Deutschlands Springreiter Christian Kukuk mit Pferd Checker 47

Einzel-Qualifikation bei Olympia Deutsche Springreiter schrammen nur knapp an Enttäuschung vorbei

Stand: 05.08.2024 18:57 Uhr

Es war nicht der Tag der deutschen Springreiter in Versailles. Denkbar knapp zitterten sich Philipp Weishaupt und Christian Kukuk auf den Plätzen 30 und 24 ins Finale. Shootingstar Richard Vogel ist dagegen ausgeschieden.

Spätestens als um 17:51 Uhr auch noch Philipp Weishaupt - Mr. Zuverlässig in diesen Tagen von Versailles - mit Zineday die oberste Planke von der Mauer mit der Aufschrift "Bienvenue à Paris" riss, stand endgültig fest: Diese Einzel-Qualifikation war ein ganz (!) schwieriges Pflaster für die deutschen Springreiter.

Zwei fehlerlose Runden im Team-Wettbewerb hatte der 39-Jährige auf seinem Hengst bislang hingelegt. Nun patzte auch er. Der Augsburger brauchte jetzt eine richtig gute Zeit - und durfte sich gleichzeitig keinen weiteren Wackler mehr erlauben. Dieser Balanceakt gelang so gerade. Als 30. und damit letzter von 74 Startern zog Weishaupt am Ende ins Finale ein. Rund 1,5 Sekunden und er hätte bei der Medaillenentscheidung zusehen müssen.

Springreiten - der Ritt von Philipp Weishaupt

Sportschau Olympia 2024, 05.08.2024 18:01 Uhr

So wie es für seinen Mannschaftskollegen Richard Vogel bittere Realität ist. Der Geheimfavorit schied mit zwölf Fehlerpunkten aus, während sich Christian Kukuk mit Checker ähnlich knapp wie Weishaupt als 24. mit einem Abwurf ins Finale rettete. "Lieber wäre uns gewesen, wenn alle drei dabei gewesen wären", sagte Bundestrainer Otto Becker zum Aus von Vogel mit United Touch. "Wir haben jetzt zwei Eisen im Feuer, aber wir müssen auch null reiten, wenn wir aufs Treppchen wollen."

Vogel: "Die Schuld geht total auf mich"

Von dieser Null war Vogel bei seinem unerwarteten vorzeitigen Olympia-Abschied weit entfernt gewesen. Dabei hatte beim Shootingstar der Springszene auf einem der weltbesten Pferde lange alles souverän ausgesehen. "United sprang wirklich wieder richtig gut", sagte Vogel der Sportschau über seinen westfälischen Hengst. Doch dann fiel die Stange beim letzten Hindernis der dreifachen Kombination - "vermeidbar", wie der Dritte des Einzelfinales beim CHIO in Aachen befand.

Springreiten - der Ritt von Richard Vogel

Sportschau Olympia 2024, 05.08.2024 16:59 Uhr

Danach verlor er unter Druck seine Linie. Die Folge? Ein wilder Ritt. Der 27-Jährige war eigentlich gut in der Zeit und beschleunigte - im Wissen, dass bei einem Vier-Fehler-Ritt nur eine Top-Zeit fürs Finale reichen würde - doch weiter. Er verzichtete in der Schlusslinie spontan jeweils auf einen Galoppsprung, berichtete er danach selbst. Im Grunde sei das kein Problem für United Touch, aber in dem Fall sei die Entscheidung "zu kurzfristig und zu hektisch gewesen".

Das vorletzte Hindernis räumte Vogel fast komplett ab, auch am letzten Sprung patzte er. Zwölf Fehlerpunkte bedeuteten am Ende das klare Aus in der Qualifikation für das so hoch eingeschätzte Paar. "Die Schuld geht total auf mich. Wir müssen daraus lernen und müssen es besser machen", sagte Vogel, auf Platz zehn Deutschlands Bestplatzierter in der Weltrangliste. Es war ein Ruckler im steilen Aufstieg im ungünstigsten Moment.

Kukuk: Zitterpartie mit Happy End

Auch bei Kukuk hatte es geruckelt, aber eben nicht so heftig. Der 34-Jährige - angestellt im Stall des viermaligen Olympiasiegers Ludger Beerbaum in Riesenbeck - leistete sich einen Abwurf in der dreifachen Kombination, genau an der Stelle, an der das Unheil für Vogel begonnen hatte. Doch er verhinderte Folgefehler. Mit dem 14-jährigen westfälischen Wallach Checker 47 lag er so nach 21 von 74 Reitern zunächst auf dem neunten Platz.

Es sollte für ihn eine mehrstündige Zitterpartie bis kurz vor Schluss werden. Kukuks Pfund? Sein hohes Tempo im Parcours. Mit 72 Sekunden reihte sich der Weltranglisten-13. zunächst auf dem neunten Platz ein, nur der Niederländer Maikel van der Vleuten war schneller unter den Reitern mit vier Fehlerpunkten.

Das war Teil des Plans. "Ich hatte mir vorher zwei Szenarien ausgemalt. Fest stand für mich, dass ich versuchen werde, eine gute Zeit zu haben", sagte Kukuk. Eine Nullrunde wäre dann der Jackpot gewesen, sie hätte ihm "eine super Startposition morgen im Finale" beschert. Aber bei einem Fehler - das war das zweite Szenario - war die Tür ins Finale eben auch noch nicht ganz verschlossen. "Jetzt heißt es natürlich zittern bis zum Ende", sagte Kukuk nach seinem Ritt. Er sollte als 24. knapp durch den Türspalt ins Finale schlüpfen und erleichtert festhalten: "Im Finale gibt es eine neue Chance. Never say never."

Im Team auf dem fünften Platz

Das gute für das dezimierte deutsche Team? In das Finale am Dienstag (06.08.2024, ab 10 Uhr live bei sportschau.de) werden die Ergebnisse der Qualifikation nicht mitgenommen. Alle 30 Paare starten also wieder mit null Fehlerpunkten - Weishaupt als Erster, Kukuk als Siebter. Als Sieger der Qualifikation und damit Letzter wird Frankreichs stürmisch gefeierter Publikumsliebling Julien Epaillard mit Dubai du Cedre in den Parcours gehen. Geritten wird ein Umlauf mit anschließendem Stechen.

Für die deutschen Springreiter ist es dann die zweite und letzte Chance auf ihre erste Medaille in Versailles. Im Teamwettbewerb landete die Equipe von Bundestrainer Becker - nachdem sie in der Qualifikation noch mit drei Nullrunden geglänzt hatten - im Finale mit acht Strafpunkten aus drei Ritten auf dem fünften Platz.

Deutsche Reiter: Dreimal Gold und einmal Silber in Versailles

Die Gesamtbilanz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) bei diesen Olympischen Spielen ist jedoch schon vor dem letzten der insgesamt sechs Reit-Wettbewerbe mit drei Gold- und einer Silbermedaille äußerst positiv.

Die Dressur-Equipe gewann im Team und jubelte mit Jessica von Bredow-Werndl und der nun erfolgreichsten deutschen Olympionikin Isabell Werth gleich doppelt. Zuvor hatte im Einzel der Vielseitigkeit bereits Michael Jung triumphiert - und damit seine vierte olympische Goldmedaille geholt.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 06.08.2024 | 09:05 Uhr