Handball-WM 2023 Weltklasse, Erfahrung, Athletik - Deutschlands Gegner Frankreich
Auf allen Positionen stark besetzt, viel Erfahrung, Physis und Athletik - gegen Frankreich wird es für die deutschen Handballer im WM-Viertelfinale heute Abend (ab 20.30 Uhr live im Audio-Stream und im Ticker) extrem schwer.
Drei Olympiasiege, vier WM-Titel, dreimal Europameister - das ist nicht die komplette Titelsammlung der französischen Handball-Nationalmannschaft, sondern allein die von Nikola Karabatic. Der mittlerweile 38 Jahre alte Rückraumspieler ist der letzte verbliebene Spieler aus der "goldenen Generation" rund um Daniel Narcisse, Thierry Omeyer und Co., der auch bei dieser WM noch im Kader steht.
Frankreich ist durch alle Altersklassen hindurch top besetzt
Französischen Handball-Fans muss allerdings deshalb nicht bange werden, denn in Frankreich hat man in den letzten Jahren genug jüngere Spieler auf Weltniveau gebracht, um das Erbe einer der dominantesten Generationen, die der Handball jemals gesehen hat, ohne großen Qualitätsverlust anzutreten.
Die Rückraumspieler Dika Mem, Nedim Remili, Melvyn Richardson, die Kreisläufer Ludovic Fabregas und Nicolas Tournat sind allesamt zwischen 25 und 28 Jahre alt und auf der Höhe ihrer Schaffenskraft. Alle spielen bei Top-Klubs in der Champions League, alle sind in der Lage, in einem engen Spiel durch ihre individuelle Klasse für den entscheidenden Vorteil zu sorgen.
Das gilt auch für die etwas älteren Spieler wie Karabatic oder Kentin Mahé, die beispielsweise gegen Slowenien in kritischen Situationen kluge Entscheidungen trafen. Und auch in der jüngeren Altersklasse ist das Team von Trainer Guillaume Gille, wie Mahé und Karabatic unter anderem auch früher als Spieler in Deutschland aktiv, spannend besetzt: Linksaußen Dylan Nahi ist ein Athletik-Wunder wie früher Luc Abalo auf der anderen Außenseite. Der lang aufgeschossene Thibaud Briet hat mit einigen Rückraumwürfen bei diesem Turnier schon für ungläubige Blicke auf der Pressetribüne gesorgt.
Gerards Quote ist fast wie die von Wolff
Die Franzosen haben in diesem Turnier noch nicht einmal gewackelt, besiegten starke Kontrahenten wie Spanien oder Slowenien und sind gegen das DHB-Team der klare Favorit. Auch Torhüter Vincent Gerard, von manchen Experten vor dem Turnier als Schwachstelle der Mannschaft auserkoren, bringt es im laufenden Wettbewerb auf nahezu identische Werte wie Deutschlands bisher bärenstarker Andreas Wolff.
Deutschland muss Frankreich die "leichten" Entscheidungen wegnehmen
Was kann das DHB-Team nun also tun, um die individuellen Nachteile auf fast allen Positionen auszugleichen? Klar, als Mannschaft geschlossen agieren, das höchste Maß an Motivation auf die Platte bringen und die Bestform abrufen. Das sind natürlich Punkte, die immer stimmen und leicht gesagt sind. Aber was konkret?
Vor allem darf die Mannschaft dem französischen Rückraum keine leichten Entscheidungen in dessen Komfortzone anbieten - also die Topspieler nicht zu oft in Situationen kommen zu lassen, in denen sie gegen einen Defensivspieler isoliert stehen, oder mit dem Kreisläufer spielen können. Die Abwehr muss vor allem mittig extrem dicht stehen und den Favoriten zwingen, über die spielerische Komponente und die Außenpositionen den Erfolg zu suchen und somit auch Torhüter Wolff die Chance geben, seine Stärken in diesen Situationen auszuspielen.
Balanceakt zwischen Risiko und "Verantwortung" im deutschen Spiel
Im Angriff braucht es viel "Verantwortung für den Ball". Leichte Fehlpässe oder freie Fehlwürfe wie gegen Norwegen werden von Frankreich im Gegenstoß sofort bestraft. Das könnte problematisch werden, weil die etwas risikobehafteten "Zauberpässe" von Juri Knorr zum Kreisläufer bisher eines der besten Mittel des deutschen Angriffs waren.
Das WM-Viertelfinale wird also ein Balanceakt, und eine unglaublich schwierige Aufgabe. Sollte die jedoch gemeistert werden, ist für das Team von Bundestrainer Alfred Gislason in diesem Turnier sogar der Titel möglich.