Golden League in Larvik DHB-Frauen und der Wunsch nach Weltspitze
Knapp einen Monat vor dem Start der Handball-EM der Frauen in Österreich, Ungarn und der Schweiz hat das Team von Bundestrainer Markus Gaugisch drei hochkarätige Tests im norwegischen Larvik bestritten. Die Ergebnisse bestätigen den Positivtrend, täuschen aber auch nicht über die deutschen Problemzonen hinweg.
Vor dem Start der Länderspielreise nach Norwegen hatte der Bundestrainer Markus Gaugisch in einer Medienrunde die klare Marschrichtung formuliert: "Wir gehen in jedes Spiel, um zu gewinnen. Das ist schon mal Grundvoraussetzung."
Wenn die Gegner dabei Norwegen, Niederlande und Dänemark heißen, ist das alles andere als ein leichtes Unterfangen. Aber genau dieser Spiele bedarf es, wenn das Team ihr Langzeitziel erreichen möchte, in die Weltspitze vorzurücken.
Es reicht nicht ganz
Am Ende stehen zwei Niederlagen und ein Sieg für das DHB-Team zu Buche und der damit verbundene letzte Platz. Und wieder einmal das Gefühl, dass es nicht so richtig funktioniert hat, der Weltspitze einen Schritt näher zu kommen. Dabei hatte das Turnier so gut begonnen, und gegen Olympiasieger Norwegen lag man fünf Minuten vor Ende noch mit zwei Toren in Führung.
Für den Sieg hat es trotzdem nicht gereicht. Auch weil Norwegen die Fahnenträgerin von Paris, Katrine Lunde Haraldsen, von der Bank bringen kann und sie gleich zweimal in entscheidenden Momenten Weltklasse pariert. Personelle Möglichkeiten, über die der Bundestrainer nicht verfügt.
Bölk und Co.: Erfahrene Spielerinnen gehen entschlossen voran
Dennoch war die 30:32-Niederlage ein Start, der verheißungsvoll schien. Die erfahrenen Spielerinnen, wie Bölk, Grijseels, Smits oder Döll gehen voran, führen das Team. Anders als in den letzten Jahren spielt ein Großteil des Teams in der Champions League, teilweise bei internationalen Topclubs wie Bukarest oder Budapest.
Die Erfahrung, sich Woche für Woche mit internationalen Topstars zu messen, verbessert auch die Qualität des DHB-Teams. Gegen Norwegen riss Emily Bölk das Spiel in der Offensive an sich, traf selbst oder setzte Kolleginnen klug in Szene. Keine Spur von der Nervosität vergangener Tage.
Vielversprechende Talente
Bei allem Beifall für die "alte Garde" haben aber auch drei junge Spielerinnen auf sich aufmerksam machen können. Nina Engel, Rückraumrechte von der HSG Bensheim-Auerbach, traf gegen den ehemaligen Weltmeister aus den Niederlanden fünf von fünf Würfen und fügte sich nahtlos in das Spiel des deutschen Teams ein. Kreisläuferin Jolina Huhnstock biss sich in jedes Duell mit dem norwegischen Superstar Henny Reistad und hielt die Abwehr an der Seite von Bölk oder Smits im Zentrum zusammen.
Und auch Nieke Kühne vom Bundesligisten HSG Blomberg-Lippe zeigte kaum Anpassungsprobleme, entlastete die erfahrenen Spielerinnen in der Abwehr und erzielte vorne selbst ihre Tore.
Auch dank der frischen und unbekümmerten Aktionen der "Jungen" konnte Deutschland die Niederlande im zweiten Spiel souverän mit 27:23 schlagen. Im dritten und letzten Spiel sollte gegen Dänemark ein weiterer Schritt nach vorne gemacht werden - und der entwickelte sich bereits nach wenigen Minuten zu einer Rolle rückwärts.
Klassenunterschied: Dänemark zerlegt DHB-Team
Zur Pause lag das DHB-Team mit 6:16 zurück, kein Zugang in der Abwehr, überhastete Aktionen im Angriff und eine Reihe von technischen Fehlern. Und plötzlich war es wieder da: das alte Gesicht, das alte Auftreten und die Führungsspielerinnen kaum wiederzuerkennen. Dabei war der Vize-Europameister aus Dänemark nicht einmal in Bestbesetzung angetreten, denn Torhüterin Sandra Toft fehlte und Regisseurin Mie Højlund saß überwiegend auf der Bank.
Am Ende verlor das Team mit 19:34 und konnte sich bei Torhüterin Katharina Filter bedanken, dass die Niederlage nicht noch höher ausgefallen ist. Auch der Bundestrainer schien überrascht über den Auftritt seines Teams: "Ich dachte wir wären weiter in dem Bereich, sind wir anscheinend leider nicht, daran muss die Mannschaft arbeiten, dass wir das gemeinsam stabiler hinbekommen."
Sehnsucht nach einem Erfolgserlebnis
Ein Abschluss, der die Vorfreude auf die anstehende Europameisterschaft Ende November mehr als trübt. Und so mancher deutscher Handballfan wird sich vielleicht zurückerinnert fühlen. Nach dem enttäuschenden Achtelfinal-Aus bei der Heim-EM 2017 sollte ein Umbruch eingeläutet werden mit dem Ziel: zurück in die Weltspitze.
Angekommen ist man auch Ende 2024 noch nicht. Obwohl der Bundestrainer immer wieder betont, dass der Weg "lang und steinig" sei, braucht das Team endlich ein Erfolgserlebnis, um den nächsten Schritt in der Entwicklung zu machen.
Das Potenzial ist da, die Teamchemie stimmt, der Bundestrainer scheint die Mannschaft weiterzuentwickeln und ihr eine klare Idee mit an die Hand zu geben, doch nun müssen Ergebnisse folgen. Sonst bleibt es weiter nur ein Wunsch nach der Weltspitze, der Jahrgang um Jahrgang weitervererbt wird und irgendwann an Glaubhaftigkeit verliert.