Erste Paralympics-Medaille seit 1992 "All in" - Deutsche Rollstuhl-Basketballer wollen Bronze kräftig feiern
Die deutschen Rollstuhl-Basketballer haben bei den Paralympischen Spielen in Paris Bronze gewonnen. In einer speziell im dritten und vierten Spielabschnitt spektakulären Partie konnte sich das deutsche Team gegen die favorisierten Kanadier durchsetzen. Thomas Böhme drückte mit seiner Leistung dem Spiel seinen Stempel auf. Im Finale siegten die USA gegen Großbritannien.
"Für mich ist es wie Gold", sagte Kapitän Jan Haller nach der Partie. "Wir haben es so oft versucht und haben es nie geschafft. Es ist einfach nur unfassbar." Für Haller waren es die vierten Paralympischen Spiele. Genau wie für seinen Mannschaftskameraden Böhme, der mit 36 Punkten, 4 Rebounds, 5 Assists und 3 Steals der überragende Spieler in einer starken deutschen Mannschaft war.
"Er ist einer der Besten der Welt. Wahrscheinlich der beste Rollstuhl-Basketballer, den es je gab", lobte Haller die Leistung von Böhme. Trainer Engel beschrieb ihn als "Außerirdischen". Das deutsche Team sei in der zweiten Halbzeit "all in" gegangen.
Für Trainer Michael Engel, der neben der Bronzemedaille und seinem 40. Geburtstag auch den Geburtstag seiner Freundin feiern kann, könnte es eine lange Nacht werden: "Wir gehen da auch 'all in'. Wir feiern. Keine Ahnung, was jetzt passiert. Ist auch scheißegal. Irgendwas wird uns schon einfallen."
"Wir wollen das!"
Die deutschen Rollstuhl-Basketballer hatten sich für das Spiel um Platz 3 viel vorgenommen. Nach Silber in Barcelona (1992) sollte wieder eine Medaille her. "Wir wollen das", hallte es kurz vor Spielbeginn durch die Bercy Arena. In der Gruppe unterlag Deutschland bereits gegen Kanada.
Zu Beginn der Partie vergaben Böhme und Nico Dreimüller die ersten Chancen für das deutsche Team. Kanada ging, angeführt von "Mr. Rollstuhl-Basketball" Patrick Anderson, in Führung. Der 45-Jährige (im Schnitt 19 Punkte pro Spiel) erzielte bereits in der Anfangsphase sieben Punkte (9:2).
Deutschland mit Problemen in der Offensive
Das deutsche Team tat sich im Verlauf des ersten Viertels schwer, die Lücken in der kanadischen Verteidigung zu finden. Es musste viel investieren, um sich gute Wurfpositionen zu erarbeiten. Auch zum Ende des Viertels vergaben die Deutschen noch zwei verhältnismäßig einfache Korbleger, blieben mit 11:17 aber dennoch in Reichweite.
Dreimüller, der im zweiten Viertel sehr aktiv war, und Lukas Glossner brachten das deutsche Team Anfang des zweiten Viertels bis auf zwei Punkte heran (15:17). Nach einer kanadischen Auszeit folgte eine Phase mit vielen Fouls auf beiden Seiten. Deutschland konnte die Partie sechs Minuten vor der Halbzeit zunächst weiter offen halten (19:25), hatte aber nach wie vor Schwierigkeiten beim Scoring. Zur Halbzeit stand es 27:35 aus deutscher Sicht.
Thomas Böhme hält Deutschland im Spiel
Kuriosität zu Beginn des dritten Viertels: Weil Kanada versehentlich den Einwurf ausführte, wurde der anschließende Korb zurückgenommen und Deutschland begann den dritten Spielabschnitt. Gerade als der Abstand langsam schmolz (35:39), brachte ein erfolgreicher Dreier von Colin Higgins Kanada wieder etwas deutlicher in Front. Es folgte die Zeit von Böhme: Der 33-Jährige erzielte alleine im dritten Abschnitt zwölf Punkte. Vor dem letzten Viertel war die Partie wieder komplett offen - es stand 47:48.
Deutschland erstmals in Führung
Deutschland ging mit dem ersten Korberfolg erstmals mit 49:48 in Führung und konnte diese weiter ausbauen (55:48). In der Verteidigung hatte das Engel-Team umgestellt und presste nun früh, was die Kanadier vor Probleme stellte. Ein Drei-Punkte-Wurf von Böhme brachte Deutschland erstmals mit zehn Punkten in Front (62:52). Knapp eineinhalb Minuten vor Ende der Partie betrug der Vorsprung zwölf Punkte (68:56). Deutschland ließ nichts mehr anbrennen und entschied die Partie mit 75:62 für sich.
Goldmedaille für die USA
Im Finale setzte sich das favorisierte Team aus den USA mit 73:69 gegen Großbritannien durch. Die Briten waren über weite Strecke der Partie auf Augenhöhe, führten aber lediglich eine halbe Spielminute lang. Terry Bywater brachte die Briten mit einem erfolgreichen Drei-Punkte-Wurf wenige Sekunden vor Schluss wieder bis auf drei Punkte heran. Am Ende waren die Amerikaner, deren Topscorer Jake Williams 26 Punkte erzielte und die gesamte Spielzeit über auf dem Parkett war, zu stark. Für die USA ist es die dritte paralympische Goldmedaille in Folge.