Deutschlands Zehnkämpfer Leo Neugebauer feiert den Gewinn seiner Silbermedaille.
Reportage

Nach Zehnkampf-Silber Alle lieben Leo the German

Stand: 04.08.2024 09:06 Uhr

Der Hype um Sonnyboy Leo Neugebauer war schon vor Paris riesig. Olympia-Silber wird das noch befeuern. Aber der Zehnkämpfer ist keiner, der abhebt.

Von Bettina Lenner, Paris

Draußen vor dem Stade de France herrschen Partystimmung und Kreischalarm. Vielleicht ist ja Tom Cruise in der Nähe oder Snoop Dogg, gerade der Rapper ist bei den Olympischen Spielen in Paris ein Dauergast an den Hotspots. Nur logisch eigentlich, dass er auch bei der Leichtathletik reinschnuppert.

Ordner sind im Rummel gefordert

Die Euphorie gilt allerdings ganz und gar nicht einem Hollywood-Star oder Musik-Giganten. Sondern Leo The German. Also Leo Neugebauer. Und der hat gerade Silber gewonnen. Die erste Olympia-Medaille für einen deutschen Zehnkämpfer seit 28 Jahren. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.

"Leo, Leo", hallt es durch die Pariser Nacht, Hunderte Fans drängeln sich an den Absperrungen, hinter denen ihr Held TV-Interviews gibt. Männer, Frauen, jung und alt, der eigene Fanclub sowieso, alle mögen den Sonnyboy. Und der spielt mit. Posiert für Selfies, dirigiert das Orchester und zeigt sein gewinnendes Lächeln. Die Ordner haben ihre liebe Mühe, die ausrastende Schar in Schach zu halten.

Die Siegerehrung mit Leo Neugebauer

Sportschau Olympia 2024, 04.08.2024 19:35 Uhr

Fans, Freunde, Familie - "Einfach alle sind hier"

In den sozialen Netzwerken hat sich der Shootingstar als Leo the German längst eine Fangemeinde geschaffen, die Familie war sowieso beim bislang größten Auftritt in seiner jungen sportlichen Karriere dabei. Seine Mutter habe ihm direkt nach dem Wettkampf gesagt, wie stolz sie auf ihn sei, berichtet der Olympia-Zweite, der in den Armen seines Vaters Tränen des Glücks vergoss.

"Das bedeutet mir einfach alles, das hier vor so vielen Fans, Familie und Freunden geschafft zu haben", sagt der 24-Jährige. "Freunde, Familie, frühere Trainingskollegen, einfach alle, die ich gekannt habe in meinem Leben, sind hier. Alle haben mich zwei Tage unterstützt. Vielen Dank dafür, es hat so viel Spaß gemacht."

Der Weltjahresbeste war bei seinem Olympia-Debüt als Goldfavorit an den Start gegangen, am ersten Tag lief auch alles nach Plan, am zweiten aber kam er nicht mehr an seine Bestleistungen heran; was jedoch nötig gewesen wäre, um Markus Rooth auf dem Weg zum Gold aufzuhalten. Der junge Norweger erlebte einen rauschhaften Zehnkampf.

Kaul lobt Neugebauer: "Echt geiler Wettkampf"

Dass es für Neugebauer trotzdem zu Silber reichte, nötigt seinem Teamkollegen Niklas Kaul Respekt ab: "Er hat echt einen geilen Wettkampf gemacht", meint der ehemalige Welt- und Europameister. "Da waren Sachen dabei, die haben nicht so funktioniert, wie er sich das vorgestellt hat. Aber dann die nächste Disziplin wieder so gut zu machen, das zeichnet große Zehnkämpfer aus. Er kann stolz auf sich sein."

Busemann: Werden noch Spaß mit ihm haben

ARD-Experte Frank Busemann, der mit seinem Silber-Coup 1996 in Atlanta für die bis dato letzte deutsche Olympia-Medaille eines deutschen Zehnkämpfers gesorgt hatte, prognostiziert dem Himmelsstürmer eine große Zukunft: "Er hat Silber mit einem soliden Zehnkampf geholt. Wenn man sieht, was Leo noch draufhat, dann werden wir nicht nur heute Spaß mit ihm haben."

Locker, mitreißend, sympathisch

Seinen College-Abschluss in Wirtschaft hat der Modellathlet mittlerweile in der Tasche, in Austin/Texas, wo er seit knapp fünf Jahren unter Top-Bedingungen trainiert, wird er dennoch bleiben. Er ist nun Profi, die ersten Sponsoren-Deals sind unterzeichnet.

Er ist keiner, der abhebt, mit seiner lockeren, mitreißenden und natürlichen Art lässt sich der 108-Kilo-Koloss perfekt vermarkten. Die Silbermedaille auf der ganz großen Olympia-Bühne, wo Legenden geboren werden, wird ihr Übriges tun.

Der Hype um ihn ist schon jetzt riesig, selbst das Wall Street-Journal widmete ihm eine große Geschichte (The Best Athlete in America Is a Giant German), in der Juli-Ausgabe des Micky-Maus-Magazins wurde er als "Leo Quakgebauer" zum Comic-Helden und Coach von Tick, Trick und Track. 

"Jetzt wird erstmal schön gefeiert"

Die Zukunft ist vielversprechend, im kommenden Jahr steht die WM in Tokio an. Die nächsten Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles sind für ihn schon fast ein halbes Heimspiel. Wer weiß, was dann so geht.

Nach seinem erfolgreichen Olympia-Debüt ist er aber erst einmal überglücklich, das Silber soll zwischen all seinen Trophäen einen besonderen Platz bekommen: "Ich habe mein Bestes gegeben und bin sehr erleichtert, eine Medaille gewonnen zu haben. Bei den Olympischen Spielen ist es unbeschreiblich. Jetzt wird nach der Siegerehrung erstmal schön gefeiert."

Sagt Leo the German, reckt noch einmal die Arme in die Höhe und verschwindet erschöpft, aber strahlend in die Nacht. Die begeisterten "Leo, Leo"-Rufe begleiten ihn.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau Olympia 2024 | 04.08.2024 | 08:30 Uhr