Der deutsche Zehnkämpfer Leo Neugebauer
analyse

Busemanns Olympia-Orakel Mehrkampf Neugebauer und Kaul mischen bei der Medaillenvergabe mit

Stand: 01.08.2024 15:32 Uhr

Im Zehnkampf gehen mit Leo Neugebauer und Niklas Kaul zwei deutsche Goldanwärter an den Start. Im Siebenkampf sind die Aussichten nicht ganz so glänzend. ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann mit seinen Mehrkampf-Einschätzungen.

Von Frank Busemann, Paris

Zehnkampf

Leo Neugebauer hat noch Reserven

Leo Neugebauer, der Weltbeste. Das hat was! Hoffen wir, dass es bei den Olympischen Spielen so bleibt. Doch das ist kein leichtes Unterfangen. Die College-Saison ist lang, sie ist hart, sie ist vorbei. Jetzt ist Olympia. In der Vergangenheit sah man allzu oft, dass die College-Boys sich schwertun, ihre Form zu konservieren. Aber Leo hat Puffer, eine Menge Puffer. Und er hat letztes Jahr bei der WM eine Erfahrung machen dürfen, die den Zehnkampf so anspruchsvoll macht: In der Nacht zum zweiten Tag Druck zu spüren. So ein Erlebnis ist doof, aber kann viel wert sein.

Sehr starke internationale Konkurrenz

Drei potenzielle Medaillenkandidaten (Pierce LePage, Kyle Garland und Weltrekordhalter Kevin Mayer) mussten schon absagen. Trotzdem bleiben da noch eine Menge Widersacher, die alle Blut geleckt haben. Europameister Johannes Erm aus Estland. Aber kann er nach seinem Top-Zehnkampf in Rom noch einen draufsetzen? Titelverteidiger Damian Warner aus Kanada. Wie in den Jahren zuvor tritt er fast ausschließlich in Zehnkämpfen in Erscheinung. Seit Götzis kaum eine Tendenz, aber seine Erfahrung wird ihn auf einem ansprechenden Niveau in Paris antreten lassen. Aber reicht das für Leo?

Ayden Owens-Delerme (Puerto Rico), der Selfmademan mit US-Ausbildung. Er ist auf dem Weg nach oben. Aber ganz oben? Der weiß, was er will und was er kann. Seine letzten Tempo-Laufeinheiten machen Angst. Brandgefährlich! Vize-Europameister Sander Skotheim aus Norwegen hat in Rom im Stabhochsprung gepatzt. Trotzdem gab's die Silbermedaille. Aber wie viel kann er in diesem Jahr noch oben drauf setzen? Gold? Nein! Medaille? Vielleicht!

Frank Busemann, Leichtathletik-Experte bei der Sportschau

ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann.

Niklas Kaul hat mit Olympia noch eine Rechnung offen

Und dann ist da noch Niklas Kaul! Alle Augen sind auf Neugebauer gerichtet. Er ist aber Welt- und Europameister. Er weiß, wie Druck und gewinnen geht. Mit Olympia hat er noch eine Rechnung offen. Und er ist ein Meisterschaftstyp. Alle anderen versuchen ihre guten Ergebnisse zu bestätigen, er hat in diesem Jahr noch Luft nach oben. Und ist heiß, wie einer, dem genau diese eine Medaille noch fehlt.

Niklas Kaul bei der Leichatletik-EM 2024 in Rom

Volle Konzentration auf den Saisonhöhepunkt auch bei Niklas Kaul.

Das wird aber nicht leicht. Eher schwer. Aber leicht kann jeder. Und die Liste ist noch lang nicht vorbei. Lindon Victor (Grenada), der WM-Dritte des Vorjahres. Zack Ziemek, der immer im Schatten stehende US-Boy mit viel Erfahrung. Markus Rooth aus Norwegen. Die Liste hat einfach kein Ende. Zehn Namen, drei Medaillen. Eine für Deutschland. Was ein Glück.

Siebenkampf

Thiam wird Angriff von Hall abwehren

Im Siebenkampf gibt es viel weniger Namen, die in die Medaillenvergabe eingreifen können. Über allem thront erstmal die Doppelolympiasiegerin Nafissatou Thiam. Kann sie Goldmedaille Nummer drei nach Belgien bringen? Die US-Amerikanerin Anna Hall will das verhindern. Im letzten Jahr trumpfte sie mit fast 7000 Punkten auf. Das kann Thiam wahrscheinlich nicht, aber dafür müsste Hall beim Saisonhöhepunkt liefern und nicht bei den Trials. Thiam wird sich vor Zepterübergabe noch einmal zur größten Siebenkämpferin aller Zeiten krönen.

Nicht nur Vetter kämpft um eine Medaille

Und wer folgt auf dem Bronzerang? Die erfahrene Anouk Vetter aus den Niederlanden böte sich an. Sie ist mit 31 Jahren nicht abgeneigt, noch mal zuzuschlagen. Die britische Weltmeisterin Katharina Johnson-Thompson will bei ihren vierten Olympischen Spielen ebenfalls alles geben. Fraglich, wie sie ihr Ausscheiden bei der EM überwunden hat. Spannend wird auch die Frage, ob die stark explodierte Auriana Lazraq-Khlass den Heimvorteil nutzen kann und in den Bereich ihres EM-Ergebnisses kommt. In Rom trumpfte die Französin wie von Sinnen auf.

DLV-Trio wird in Paris alles geben

Aus deutscher Sicht freuen wir uns auf Sophie Weißenberg, die zuletzt immer besser in Fahrt kam, allerdings in Rom bei der EM eine kleine Blessur im Fuß erlitt und dieses Jahr noch keinen Siebenkampf ins Ziel brachte. Wichtig ist Paris. Da kann sie - mit guten Ergebnissen - unter die ersten Acht kommen. Die Vize-Weltmeisterin von 2017, Carolin Schäfer, weiß, wie große Meisterschaften gehen. Sie wird nach einigen Patzern in den vorherigen Mehrkämpfen die Konzentration auf die zwei Tage Olympia legen und ihre Karriere beenden.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 31.07.2024 | 07:35 Uhr