Tour de France, 3. Etappe Eritreer Girmay gewinnt Sprint Royal in Turin
Der eritreische Radprofi Biniam Girmay hat den ersten Massensprint der 111. Tour de France für sich entschieden und Tour-Geschichte für Afrika geschrieben.
Der 24-Jährige vom Team Intermarche-Wanty siegte am Montag (01.07.2024) auf der mit 230,8 km längsten Etappe der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt und verwies in Turin den Kolumbianer Fernando Gaviria und den Belgier Arnaud de Lie auf die Plätze. Damit holte er als erster Schwarzer Afrikaner einen Etappensieg bei der Tour.
"Sieg für alle Afrikaner"
"Das ist ein Sieg für alle Afrikaner", sagte der Sieger unter Tränen im Ziel-Interview. "Seit ich begonnen habe, Rad zu fahren, war die Tour de France mein Traum. Und jetzt bin ich hier Etappensieger - unglaublich."
Der belgische Sprintkönig Jasper Philipsen ging leer aus, landete nicht in den Top Zehn und verpasste seinen siebten Tour-Erfolg. Philipsens wichtigster Helfer Mathieu van der Poel, aktueller Weltmeister, hatte ausgerechnet sechs Kilometer vor dem Ziel einen Defekt und konnte seinem Team-Kollegen nicht mehr entscheidend helfen.
Carapaz übernimmt Gelb
Die deutschen Hoffnungsträger Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) und Pascal Ackermann (Israel-Premier Tech) erfüllten sich ihren Traum vom ersten Tour-Etappensieg nicht. Bauhaus wurde Sechster, Ackermann landete nicht unter den Top 10.
Das Gelbe Trikot des Gesamtersten übernahm Richard Carapaz von Superstar Tadej Pogacar. Der Ecuadorianer profitierte davon, dass er auf der Sprintetappe einige Plätze vor Pogacar lag. Insgesamt waren in der Gesamtwertung vor der Etappe vier Fahrer gleichauf. Bei der Ermittlung des Gesamtersten liegt daher der Radprofi vorn, der im Schnitt die besten Platzierungen vorzuweisen hat.
"Ruhetag" für Klassementsfahrer
Nach dem Schlagabtausch der Favoriten am Sonntag, als Tadej Pogacar seine Konkurrenten erstmals antestete, hatten die Anwärter auf das Gesamtklassement am Montag sozusagen ihren ersten "Ruhetag". Die Sprinterteams waren gefordert, denn es war von Anfang an klar: Die mit gut 230 Kilometern zwar längste, aber mit "nur" 1200 Höhenmetern nicht besonders schwierige Etappe würde normalerweise in einem Massensprint enden.
Für die Klassementsfahrer ebenfalls wichtig: Im Finale griff erstmals eine Regeländerung: Die bisher gültige Zeitnahme bei Stürzen auf den letzten drei Kilometern wurde für diese Etappe auf fünf Kilometer ausgeweitet. Es sollte verhindert werden, dass neben den Sprintern auch die Klassementfahrer im Finale bis auf den letzten Meter mit reinhalten müssen.
Und genau das passierte: Ein Sturz kurz vor dem Ziel zerriss das Peloton - alle aus dem Hauptfeld bekamen anschließend trotz Rückstand die gleiche Zeit notiert. Nur die bessere Platzierung gegenüber Pogacar hievte Carapaz schließlich bei gleicher Zeit ins Führungstrikot.
Sprinterteams kontrollieren, kein Spaß für Ausreißer
Alles begann aber wie erwartet: Vom Start weg präsentierten sich die "verdächtigen" Teams Alpecin, Jayco, Arkea, Lotto und Astana ganz vorn, kontrollierten das Renngeschehen von Beginn an. Und das taten sie derart konzentriert, dass es keinerlei Ambitionen von Fahrern gab, sich aus dem Feld zu lösen und eine Ausreißergruppe zu bilden.
Es war in der Anfangsphase sogar das Kuriosum zu beobachten, dass Johannes Kulset und Jonas Abrahamsen, die ein paar hundert Meter vorn herausgefahren waren, am Straßenrand stoppten und auf das Feld warteten, um sich dort wieder irgendwo einzureihen.
Zwischensprint als Hinweis auf Stärke
All dies bedeutete, dass dem ersten Zwischensprint schon eine große Bedeutung zukam, weil es ohne eine Ausreißergruppe für die Sprinter im Peloton um die vollen Punktzahlen ging, was den Kampf um das Grüne Trikot des besten Sprinters betrifft.
Pedersen der Beste im Zwischensprint
Die Generalprobe für den Massensprint im Finale konnten die Fans also schon beim Zwischensprint nach knapp der Hälfte der Renndistanz beobachten. Und den entschied Mads Pedersen recht deutlich vor Jasper Philipsen und Bryan Coquard für sich. Der Däne sicherte sich damit 20 Punkte für die Sprinterwertung, Philipsen bekam noch 17 Zähler, Coquard 15.
Nach diesem kleinen Zwischenhoch ließen es die Profis wieder gemütlicher angehen - ohne große Höhepunkte rollte man geschlossen in Richtung Ziel in Turin. Der Franzose Fabien Grellier versuchte zwar mal einen Ausreißversuch, wurde vom Peloton aber jederzeit kontrolliert und kam nie mehr als ein paar Sekunden davon. So kam es zum erwarteten Massensprint, den Girmay am Ende sensationell für sich entschied.
Am Dienstag könnte sich die Gesamtwertung größer verändern, wenn es über den 2.642 Meter hohen Tour-Klassiker Col du Galibier geht. Insgesamt warten bei der Rückkehr nach Frankreich 139,6 Kilometer von Pinerolo nach Valloire.