Überragende Hinrunde "Recken" obenauf: Uscins & Co. berauschen die Handball-Bundesliga
Kiel, Flensburg und einst auch Hamburg waren und sind die klangvollen Städtenamen im norddeutschen Handball. In diesem Jahr ist diese Liste um Hannover-Burgdorf ergänzt worden: Die "Recken" spielen derzeit eine der besten Saisons ihrer Vereinsgeschichte.
Den Weihnachtsdämpfer beim 23:31 im Spitzenspiel bei Tabellenführer MT Melsungen hat das Team aus der niedersächsischen Landeshauptstadt gut verkraftet und steht nach dem Sieg am Freitag in Leipzig mit 26:8 Punkten auf dem vierten Platz - punktgleich mit dem Tabellenzweiten und nur vier Zähler hinter Melsungen.
Tragende Säulen im Team sind vor allem Rückraum-Linkshänder Renars Uscins und Kreisläufer Justus Fischer. Gemeinsam gewannen sie 2023 die U21-Weltmeisterschaft im eigenen Land. Unmittelbar danach gerieten sie in den Dunstkreis der Nationalmannschaft, gewannen im Sommer mit dem deutschen Team die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Paris und wurden in der vergangenen Woche von Bundestrainer Alfred Gislason in den Kader für die WM im Januar in Dänemark, Norwegen und Kroatien berufen.
Uscins und Fischer zu Leistungsträgern gereift
Unter dem Gislason-Vorgänger Christian Prokop reiften die beiden Jungspunde - Uscins ist 22, Fischer 21 Jahre alt - an der Leine zu absoluten Leistungsträgern und machten gerade in dieser Saison einen gewaltigen Sprung. "Erfahrungen und Erfolge wie bei der U21-Weltmeisterschaft oder den Einsätzen in Paris haben das Selbstvertrauen von Uscins und Fischer weiter gestärkt", sagt Prokop.
Den Hauptgrund für ihre Entwicklung sieht der Coach in ihrer Einstellung begründet: "Mit einem bodenständigen und ehrgeizigen Charakter nehmen sie hier in Hannover eine tragende Rolle ein, in der sie Verantwortung nicht nur übernehmen, sondern auch bewusst gestalten wollen."
Mit 120 Treffern liegt Uscins derzeit auf Platz drei der Bundesliga-Torschützenliste. Fischer wurde zuletzt dreimal in Folge zum Spieler des Monats im deutschen Handball-Oberhaus gewählt. Beide Spieler stehen noch bis zum 30. Juni 2026 bei den Recken unter Vertrag.
Prokop: "Uns zeichnet das starke Kollektiv aus"
Das gilt auch für Prokop, der seit 2021 die Verantwortung an der Seitenlinie trägt. Zuvor hatte der Mann, der an Heiligabend seinen 46. Geburtstag feierte, nach dem fünften Platz bei der Europameisterschaft 2020 seinen Posten als Bundestrainer räumen müssen - obgleich ihm von den Verantwortlichen im deutschen Handball zunächst etwas anderes signalisiert worden war. In Niedersachsen zeigt der geborene Köthener - wie schon von 2013 bis 2017 beim SC DHfK Leipzig - dass er in der Lage ist, einzelne Spieler und ganze Mannschaften auf ein neues Niveau zu heben.
"Christian hat natürlich als Cheftrainer eine ganz wichtige Rolle und ist ein wesentlicher Faktor dafür, dass wir so gut dastehen", sagt Hannovers Sportlicher Leiter Sven-Sören Christophersen. Für den Gesamterfolg eines Teams braucht es nicht nur tragende Säulen, sondern auch ein solides Fundament. Spieler wie das Torhüter-Gespann Simon Gade/Joel Birlehm, Kapitän Marius Steinhauser auf Rechtsaußen und Neuzugang Lukas Stutzke, der vor der aktuellen Serie von Absteiger Bergischer HC kam und sich schnell zum Abwehrchef entwickelt hat. "Was unsere Mannschaft auszeichnet, ist das starke Kollektiv", sagt Prokop.
Auswärts noch Steigerungspotenzial
Wenn es einen Fingerzeig auf einen schwierigeren Verlauf der zweiten Saisonhälfte geben sollte, dann ist das wohl der Spielplan. Die eindrucksvollen Erfolge gegen Titelverteidiger SC Magdeburg (28:27), die Füchse Berlin (38:35) und die SG Flensburg-Handewitt (31:30) gab es in der eigenen Halle. In der Rückrunde muss die TSV bei diesen Gegnern antreten.
Die Niederlagen in Melsungen und beim THW Kiel (24:28) sowie die Unentschieden beim HSV Hamburg (32:32) und bei Aufsteiger SG BBM Bietigheim (28:28) zeigen, dass Auswärtsspiele nicht unbedingt die Lieblingsdisziplin der "Recken" sind.
Christophersen: "Nicht in Träumereien verlieren"
Für Sportchef Christophersen steht fest, dass "dass wir uns peu à peu, Spiel für Spiel, vorarbeiten - mit der Zielsetzung, möglichst viele Spiele zu gewinnen. Am Ende der Saison werden wir dann ein Bild bekommen, wofür das letztendlich reichen kann. Unsere Art ist es jedoch nicht, sich jetzt schon in Träumereien zu verlieren."
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Sport aktuell | 27.12.2024 | 22:25 Uhr