Vorzeitiger Viertelfinaleinzug Deutsche Basketballer gewinnen kompliziertes Spiel gegen Brasilien
Die deutsche Mannschaft tut sich gegen Brasilien teils sehr schwer - und gewinnt dennoch mit 86:73 (40:40). Kapitän Dennis Schröder, eine Energieleistung und eine defensive Steigerung führen sie vorzeitig ins olympische Viertelfinale.
Für das erste Highlight in Lille, den ersten Anlass für Ahs und Ohs auf den mit über 20.000 Fans gut gefüllten Rängen, sorgte Daniel Theis. Das Spiel war gerade 20 Sekunden alt, da blockte der deutsche Forward seinen Gegenspieler wuchtig ans Brett. Zwei deutsche Angriffe später setzte er auch offensiv ein erstes Ausrufezeichen, stopfte zum Korb segelnd den Ball durch ebendiesen.
Es hätte eine Initialzündung sein können für das deutsche Team, vielleicht sogar für die Partie als Ganzes – doch der Tatendrang von Theis verpuffte. Weder seine Mannschaft noch die der Brasilianer erwischten einen guten Start. Nahezu die gesamte deutsche Starting Five probierte sich aus der Distanz, blieb dabei allerdings erfolglos. Nach knapp fünf Minuten leuchtete ein wenig glanzvolles 4:4 auf der Anzeigetafel.
Andi Obst weckt Deutschland auf
Um dies zu ändern, nahm anschließend auch Andi Obst als Letzter seinen ersten Wurf von hinter der Dreierlinie. Das Gute aus deutscher Sicht: Obst ist der aktuell vielleicht beste Schütze Europas. Innerhalb von knapp zwei Minuten traf er zwei Dreier, legte einen Korbleger artistisch und trotz Foul in den Korb und verwandelte auch den fälligen Bonusfreiwurf. Nach sieben Minuten führte Deutschland mit 15:6, nach dem ersten Viertel kurz darauf mit 22:10.
Bis dato ähnlich wichtig wie die heiße Hand von Andi Obst: Deutschlands Defensive. Unabhängig davon, wer auf dem Parkett war, stand die Defensive gut und sicher. Sowohl in der Eins-gegen-eins-Verteidigung als auch in den Rotationen abseits des Balles waren die deutschen Akteure um den starken Isaac Bonga handlungsschnell. Ein gutes Rebounding kam noch dazu. Dann brach die Defensive des Weltmeisters – zusammen mit dessen Offensive – im zweiten Viertel ein.
Deutschland kühlt ab, Brasilien fängt Feuer
Als es dort nach knapp fünf gespielten Minuten 26:17 stand, brachte Bundestrainer Gordon Herbert große Teile seiner Starting Five um Dennis Schröder und Franz Wagner zurück. Kurz darauf sah sich Herbert erst gezwungen, eine Auszeit zu nehmen, und dann dennoch kaum Besserung. Im Gegenteil: Während sich die sonst so flüssige deutsche Offensive kaum gute Würfe erspielte, fingen ihre brasilianischen Gegenüber Feuer.
Vitor Benite machte mit zwei Dreiern den Anfang, Gui Santos von den Golden State Warriors legte zur Freude der nun lauter werdenden Fans zwei weitere nach. Außergewöhnliche sechs Dreier trafen die Brasilianer Ende des zweiten Viertels in Serie, erspielten sich so zwischenzeitlich auch ihre erste Führung. Dass es zur Pause beim 40:40 unentschieden stand, hatte Deutschland dem Übernahmemodus und zwei Dreiern von Kapitän Dennis Schröder zu verdanken.
Engagement und Energie als Schlüssel zum Sieg
Auch als seine Mannschaft im dritten Viertel erneut nur langsam in Fahrt kam, übernahm Schröder die Kontrolle. Er verteidigte hinten bissig und traf vorne, wenn auch nicht fehlerfrei, wichtige Würfe. Anders als sein Co-Star Franz Wagner, der vor allem aus der Distanz zwar viel warf, dabei aber nur wenig traf. Immerhin verteidigte auch er gut (vier Steals), bediente Daniel Theis für dessen zweiten krachenden Dunk perfekt und trug wichtige Drives zur 60:51-Führung vor dem Schlussviertel bei.
Der größte Schlüssel zum Sieg der deutschen Mannschaft war am Dienstag allerdings die Erkenntnis, dass Energie und Engagement in der Defensive die Grundvoraussetzung sind, um bei den Olympischen Spielen Spiele zu gewinnen. Im Schlussviertel bewies sie beides wieder, zwang Brasilien so zu zahlreichen schlechten Würfen und Ballverlusten verschiedener Art.
Das Ergebnis: Die deutsche Auswahl beflügelte sich selbst, spielte sich offensiv wieder in einen besseren Rhythmus und so auch zum verdienten 86:73-Sieg. Der sorgt dafür, dass Deutschland bereits vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Frankreich (Donnerstag, 21 Uhr) im olympischen Viertelfinale steht.
Frankreich mit glücklichem Sieg gegen Japan
Im anderen Spiel des Tages aus der Gruppe B lieferten sich am Dienstag Gastgeber Frankreich und Japan einen echten Basketball-Krimi. Mit einem 4-Punkt-Spiel kurz vor Schluss retteten sich die hochfavorisierten Franzosen in die Verlängerung, wo sie schließlich einen für sie wichtigen 94:90-Sieg perfekt machten. Zuvor entwickelte sich ein Spiel, das hin und her waberte und viele Geschichten schrieb.
Beispielsweis die von ausgeglichen spielenden Franzosen, bei denen vier Spieler zweistellig punkteten und die immer wieder in Führung gingen, aber nie davonziehen konnten. Aber auch die von Japans NBA-Star Rui Hachimura, der effizient 24 Punkte erzielte, Mitte des vierten Viertels aber mit seinem zweiten unsportlichen Foul der Halle verwiesen wurde. Für Japan übernahm anschließend der nur 1,72 Meter große Yuki Kawamura. Zehn seiner 29 Punkte erzielte der Aufbauspieler im Schlussviertel, sorgte so mit dafür, dass Japan kurz vor Spielende vier Punkte in Front lag.
Dann allerdings traf Frankreichs Matthew Strazel zehn Sekunden vor dem Ende erst einen seltenen Dreier trotz eines umstrittenen Fouls und auch den folgenden Freiwurf. Es ging in die Verlängerung, in der die Franzosen um ihren Superstar Victor Wembanyama (18 Punkte) Japan keine Chance mehr ließen. Somit sind auch die Gastgeber bereits jetzt sicher für das Viertelfinale qualifiziert.