Paralympics 2024 in Paris Schwimmer Josia Topf - das strahlende Medaillengesicht der Spiele
Gold, Silber, Bronze: Mehr Medaillen als Josia Topf holte bei den Paralympics im deutschen Team keiner. Über einen, der um Bestzeiten schwimmt - aber nicht nur an Bestzeiten denkt.
Es war ein fast schon gewohntes Bild: Josia Topf ging am Freitagabend (06.09.2024) hochkonzentriert ins Wasser und verließ es mit einem Strahlen. Im Finale über 50 m Freistil hatte Topf den Medaillensatz komplett gemacht. Nach Gold über 150 m Lagen und Silber über 50 m Rücken wurde der 21-Jährige Dritter.
Am Samstag ließ er zum Abschluss der Schwimm-Wettkämpfe im Rennen über 200 m Freistil einen fünften Platz folgen. Passenderweise war es Topf, der das letzte Rennen für die deutschen Schwimmer absolvierte. Mit drei gewonnenen Medaillen ist er ohnehin das Gesicht des deutschen Paralympics-Teams. Drei Medaillen holten von den Athletinnen und Athleten aus Deutschland nur die Dressurreiterinnen Anna-Lena Niehues und Regine Mispelkamp. Gold gewann aus dem Trio aber nur der 21-jährige Schwimmer.
Es hat in Paris alles gepasst für Josia Topf. Und das, obwohl er trotz seiner Erfolge die Rennen immer noch extrem nervös angeht. "Ich bin eine totale Memme, ich habe überhaupt keine stahlharten Nerven", hatte Topf nach dem Gewinn der Silbermedaille im Sportschau-Interview gesagt. "Ich habe immer noch furchtbare Wettkampf-Angst."
Anzumerken war ihm das in der französischen Hauptstadt nicht. Fokussiert und zielstrebig schwamm der Athlet aus Erlangen von einer Medaille zur nächsten.
Topf mit schwerem Rückschlag vor der WM 2023
Für Topf waren es die zweiten Paralympics. Schon vor drei Jahren war er in Tokio am Start gewesen. Damals gewann er keine Medaille - womöglich auch, weil er sich im Abi-Stress befand. Das holte er nach. Bei der WM 2022 sicherte sich Topf zweimal Silber über 150 m Lagen und 50 m Rücken.
Ein Jahr später zählte Topf bei den Titelkämpfen zu den Favoriten. An den Start gehen konnte er aber nicht. Der Student fing sich in der Vorbereitung auf die WM eine Magenvergiftung und Salmonelleninfektion ein. Topf wollte in Manchester um Medaillen kämpfen, stattdessen nahm er einige Kilo ab und musste sich anschließend wieder zurückkämpfen.
Ich durfte hier unheimlich starke Persönlichkeiten treffen, die auch mich inspiriert haben. Wir waren ein unglaublich starkes Team
Sportliche Karrieren sind zeitlich begrenzt, da schmerzt jedes verpasste Großereignis. Das machte auch Josia Topf zu schaffen. Doch dem 21-Jährigen gelang es, rechtzeitig den Fokus auf die Paralympics zu richten. Strukturiert und detailversessen ging er in die Vorbereitung. Dazu zählten auch regenerierende Besuche in einer Kältekammer bei -110 Grad, wie eine ZDF-Dokumentation zeigt. Die Akribie ist von Erfolg gekrönt, mit dem kompletten Medaillensatz gehört er zu den großen Gewinnern der Spiele von Paris.
Topf ist dabei nicht nur umjubelter Medaillengewinner, sondern nimmt auch selbst jede Menge Erfahrungen von den Paralympics mit nach Hause nach Erlangen. "Ich durfte hier unheimlich starke Persönlichkeiten treffen, die auch mich inspiriert haben. Wir waren ein unglaublich starkes Team", sagte er nach seinem letzten Rennen im Sportschau-Interview. "Wir sind immer stark, aber dieses Mal besonders. Wir haben uns gut unterstützt und uns hochgeschaukelt. Wir haben dem anderen aber auch die Ruhe gelassen, wenn er sie gebraucht hat. Das macht einfach Spaß, mit so vielen coolen Leute zusammenzuarbeiten."
Topf und das Problem mit dem Anschlag
Sportlich hat Topf fast perfekte Tage in Paris erlebt. Doch der Schwimmer richtet generell den Blick über Medaillen und Bestzeiten hinaus. Weil ihm beide Arme fehlen, muss er im Finale mit dem Kopf anschlagen. Eine Tortur, die er in Zukunft vermeiden möchte. Gemeinsam mit der Sporthochschule Köln führte er eine Studie durch, die die Auswirkungen des Anschlags dokumentieren.
Die Ergebnisse ließ der deutsche Behindertensportverband 2023 dem Welt-Schwimmverband und dem Internationalen Paralympischen Komitee zukommen. Eine Reaktion darauf steht noch aus. Topf und seine Eltern testeten derweil ein spezielles Equipement. Sie bestellten einen Football-Helm und arbeiteten das Innere in eine Badekappe ein. Das dämpft den Aufprall beim Anschlag ab. Im Wettkampf nutzen kann Topf die Kappe nicht, da nichts eingearbeitet sein darf.
Als Folge seines Vorstoßes könnte stattdessen mit Blick auf die Paralympics 2028 in Los Angeles eine Regelung kommen, die das Anschlagen mit dem Kopf verbietet. Es wäre für ihn im Vergleich mit Athleten mit Armen ein klarer Nachteil. Den er aber bewusst in Kauf nehmen würde. Die Gesundheit steht über allem. Eine Erkenntnis, die mit einem ganzen Medaillensatz im Gepäck sicher noch etwas leichter fällt.