Ungarns Kapitän Dominik Szoboszlo und Cheftrainer Marco Rossi
analyse

EM-Teamcheck, Gruppe A Ungarn - Deutschlands schwerster Gruppengegner?

Stand: 07.06.2024 14:13 Uhr

Ungarns goldene Ära ist lange her. Aber zuletzt tat sich die DFB-Elf gegen die Magyaren häufig sehr schwer. Das Team um Dominik Szoboszlai könnte Deutschlands schwerster Gruppengegner werden.

Das zur Legende gewordene Endspiel der WM 1954 ist zwar schon 70 Jahre her, aber es zeugt von der einst goldenen Ära Ungarns im Weltfußball. Damals siegte Deutschland im "Wunder von Bern" 3:2. Doch nach einer sehr langen Saure-Gurken-Zeit ab 1972 ist Ungarn jetzt zumindest wieder im europäischen Geschäft: Zuletzt gelangen drei EM-Teilnahmen in Folge.

Die Ungarn werden als schwerster Gegner des DFB-Teams in der Vorrunde gehandelt - doch warum ist das so?

Ausgangslage

Die deutsche Nationalelf hat seit 2021 nicht mehr gegen die Magyaren gewinnen können, das bislang letzte Aufeinandertreffen ging sogar mit 1:2 in Leipzig verloren. Am 19. Juni stehen sich Ungarn und Deutschland im zweiten Gruppenspiel erneut gegenüber.

Ungarns italienischer Nachfolger von Lothar Matthäus (2004 bis 2005), Marco Rossi, hat nach der erfolgreichen Qualifikation als Gruppenerster fünf Bundesligaprofis für die EM-Endrunde nominiert: Torhüter Peter Gulacsi und Verteidiger Willi Orban von RB Leipzig, die Freiburger Roland Sallai und Attila Szalai (von Hoffenheim ausgeliehen) sowie Andras Schäfer von Union Berlin gelten im Team als gesetzt. Marton Dardai ergänzt von Zweitligist Hertha BSC die Liste der ungarischen Deutschland-Legionäre. Kapitän der Ungarn ist der ehemalige Leipziger Dominik Szoboszlai.

Trainer

Marco Rossi ist eingefleischten Eintracht-Frankfurt-Fans noch aus seiner Zeit als aktiver Verteidiger ein Begriff. In der Spielzeit 1996/97 der 2. Liga wurde der Italiener 15-mal eingesetzt.

In seinem Heimatland coachte der 59-Jährige vornehmlich Drittligisten, bevor er ab 2012 sein Glück in Ungarn suchte und auch fand. Am Ende seiner zweiten Amtszeit als Trainer von Honved Budapest feierte Rossi 2017 die ungarische Meisterschaft und wurde zudem als bester Coach Ungarns ausgezeichnet. Die Belohnung für diesen Erfolg war das Engagement als Nationaltrainer ab 2018. Er beerbte dort den Deutschen Bernd Storck, der Ungarn 2016 zum ersten Mal nach langer Zeit nicht nur zu einer EM-Endrunde führte, sondern auch das Achtelfinale erreichte.

Superstar

Unangefochtener Star der Magyaren ist Dominik Szoboszlai. Der torgefährliche Mittelfeldspieler kam bereits als Jugendlicher nach Österreich, wo er die Ausbildung von RB Salzburg durchlief und im Winter 2020/21 zum Schwesterklub Leipzig wechselte. Nach zweieinhalb Jahren waren längst große europäische Vereine auf den damals 22-Jährigen aufmerksam geworden - Jürgen Klopp und der FC Liverpool lotsten den Ungarn auf die Insel.

In der abgelaufenen Spielzeit kam Szoboszlai in - wettbewerbsübergreifend - 45 Einsätzen auf sieben Tore und vier Assists. Bei Leipzig hatte er in 46 Partien 10 Mal getroffen und 13 Torvorlagen gegeben. Für Ungarns A-Elf schoss der schnelle Dribbler in 40 Länderspielen zwölf Tore.

Player to watch

Große Überraschungen hat es bei der Berufung des Kaders für die Endrunde nicht gegeben. Auf die Berufung eines Neulings wurde verzichtet, "weil wir keine herausragenden Leistungen von neuen Spielern gesehen haben", begründete Rossi seinen Schritt.

Marton Dardai, der Sohn von Herthas Ex-Trainer Pal Dardai, absolvierte erst zwei A-Spiele. Seine Rolle im Kader könnte sich auf die eines Ergänzungsspielers beschränken.

Marton Dardai im Trikot von Hertha BSC

Marton Dardai im Trikot von Hertha BSC

Nice to know

Auch, wenn es lange her ist: Ungarns Geschichte als europäische Fußballnation aus dem obersten Regal ist allemal erzählens- und ehrenwert. Die "Goldene Elf" ("Aranycsapat") war 31 Spiele in Folge unbesiegt, als sie 1954 in Bern im WM-Finale auf Deutschland traf. Helmut Rahn beendete mit seinem Treffer zum 3:2 diese Rekordstrecke des Teams um den legendären Ferenc Puskas.

Zuvor hatte Ungarn am 25. November 1953 in Wembley erstmals England, gewissermaßen die Mutternation des Fußballs, auf englischem Boden geschlagen. Das 6:3 wird in Ungarn auch heute noch als "Jahrhundertspiel" gefeiert. 1954 wurde England wieder geschlagen und mit 7:1 in Budapest regelrecht deklassiert: Es ist bis heute die höchste Niederlage Englands in der Fußball-Geschichte.

Auch nach dem verlorenen Endspiel in Bern blieb Ungarn etwa zwei Jahre lang unbesiegt. Ab den frühen 1970er Jahren wurde 44 Jahre lang die Qualifikation für eine EM-Endrunde verpasst.

So könnten sie spielen

Vor allem hinten rechts und offensiv probierte Rossi in den letzten drei Qualifikationsspielen viel aus, auch in den abschließenden Tests geschah vieles auf Probe. Auf seine zwei wichtigsten Spieler in der Defensive kann er aber zählen: Gulacsi hat seinen Platz im Tor nach langer Verletzung wieder übernommen, Orban verteidigt wieder im Abwehrzentrum.

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