Weniger Bundesmittel Sportinstitute kämpfen gegen Kürzungen
Dem deutschen Sport droht eine Kürzung von Bundesmitteln. Dagegen regt sich Widerstand - Experten sehen die Probleme aber nicht nur in fehlenden finanziellen Mitteln.
Unterstützt von Athleten, Wissenschaftlern und Politikern haben sich die Institute FES (Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten) und IAT (Institut für Angewandte Trainingswissenschaft) gegen geplante Millionen-Kürzungen im deutschen Spitzensport positioniert.
"Es macht mich wütend, dass der Sport in der Gesellschaft nicht den Stellenwert hat", sagte Kanu-Olympiasieger Ronald Rauhe. Gemeinsam mit Bob-Olympiasieger Francesco Friedrich und Bahnrad-Weltmeisterin Emma Hinze sprach Rauhe bei einer Pressekonferenz am Montag (04.09.23) und warnte vor einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Sportler schon bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris.
Streichungen um zehn Prozenz vorgesehen
Der Hintergrund: Im Bundeshaushalt 2024 von Finanzminister Christian Lindner (FDP) sind für den Spitzensport Streichungen um zehn Prozent von rund 303 auf etwa 276 Millionen Euro vorgesehen. Die beiden Sportinstitute FES und IAT, die Athleten mit technischem Wissen wie der Trainingsoptimierung oder der Geräteentwicklung unterstützen, sind nach eigenen Angaben besonders betroffen: bei ihnen sollen mit vier Millionen Euro sogar 19 Prozent des bisherigen Etats wegfallen.
Rund 17,2 Millionen Euro und damit ca. vier Millionen weniger als im Vorjahr würden dann für die Materialentwicklung noch zur Verfügung stehen. Das düstere Szenario hätte vor allem Folgen für die deutschen Erfolgssportarten wie Bob, Kanu oder Bahnradsport. "Wenn wir nicht die Finanzen und Möglichkeiten haben, wird das schwierig", warnte der vierfache Bob-Olympiasieger Friedrich.
Die Streichung von Finanzmitteln für den Spitzensport habe zudem dramatische gesamtgesellschaftliche Konsequenzen. "Unser Land, unsere Jugend benötigt Vorbilder. Das sind Sportler, daran orientiert sich die Gesellschaft", sagte Martin Engelhardt als Vorstandsvorsitzender des Vereins IAT/FES. Als Mediziner erlebe er, was die Reduzierung von sportlicher Aktivität bedeute - gerade durch anfallende Kosten im Gesundheitswesen. Dramatische Konsequenzen hätten die Streichungen auch für den Parasport - Inklusion würde noch mehr verhindert.
Zahlungen stiegen in vergangenen Jahren an
Was die Kampagne von FES und IAT verschweigt: In den vergangenen Jahren profitierten Sport und Verbände von ordentlichen Steigerungen. Von 2013 bis 2022 stieg die Förderung der olympischen Sportarten in Deutschland von 53,46 Millionen Euro auf 103,27 Millionen Euro.
Mittelvergabe nicht effizient
Hinzu kommt: Experten kritisieren das wenig effiziente System der Sportförderung: "Wir haben im Moment im Bereich der Mittelvergabe bis zu sieben Beteiligte. Das ist in der Tat ineffizient, da müssen wir wesentlich schneller werden. Ich glaube, wir sind manchmal ein Tanker in der Spitzensportförderung. Wir sind zu langsam, was den Weltstandard angeht. Wir sind zu wenig innovativ, wir müssen digitaler werden“, sagt der DOSB-Vorstandsvorsitzende Torsten Burmester im Deutschlandfunk-Sportgespräch.
Der DOSB und das Bundesinnenministerium (BMI) wollen nun eine unabhängige Agentur einsetzen, die die Mittel künftig verteilen soll. Arne Güllich, Professor für Sportwissenschaften begrüßt diesen Schritt im Deutschlandfunk: "Das ist eine Selbstverständlichkeit, dass es eine unabhängige Institution geben muss, die die Mittelverteilung bestimmt."
Ullrich macht Hoffnung
Hoffnung auf eine Änderung der Pläne machte der Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Frank Ullrich. "Ich werde mich sehr stark auch bei unseren Haushältern dafür einsetzen, dass wir diese Kürzungen vermeiden", versprach der SPD-Politiker und berichtete von bereits geführten Gesprächen. Der gesellschaftliche Wert des Sports müsse wieder in den Mittelpunkt gerückt werden, forderte der einstige Weltklasse-Biathlet Ullrich.
Auch die Regierung deutete Kompromissbereitschaft an. "Dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ist daran gelegen, auch im kommenden Jahr die Grundlage für Spitzenleistungen zu legen - nicht nur wegen der bevorstehenden Olympischen und Paralympischen Spiele. Deswegen stimmen wir derzeit zusätzlich weitere Lösungsansätze im Bereich der Sportförderung ab", hieß es auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.