Motorsport Formel 1 - Der Favorit, die Überraschung und die Verfolger
Die Formel 1 startet in Bahrain in die neue Saison. Der WM-Titel führt auch 2023 nur über Max Verstappen und Red Bull. Die Testfahrten lassen Raum für Spekulationen um die Stärke der Teams.
Es ist eine Diskussion, wie sie nicht nur in der Formel 1 geführt wird: Welche Aussagekraft haben Tests vor einer neuen Saison im Sport? Launige Sommerkicks von Bundesligisten auf Promo-Tour bilden nämlich ebenso wenig die Realität ab, wie die sogenannte "Pre-Season" von US-Sportligen wie der NBA oder NFL.
Nun geht es hier aber um die Formel 1. Und nach einem langen Winter mit unzähligen Stunden, die Ingenieure mit der Entwicklung der neuen Boliden verbringen, sollte die erste öffentliche "Ausfahrt" doch sitzen. Oder?
Alonso stark bei Testfahrten - plötzlich Favorit?
Betrachtet man die abgelaufenen Testtage der Formel-1-Teams in Bahrain, so müsste man zwangsläufig zu dem Schluss kommen, dass neben Max Verstappen im Red Bull auch Fernando Alonso eine realistische Chance hat, vorne mitzumischen. Zur Erinnerung: Alonso hat das Cockpit von Sebastian Vettel bei Aston Martin übernommen, der es in der vergangenen Saison bestenfalls in die Top Ten schaffte - wenn überhaupt.
Die tatsächliche Aussagekraft solcher Testfahrten darf also zumindest angezweifelt werden. Ignorieren kann und sollte man sie aber nicht.
Red Bull ist das Team, das es zu schlagen gilt
Dass Red Bull das Team ist, das es zu schlagen gilt, war schon vor den Testfahrten klar. Jetzt scheint es umso deutlicher zu sein. Die mutmaßlichen Herausforderer Ferrari und Mercedes offenbarten das eine oder andere Problem, vor allem bei den Rennsimulationen. George Russell zum Beispiel war über eine gesamte Renndistanz rund neun Zehntel im Schnitt langsamer als Sergio Perez im Red Bull.
Ferrari ist, an diesen Daten gemessen, schon deutlich näher am Weltmeister-Team dran. Und doch hinken sowohl Carlos Sainz als auch Charles Leclerc bei der Rennpace hinterher. Dabei will Letzterer doch 2023 endlich den lang ersehnten Weltmeister-Titel in Angriff nehmen. Seit 2007 (Kimi Räikkönen) wartet die "Scuderia" auf einen Titel.
Ferrari-Teamchef Vasseur: "Tempo schwer zu beurteilen"
Der neue Teamchef Frederic Vasseur, von Alfa Romeo gekommen, hat zugegeben, dass nur eine solche Rennsimulation bei den Testfahrten wirklich Aussagekraft haben kann. "Das Tempo einer einzigen Runde kann man nicht beurteilen, weil man nicht weiß, ob jemand 20, 30 oder 40 Kilo an Bord hat", sagt Vasseur. Gemeint ist hier die Spritmenge.
Motorsport-Portale wie "Motorsport.com", die hunderte Daten der Testfahrten interpretiert haben, spekulieren gar, ob zumindest Alonso beim ersten Rennwochenende in Bahrain (02. bis 05.03.2023) das Niveau von Ferrari erreichen könnte.
Aston-Martin-Teamkollege Felipe Drugovich, der für den verletzten Lance Stroll im Cockpit sitzt, war zwar langsamer als der zweimalige Weltmeister, bestätigte aber die starke Performance des Rennstalls von Milliardär Lawrence Stroll. Alonso drehte nicht nur die mit Abstand meisten Runden (270), sondern machte neben Verstappen auch den besten Eindruck.
Entwicklung der Boliden geht bis Saisonstart weiter
Ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt: Testfahrten können ein erstes Abbild der Leistungsfähigkeit sein, aber vor allem Topteams halten sich erfahrungsgemäß noch etwas zurück. Außerdem fließen die jetzt gewonnenen Daten weiter in die Entwicklung der Autos ein. 2022 wirkte Mercedes stark bei den Tests, fuhr zu Saisonbeginn allerdings hinterher.
Im Jahr davor war es umgekehrt: Red Bull schien der große Favorit zu sein, beim ersten Rennen siegte dann Lewis Hamilton im Mercedes. Schlussendlich duellierten sich beide Teams und Fahrer mit Höhen und Tiefen über die gesamte Saison - bis zum spektakulären letzten Rennen in Abu Dhabi.
Rekord-Rennkalender von März bis November
Dort wird auch die Saison 2023 ihr Ende finden. Zwischen dem Start in Sakhir (05.03.2023) und dem Abschluss auf dem Yas Marina Curcuit (26.11.2023) gibt es 21 Rennen. Ein Rennkalender mit 23 Rennen ist Rekord und wird dazu führen, dass sich auch im Laufe einer Saison Kräfteverhältnisse erneut verschieben können.
Red Bull wird vorangehen, Red Bull ist Favorit. Auch weil Max Verstappen als zweimaliger Weltmeister ganz klar die Nummer eins im Team ist. Bei der Konkurrenz Ferrari und Mercedes sind die Kräfteverhältnisse weniger klar: Sainz stellte zuletzt unter Beweis, dass er durchaus mit Leclerc mithalten kann. Russell holte 2022 gar mehr Punkte als der siebenmalige Weltmeister Hamilton.
Und Alonso? Der kann im Alter von 41 Jahren nochmal vorne angreifen. Oder auch nicht. Die erste Rennaction wird Licht ins Dunkle bringen.