gar nichts und habe noch einen langen Weg vor mir", gibt sich Engel im BR24Sport-Interview bescheiden. "Trotzdem ist es natürlich schön mit solchen großen Namen verglichen zu werden." Seit er drei ist steht Engel auf dem Platz. Zum Tennis brachte ihn sein Vater Horst Engel, der früher die WTA-Spielerin Anca Barna in die Top 50 der Welt gecoacht hatte und auch heute noch Justins Trainer und Manager ist.
"Am Anfang wollte er nicht unbedingt zum Tennis", gibt Horst Engel im BR24Sport-Interview zu. "Aber ich hab ihm halt mit vielen kleinen Geschenken den Ansporn gegeben, dass er weitermacht. Das war am Anfang nicht ganz so einfach." Mit der Zeit habe sein Sohn dann selbst gemerkt, dass das Training Früchte trägt, so Engel, der die Karriere seines Sohnes schon früh geplant und festgelegt hat.
Justin Engel: "Voller Fokus aufs Tennis"
"Im Tennis kenne ich mich gut aus, habe ja jahrelang im Profitennis Spieler trainiert, und ihn dann ins Fußball oder zum Basketball zu geben, wäre völliger Blödsinn gewesen. Da hätte ich nicht helfen können." Also musste es der Sport um die gelbe Filzkugel werden. "Ich hab das auch so geplant, dass ich meine Firma so ziemlich eigenständig auf die Beine stelle, dass ich auch die Zeit habe, mit meinem Sohn was zu machen."
Horst Engel betreibt eine Zeltverleihfirma, die auf Großevents wie "Rock im Park" im Einsatz ist. Die Firma seines Vaters ist auch Justins Rückfallposition, sollte es mit der Profikarriere nicht klappen. "Ich hab meine mittlere Reife gemacht. Schule war nie im Vordergrund. Mein Vater hat eine Firma, das wäre Plan B, aber da denke ich erstmal nicht dran. Voller Fokus aufs Tennis."
Sechs Stunden Training am Tag für das Ziel Weltranglistenerster
Sechs Stunden trainiert Justin täglich, vier Stunden Tennis, zwei Stunden Fitness und Athletik. Da bleibt wenig Zeit für anderes: "Meine Hobbies sind Basketball und Kickboxen. Aber ich kenne es nicht anders. Ich habe schon immer so viel trainiert, deswegen ist es für mich ganz normal", so Engel, der hart für seinen Traum arbeitet: "Ganz klar, die Nummer eins werden, so wie es das Ziel von vielen ist." Das Zeug dazu hat er auf jeden Fall, findet Athletik-Trainer und Kumpel Michael Windirsch. "Ein Top-50-Spieler wird er mit dem Potenzial, das er hat, auf alle Fälle werden."
Justins Vorbild ist Rafael Nadal, von ihm hat er sich vor allem die Willensstärke abgeschaut. "Ich bin mental stark und kämpfe um jeden Ball. Ich bin ein Fighter-Typ." Auch sein Vater Horst ist beeindruckt von Justins Einstellung: "Er hat eine Top-Mentalität. Wahrscheinlich hängt das auch damit zusammen, dass er sich so viel mit Erwachsenen unterhält. Wenn du dich nur mit Erwachsenen unterhältst, kommst du nicht auf falsche Gedanken, hast die richtige Denkweise.“ Kumpel Michael drückt es etwas drastischer aus: "Er hat sehr dicke Eier. Wenn's auf dem Platz eng wird, der spielt den Punkt als wäre es null null. Das zeichnet ihn aus.“
Technisch erinnert Engel, nicht nur aufgrund der Größe von 1,88 Metern und der eher schlaksigen Statur, an die aktuelle deutsche Nummer eins. "Die Rückhand ist mein sauberster Schlag, die sieht ein bisschen aus wie bei Alexander Zverev, sagen viele."
Neuer Trainer Kohlschreiber und Wechsel zum TC Großhesselohe
Um den nächsten Step in seiner Karriere zu gehen, setzt Engel neben seinem Vater Horst ab sofort auf Philipp Kohlschreiber als Coach. Bei dem ehemaligen Weltranglisten-Sechzehnten und zweimaligen Gewinner des ATP-Turniers in München will er sich vor allem im mentalen Bereich verbessern. "Ich bin halt immer so ein 'Hard Hitter' und er war immer ein intelligenter Spieler. Das kann er mir beibringen." Dafür trainiert er regelmäßig in Oberhaching. In der Bundesliga wird Engel ab der kommenden Saison für den amtierenden Meister TC Großhesselohe auflaufen, für den in der Vergangenheit schon Jan-Lennard Struff oder Kohlschreiber spielten.
Doch zu weit voraus will Engel gar nicht schauen. Er konzentriere sich - typische Sportler-Antwort - lieber auf das hier und jetzt. In den kommenden Tagen fliegt er mit seinem Vater nach Mexiko zum nächsten Turnier. Justin Engel aus Nürnberg ist eben kein gewöhnlicher Siebzehnjähriger.
Dieser Artikel ist erstmals am 01.11.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
Quelle: Blickpunkt Sport 03.11.2024 - 21:45 Uhr